Einseitige Kündigung von Bausparverträgen?

Der Ärger begann im vergangenen Herbst und ging von der Bausparkasse BHW aus. Die hat Tausende Hochzins-Bausparverträge, die sie in den neunziger Jahren verkauft hatte, einseitig gekündigt. Seither reißen die Beschwerden empörter Kunden über die Postbank-Tochter nicht ab.

Geworben wurde mit hohen Sparzinsen
„Wir erhalten Beschwerden von Kunden, die vom ehemaligen Beamten-Heimstättenwerk (BHW) zur Vertragsauflösung gedrängt worden sind“, sagte Thomas Bieler von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Bieler hält eine einseitige Vertragsauflösung für nicht zulässig. „Die seinerzeit vereinbarten AGB sehen seine solche Kündigungsmöglichkeit bei einer vollständigen Vertragsansparung nicht vor“, so seine Begründung. BHW beruft sich inzwischen auf die AGB, wonach Ziel und Zweck des Bausparens ausdrücklich sei, ein günstiges Darlehen zu erreichen. Geworben wurden die Rendite-Kunden jedoch mit hohen Sparzinsen, ohne überhaupt ein Baudarlehen abrufen zu dürfen.

Selbst Ombudsleute haben Beschwerden zurückgewiesen
Bei BHW sind 7.000 Kunden betroffen, deren Bausparsumme voll angespart war. Der Tarif „Dispo Plus“ bietet Bestandskunden bis heute 5 Prozent Guthabenverzinsung (+ Wohnungsbauprämie), wenn der Bausparer im Gegenzug auf seinen Darlehensanspruch verzichtete. Weil das allgemeine Zinsniveau deutlich unter 5 Prozent gefallen ist, blieben viele Kunden den nunmehr ungewöhnlich attraktiven Sparverträgen treu. Der Bausparkasse kam diese Treue jedoch zunehmend teuer zu stehen. Innerhalb der Branche findet BHW Unterstützung für sein Vorgehen.

Selbst die Ombudsleute des Verbandes der privaten Bausparkassen haben Kundenbeschwerden mehrheitlich zurückgewiesen. Begründung: Ein Bausparvertrag ist primär ein gegenseitiger Darlehensvertrag. Wenn die Bausparsumme erreicht sei, dürfe jede Kasse mit einer Frist von drei Monaten kündigen, so der Schiedsspruch. Ob er vor Gericht Bestand hat, bleibt abzuwarten. Fachleute halten die Argumentation für abenteuerlich, wurde doch in der Werbung immer wieder der „Renditeknüller“ herausgestellt, bei dem der Darlehensverzicht ausdrücklich erwünscht sei.

Wüstenrot Bausparkasse: Als "Belohnung" einen Abrufscheck
Andere Bausparkassen versuchen, Kunden mit Rendite-Tarif zu einem Wechsel in andere Tarife zu bewegen. Die Methoden sind aber ebenfalls fragwürdig, hat FINANZtest jetzt ermittelt (Heft 6/08). So schrieb die Wüstenrot Bausparkasse, die zum Konzern Wüstenrot & Württembergische gehört, über 60.000 Kunden an und legte denen die freiwillige Kündigung ihres Bausparvertrags nahe. Als Belohnung wurde ein „Abrufscheck“ in Höhe des Guthabens beigefügt. Sieben Jahre seien vorbei, die Sparer könnten ohne Verlust der staatlichen Förderung über ihr Geld verfügen. Großzügig verzichtete die Kasse auf eine „Kündigungsgebühr“, berichtet FINANZtest.

Die Verträge der angeschriebenen Kunden waren aber allesamt noch nicht zugeteilt. Damit hat der Bausparer laut Tarifbedingungen noch keinen Anspruch auf die Bonuszinsen. Wer dagegen weiter bis zur Zuteilung wartet und einzahlt, erhält bis zu 3 Prozent Bonuszinsen. Durch freiwillige Kündigung könnten Sparer mehr als 1.000 Euro verlieren, warnt FINANZtest.

Bausparkasse der Huk-Coburg: Automatisch Lastschrifteneinzüge gelöscht
Bei der Huk-Coburg-Bausparkasse geht es laut FINANZtest noch subtiler zu: Sobald das Guthaben des Kunden 80 Prozent der Bausparsumme erreicht hat, löscht die Kasse automatisch den Lastschrifteinzug für die Sparbeiträge. Kunden, die weitersparen wollen, müssen dem Einzugsstopp widersprechen oder das Geld selbst überweisen. Auf diese Möglichkeiten weist die Bausparkasse im Brief an die Kunden aber gar nicht hin. Fakt ist: Kein Bausparer muss die Zuteilung annehmen und sein Guthaben abrufen.

Autor(en): Detlef Pohl

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