"Die Versicherer verbrauchen ihre Puffer"

Die Auswirkungen der Banken- und Kapitalmarktkrise für deutsche Lebensversicherer sind spürbar, bleiben vorerst aber ohne merkliche Konsequenzen. Mittelfristig droht aber eine so niedrige Rendite, dass eine Vertriebskrise nicht auszuschließen ist. 2008 flossen nur 5,7 Milliarden Euro in die Rückstellung für Beitragsrückerstattung (RfB). Das entsprach lediglich 7,51 Prozent der Beitragseinnahmen, berichtet der Marktbeobachtungsdienst map-report.

Im Jahr 2000 waren es noch 19,5 Milliarden Euro bzw. 31,97 Prozent der Beitragseinnahmen gewesen. Jetzt liegt die Quote in etwa auf dem Niveau des Krisenjahres 2002, heißt es weiter in der neuen Untersuchung „Bilanzanalyse Leben 2008“.

„Die Versicherer verbrauchen ihre Puffer“, sagt Chefanalyst Manfred Poweleit. Damit sinkt der Spielraum der Assekuranz für eine stabile Verzinsung der Kundenguthaben, zumal die Abschreibungen 2008 laut map-report mit 10,5 Milliarden Euro fast den Wert von 2002 erreichten. Folge: Die Renditen sinken. Besorgniserregend sei vor allem die Entwicklung der Bruttorendite, die von 8,54 Prozent im Jahre 2000 inzwischen auf nur noch 5,61 Prozent abgeschmolzen ist. Hintergrund: An Aktien und Immobilien ist kaum noch Geld zu verdienen. Die seit 1995 anhaltende Niedrigzinspolitik der Notenbanken setzt den stark in festverzinslichen Wertpapieren investierten Lebensversicherern arg zu.

Gesamtverzinsung sinkt
Somit dürfte die 2009 zugesagte laufende Gesamtverzinsung von durchschnittlich 4,26 Prozent im kommenden Jahr deutlich sinken. Die tatsächlich 2008 erreichte Nettorendite der Branche lag map-report zufolge bei lediglich 3,53 Prozent. Zu positiven Ausreißern zählen Alte Leipziger (4,9 Prozent), Continentale (4,7 Prozent) und Basler (4,67 Prozent). Viele Versicherer müssten nun stille Lasten wegen Wertverlusten ihrer Kapitalanlagen bilden. Die Aufsichtsbehörde BaFin gestattet es, diese Lasten nicht sofort abzuschreiben, wenn sie in den nächsten zwei bis drei Jahren ausgeglichen werden.

"Bezieht man die stillen Lasten ein, ergibt sich für 2008 nur eine Nettorendite von 2,37 Prozent bei Berücksichtigung von 50 Gesellschaften“, so Poweleit. Fazit: Trotz Bilanzierungshilfe hat die Mehrheit der Lebensversicherer den durchschnittlichen Garantiezins von 3,6 Prozent im Jahr 2008 nicht erwirtschaftet.

Ertragsschwäche schafft Probleme im Neugeschäft
Diese Ertragsschwäche dürfte auch schon auf das aktuelle Neugeschäft durchschlagen, obwohl die Versicherer ihr Image als Hort der Sicherheit in der globalen Finanzkrise eher noch verstärken konnten. Bereits 2008 wurden knapp 900.000 Verträge weniger als 2007 neu abgeschlossen (minus 12,2 Prozent). . Im Bestand verloren die Lebensversicherer 2008 insgesamt 1,23 Millionen Verträge (minus 1,33 Prozent). Das Neugeschäft konnte also Abläufe und Kündigungen nicht auffangen. An laufendem Beitrag hielt sich das Minus von 94,4 Millionen noch sehr im Rahmen (minus 0,15 Prozent). Das könnte 2009 schon deutlich höher ausfallen.

Die meisten Beitragsgelder hat 2008 die Allianz kassiert: 13 Milliarden Euro. Es folgen mit je rund 4 Milliarden Euro oder etwas weniger Aachen Münchener, R+V, Zurich Deutscher Herold und Generali. Insgesamt sammelte die Branche gut 76 Milliarden Euro an Bruttobeiträgen ein. Die größten Einbußen gab es bei Hamburg-Mannheimer mit 216 Millionen Euro. Ebenfalls deutlich schlechter lief es bei Swiss Life mit einem Minus von knapp 73 Millionen Euro und bei Axa mit knapp 68 Millionen Euro Einbuße an Bruttobeitrag.

Kapital-Lebensversicherung dominiert im Bestand
Im Bestand der einzelnen Sparten dominiert noch immer die Kapital-Lebensversicherung mit 34,7 Millionen Verträgen und 23,8 Milliarden Euro laufendem Beitrag. Die garantierte Versicherungssumme pro Vertrag stieg 2008 geringfügig auf 21.596 Euro. Bei der Rente stehen 20,1 Millionen Verträge mit 16,9 Milliarden Euro laufendem Beitrag zu Buche.

Die durchschnittliche Jahresrente pro Vertrag stieg geringfügig auf nur 33.300 Euro (= 277,75 Euro pro Monat). Hinzu kommen knapp 8 Millionen Risiko-Lebensversicherungen mit 3,36 Milliarden Euro laufendem Beitrag und durchschnittlicher Versicherungssumme von 58.822 Euro. In der BU-Versicherung wurde nur der Bestand an Zusatzpolicen ausgewiesen. Danach existieren 14,5 Millionen BUZ-Policen. Insgesamt sind 15,8 Prozent der Hauptversicherungen mit einer BUZ ausgestattet. Durchschnittliche BUZ-Monatsrente: 477 Euro.

Hintergrund
Der map-report Nr. 721-722 „Versicherer in der Finanzkrise 2: Bilanzanalyse Leben 2008“ ist erhältlich im Verlag Manfred Poweleit (
) als gedrucktes Heft im Postversand für 75,00 Euro - und per E-Mail an info@map-report.com als PDF-Datei für 65,00 Euro.

Autor(en): Detlef Pohl

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