Druck auf PKV hält an

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Die Lage der privaten Krankenversicherung (PKV) hat sich im Vergleich zum Vorjahr wenig geändert, ist eher noch schwieriger geworden. Dies zeigt ein Marktausblick der Ratingagentur Assekurata.

Im Geschäftsjahr 2017 verlor die PKV 0,2 Prozent in der Vollversicherung. Lediglich der Bereich Beihilfe verzeichnete einen Zuwachs von 0,9 Prozent. Bei den Normalversicherten mussten die Unternehmen mit -1,3 Prozent erstmals seit 2014 wieder einen höheren Bestandsverlust als im Vorjahr hinnehmen.

Bestandsabrieb bei Vollversicherten setzt sich fort
Der Bestandsabrieb werde sich auch im kommenden Jahr fortsetzen, erklärte Gerhard Reichl, Fachkoordinator Krankenversicherung bei Assekurata und Autor der Untersuchung. Der Gesetzgeber habe mit dem Versichertenentlastungsgesetz die Wettbewerbsposition der Vollversicherung weiter geschwächt, so der Experte.

Das vieldiskutierte „Hamburger Modell“ hingegen sehen die Analysten nicht als Bedrohung für das Neugeschäft der PKV an. Die von der Stadt Hamburg bezuschusste Möglichkeit, für Beamte sich in der GKV zu versichern, werde von den Beamten in der Mehrzahl abgelehnt. Andere Bundesländer würden dem Modell aufgrund von befürchteten Mehrkosten skeptisch gegenüberstehen.

Steigende Beiträge durch sinkenden Rechnungszins
Für die PKV bleibt der Anpassungsdruck beim Rechnungszins unverändert. Durch die Beitragsanpassungen zu Beginn des Jahres  reduzierte sich der durchschnittliche unternehmensindividuelle Rechnungszins bei den untersuchten Unternehmen von 3,06 Prozent auf 2,90 Prozent. Trotzdem gelingt es den Krankenversicherern nicht, die Lücke zwischen angesetztem Rechnungszins und aktuariellem Unternehmenszins (AUZ) zu schließen. Schuld daran ist die seit 2012 sinkende laufende Durchschnittsverzinsung der Kapitalanlage.

Diese stellt einen wesentlichen Gradmesser für die Höhe des AUZ dar, anhand dessen der festzusetzende Rechnungszins   ermittelt   wird. 2018 ist der AUZ im Assekurata- Durchschnitt von 2,87  Prozent auf 2,70  Prozent gesunken. Damit bestehe beim Rechnungszins rein rechnerisch weiterhin ein Absenkungsbedarf von rund 20 Basispunkten. Allein dieser Punkt ziehe eine Beitragssteigerung von zwei bis drei Prozent nach sich, weiß Reichl.

„Die Niedrigzinspolitik wird auch in den kommenden Jahren für Beitragsanpassungen durch weitere Rechnungszinsabsenkungen sorgen. Nachhaltige Ruhe an der Beitragsfront ist also vorerst nicht in Sicht“, Gerhard Reichl, Fachkoordinator Krankenversicherung bei Assekurata

Nettozugang gebremst
Auch im Bereich der Pflegezusatzversicherungen kommen neue Belastungen auf die Versicherten zu. Wie auch in der Pflegepflichtversicherung, die wegen der erhöhten Leistungen durch das zweite Pflegestärkungsgesetz 2017 die Beiträge anheben musste, stiegen in der Zusatzversicherung die Bestandbeiträge 2017 um rund neun Prozent, in der Spitze sogar um 30 Prozent.

Dies könnte mitverantwortlich für den Wachstumseinbruch sein, vermuten die Analysten. Denn sowohl beim Pflege-Bahr (+56.800) als auch bei den ungeförderten Policen (+56.100) ist der Nettozugang 2017 um 40 Prozent gegenüber dem Vorjahreswachstum zurückgegangen. Kurz- und mittelfristig sei aufgrund der hohen Zinssensitivität mit weiteren Prämiensteigerungen zu rechnen.

Branche verunsichert
Die PKV wird zusätzlich durch den Streit um die Unabhängigkeit der Treuhänder belastet. Zum Jahreswechsel 2017 hatten etliche Unternehmen ihre Beiträge angepasst und zum Teil deutlich erhöht. Gegen die Erhöhungen gingen einige Versicherte juristisch vor, da sie an deren Rechtmäßigkeit und der Unabhängigkeit der Treuhänder zweifelten. Im Fall von Axa und DKV war diese nach Auffassung der Gerichte nicht gegeben, so dass bestimmte Anpassungen für unwirksam erklärt wurden.

Die Urteile sorgten für Verunsicherung, so dass erste Gesellschaften überlegen, den Treuhänder nicht mehr bei der Überprüfung der Erstkalkulation einzusetzen. Denn dieser Einsatz ist freiwillig. Die Analysten raten hingegen den Krankenversicherern auch die Erstkalkulation extern überprüfen zu lassen. Denn sie nütze nicht nur den Versicherten sondern schütze auch Versicherer vor "möglichen Fehleinschätzungen bei den Rechnungsgrundlagen und damit vor unangenehmen Folgen".

Besondere Sorgfalt ist geboten
Sie geben zu bedenken, dass bei einer unzureichenden Erstkalkulation künftige Prämienanpassungen ganz oder teilweise unzulässig sein könnten. In der aktuellen Situation sei ganz besondere Sorgfalt der Verantwortlichen gefragt. So könnten im Zweifel auch überhöht Sicherheitmomente bei den Rechnungsgrundlagen zu Beanstandungen führen.

Autor(en): Versicherungsmagazin.de

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