Hand aufs Herz: wie viele Visitenkarten haben Sie in den vergangenen zwölf Monaten verteilt? Als Berater und Coach für Finanzdienstleister erstaunt mich immer wieder, dass viele Kollegen beim Thema Empfehlungsmarketing mit eher steinzeitlichen Methoden arbeiten.
Dabei sind Empfehlungen eine der treibenden Kräfte, wenn es um die Gewinnung neuer Kunden geht. Wenn ein Bestandskunde seiner Familie, Freunden und Bekannten von Ihrer Arbeit berichtet, bringt das oft vielversprechende Kontakte hervor. Zudem haben diese Personen von Anfang an ein größeres Vertrauen in Sie und die Qualität Ihrer Dienstleistungen.
Warum Methoden von anno dazumal heute nicht mehr funktionieren
Umso erschreckender ist, dass nur wenige Finanzdienstleister wirklich aktiv mit Empfehlungsmarketing arbeiten. Geschweige denn mit innovativem Empfehlungsmarketing. Die stiefmütterliche Behandlung von Empfehlungsmarketing liegt in zwei Aspekten begründet.
An erster Stelle wären hier ganz klar die zahlreichen Aus- und Weiterbildungsangebote für Finanzdienstleister zu nennen. Sofern das Thema Empfehlungen überhaupt behandelt wird, setzt man dabei viel zu häufig auf veraltete Methoden. Teilnehmern von derartigen Kursen wird vermittelt, dass Empfehlungslisten das Mittel der Wahl für die Lead-Generierung sind. Alternativ behaupten Ausbilder auch gern, dass Visitenkarten das Nonplusultra für die Vernetzung mit Interessenten darstellen. Sie lesen richtig, selbst im Jahr 2021 treffen wir noch auf solche Lehrinhalte!
Nicht um Kontakte betteln!
Was passiert anschließend in der Praxis? Angehende wie auch erfahrene Finanzdienstleister wenden diese und ähnliche antike Strategien bei ihren Bestandskunden an. Das heißt, es werden in rauen Mengen Visitenkarten verteilt, die mit sehr großer Wahrscheinlichkeit in Schubladen oder sogar direkt im Papierkorb landen. Oder sie bringen sich und ihre Kunden in eine unangenehme - und rechtlich äußerst fragwürdige - Situation, indem sie tatsächlich um Telefonlisten mit den Nummern von Verwandten und Bekannten bitten. Wer wirklich verzweifelt ist, der arbeitet dabei sogar mit emotionalem Druck und wird zum Bettler: "Bitte lieber Kunde, ohne Weiterempfehlungen kann ich nicht überleben."
All diese Herangehensweisen bewirken im Grunde nur, dass potenzielle Neukunden und im schlimmsten Fall auch Bestandskunden Abstand nehmen. Genau das hat aber eine fatale Konsequenz, die uns zum zweiten Punkt bringt: Viele Finanzdienstleister glauben nicht an das Potenzial von Empfehlungsmarketing.
Entweder, weil sie mit besagten Methoden aus den 80er Jahren schlechte Erfahrungen gemacht haben und davon überzeugt sind, das Konzept der Weiterempfehlung funktioniere per se nicht. Oder weil sie von Anfang an die Macht von Empfehlungsmarketing unterschätzen und es sogar schlichtweg ignorieren. Ein klassisches Beispiel hierfür sind Aussagen wie: "Ach, ich muss gar nichts unternehmen, meine Kunden empfehlen mich von allein weiter."
Irrglaube kann teures Geld kosten
Das ist ein Irrglaube, der Sie teures Geld kosten kann. Denn mit einem strategischen Empfehlungsmarketing können Sie Ihre Neukundengewinnung nachhaltig gestalten und so entsprechend durch Folgegeschäfte Ihre Umsätze steigern.
Es wird also Zeit, Empfehlungsmarketing nicht nur ernst zu nehmen, sondern es auch in die Moderne zu verlagern. Die Rahmenbedingungen für Beratung, Verkauf und Vertrieb haben sich in den vergangenen Jahrzehnten schließlich grundlegend verändert.
Vergessen Sie Telefonlisten!
Telefonlisten für die Kaltakquise genießen nicht nur einen schlechten Ruf, sondern von ihnen ist auch aus rechtlicher Sicht abzuraten. Visitenkarten oder Flyer erfüllen ebenso selten ihren Zweck. Selbst wenn sie nicht direkt dem Altpapier zugeführt werden und Ihr Bestandskunde Ihre Karte tatsächlich an Bekannte weitergibt, stehen die Chancen auf Erfolg eher schlecht. Denn Ihr Kunde ist kein geschulter Verkäufer. Er wird also seinen Kontakten kaum eine umfassende Präsentation über Sie und Ihr Angebot liefern.
Ehe wir nun der völlig absurden Verzweiflungstat des Bettelns um Empfehlungen auch nur irgendeine Aufmerksamkeit widmen, sollte der Fokus vielmehr auf Strategien liegen, die heutzutage wirklich funktionieren.
Professionalität ist entscheidend
Für innovatives Empfehlungsmarketing sind vor allem zwei Faktoren entscheidend: Vertrauen und Einfachheit. Wenn Sie von Ihren Kunden weiterempfohlen werden möchten, sollten Sie sich eine wichtige Frage beantworten. Was macht Sie eigentlich empfehlenswert?
Natürlich steht hier an erster Stelle ein exzellenter Service gegenüber Ihren Kunden. Niemand empfiehlt einen Finanzdienstleister weiter, wenn er selbst unzufrieden mit dessen Arbeit war. Das Risiko, sich vor Freunden oder Familie zu blamieren oder Ihnen gar zu schaden, ist zu groß. Doch selbst wenn eine Empfehlung ausgesprochen wird, muss diese nicht zwingend fruchten. Bei Ihrem Erfolg in der innovativen Neukundengewinnung spielen weitere Faktoren eine Rolle.
Versetzen Sie sich dafür einmal in die Lage Ihrer Kunden. Stellen Sie sich vor, ein Bekannter hat Ihnen einen Dienstleister empfohlen. Sie versuchen, bei einer Recherche im Internet mehr über diese Person zu erfahren. Doch alles, was sie finden, ist eine veraltete Webseite. Und die lädt eher dazu ein, sich nach einem anderen Berater umzuschauen.
Einen ähnlichen Effekt hätte es, wenn Sie diesen empfohlenen Dienstleister anrufen und sie auf einer nicht besprochenen Mailbox landen oder jener Berater bereits am Telefon einen so unprofessionellen Eindruck hinterlässt, dass Sie wenig Gründe für eine Zusammenarbeit sehen.
Einfachheit spricht Kunden an
Solche und ähnliche Fehler sollten Sie auf keinen Fall begehen. Ihr Außenauftritt ist entscheidend, wenn es darum geht, das Vertrauen neuer Kunden zu gewinnen. Die gute Nachricht ist, dass Sie in diesem Bereich eine unheimliche Fülle an Gestaltungsmöglichkeiten haben. Das beginnt bei einer professionellen Webseite sowie aktiven Profilen in den sozialen Medien und reicht bis hin zu Ihren Kommunikationsfähigkeiten.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist Einfachheit. In Zeiten, in denen wir täglich mit einer Fülle an Informationen erschlagen werden und unsere Terminkalender aus allen Nähten platzen, ist minimaler Aufwand eine wahre Wohltat. Stellen Sie also sicher, dass Ihre Bestandskunden es maximal leicht haben, Sie weiterzuempfehlen.
Eine Option hierfür könnte sein, dass Sie Ihr Gegenüber noch im Beratungsgespräch zeigen, Sie über Facebook, Instagram oder Linkedin mit möglichen Interessenten zu vernetzen. Auf diese Weise können die Empfohlenen Personen sich anhand Ihrer Profile einen Eindruck von Ihren Leistungen verschaffen. Außerdem können Sie mit den Personen direkt in Kontakt treten, ohne dass der Empfehlungsgeber etwas unternehmen muss. Sie erreichen in wenigen Sekunden mehr, als es eine Visitenkarte je vermag.
Kunden da abholen, wo sie stehen
Selbstverständlich umfasst das Thema des innovativen Empfehlungsmarketings weitaus mehr Strategien und Chancen für die Weiterentwicklung Ihres Business. Eines sollte dieser kurze Exkurs aber vor allem verdeutlichen: die Tage veralteter Methoden für Weiterempfehlungen sind gezählt. Meine zahlreichen Kunden belegen eindrucksvoll die Effektivität dieser neuen Strategie, denn im Schnitt gewinnen sie acht bis 12 Neukunden im Monat durch innovatives Empfehlungsmarketing.
Wer seine Zielgruppe erreichen und für sich gewinnen möchte, der muss sie abholen - am richtigen Ort und mit der richtigen Ansprache.
Über den Autor
Dieter Kiwus begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Versicherungsmakler. Die damals gelehrten Methoden zur Neukundengewinnung bereiteten ihm große Probleme, da sie kaum funktionierten und er wegen ausbleibender Neukunden fast pleite war. Da er trotz des Misserfolgs an seinen Erfolg glaubte, begann er eigene Strategien zu entwickeln.
Seine Überzeugung sollte sich bestätigten: Innerhalb kürzester Zeit konnte er damals mit einer speziellen Form des Empfehlungsmarketings Neukunden generieren und so deutschlandweite Vertriebswettbewerbe gewinnen. Während dieser Zeit fand Kiwus seine Berufung: "Menschen im Vertrieb zu zeigen wie sie erfolgreich werden." Und so startete er als Coach für Finanzdienstleister. Seit 1995 führt er erfolgreich Trainings und Coachings für Führungskräfte, Vertriebsmitarbeiter, andere Coaches und Unternehmen durch. Er ist Autor mehrerer Fachbücher sowie zahlreicher Artikel zum Thema Führung, Vertrieb und mentale Kompetenz.
Autor(en): Dieter Kiwus