Deutsches Finanzsystem hinreichend robust - noch

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Der Ausschuss für Finanzstabilität sieht wenig Anzeichen für eine übermäßige Zunahme von Risiken in den einzelnen Sektoren des deutschen Finanzsystems. Der Ausschuss bestätigt aber auch, dass durch die niedrigen Zinsen Lebensversicherer und Pensionskassen immer stärker in Bedrängnis kommen. Mögliche Folge: Die Altersvorsorge zukünftiger Rentner ist in Gefahr.

"Die im Berichtszeitraum durchgeführten Analysen ergaben, dass das deutsche Finanzsystem derzeit hinreichend robust erscheint, um auch in Stresssituationen seine zentralen gesamtwirtschaftlichen Funktionen zu erfüllen", heißt es in dem von der Bundesregierung vorgelegten dritten Bericht des Ausschusses für Finanzstabilität zur Finanzstabilität in Deutschland. Der Bericht betrifft den Zeitraum von April 2015 bis März 2016.

Ertragslage könnte spürbar unter Druck geraten
Gegen Ende des Berichtszeitraums habe die Unsicherheit an den Finanzmärkten wieder zugenommen, heißt es in dem Schreiben. Doch die Auswirkungen des Niedrigzinsumfelds auf das deutsche Bankensystem seien bislang begrenzt. Die Widerstandsfähigkeit der Institute habe zugenommen: "Sie haben ihre Eigenkapitalausstattung verbessert und ihre Verschuldung reduziert. Besteht das Niedrigzinsumfeld längere Zeit fort, könnte die Ertragslage aber spürbar unter Druck geraten", berichtet der Ausschuss. Dies würde vorwiegend kleinere und mittlere Institute wie Sparkassen und Genossenschaftsbanken treffen.

Auch die deutschen Bausparkassen seien von den anhaltend niedrigen Zinsen betroffen: "Ihre Erträge sind unter Druck geraten." Nachdem das Bausparkassengesetz 2015 novelliert worden war, hält der Ausschuss weitere Maßnahmen derzeit für nicht erforderlich.

Belastung für deutsche Lebensversicherer steigt
Die niedrigen Zinsen stellen aber auch eine zunehmende Belastung für die deutschen Lebensversicherer dar, konstatiert der Bericht. Die Gefahr wachse, dass die erwirtschafteten Erträge nicht mehr ausreichen würden, um den oftmals langfristigen Verpflichtungen nachzukommen. Das Lebensversicherungsreformgesetz von 2014 habe zwar für Erleichterungen gesorgt.

"Diese wiegen den Effekt der weiter gesunkenen Zinsen aber nicht auf. Die Lebensversicherer sind daher gefordert, insbesondere ihre Eigenmittelpolster zu stärken, um ihre Risikotragfähigkeit zu erhöhen", fordert der Ausschuss, der zudem darauf hinweist, dass auch Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung wie Pensionsfonds und Pensionskassen von den niedrigen Zinsen in Mitleidenschaft gezogen würden.

Deutsche Aktuare haben Finger in die Wunde gelegt
Die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV) und das Institut der Versicherungsmathematischen Sachverständigen für Altersversorgung (IVS) haben erst kürzlich in einer gemeinsamen Presseveranstaltung auf die wirtschaftlich instabile Lage der Pensionskassen, bei weiterhin anhaltendem Zinsniveau, hingewiesen. In Folge einer zahlungsschwachen oder zahlungsunfähigen Pensionskasse sind die betroffenen Arbeitgeber die größten Leidtragenden einer derartigen Krise. Der Grund: Sie müssten für die nicht lesitungsfähigen Pensionskassen einspringen und somit die finanziellen Lasten tragen.
Hauptsächlicher Adressat der Aktuarsvereinigung mit ihrem Appell: Die Bundesregierung.

Welche Aufgaben der Ausschusses für Finanzstabilität hat

Zentrale Aufgabe des Ausschusses für Finanzstabilität (AFS) ist es, die für die Finanzstabilität maßgeblichen Sachverhalte regelmäßig zu erörtern und bei identifizierten Gefahren vor diesen zu warnen und Empfehlungen zu ihrer Abwehr abzugeben. Als Grundlage hierfür dienen die Analysen der Deutschen Bundesbank. Der Ausschuss berät zudem über den Umgang mit Warnungen und Empfehlungen des European Systemic Risk Board (ESRB). Er wurde außerdem mit dem Ziel eingerichtet, die Zusammenarbeit der in ihm vertretenen Institutionen im Fall einer Finanzkrise zu stärken.

Der Ausschuss ist beim Bundesministerium der Finanzen (BMF) angesiedelt. Ihm gehören an:
  • drei Vertreter der Deutschen Bundesbank,
  • drei Vertreter des Bundesministeriums der Finanzen,
  • drei Vertreter der Bafin und
  • der Vorsitzende des Leitungsausschusses der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA). Dieser besitzt aber kein Stimmrecht.

Textquellen: Bundestag, Bafin, Meris Neininger, Bildquelle: © esebene /istock

Autor(en): versicherungsmagazin.de

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