Experten übernehmen Bund der Versicherten - Ex-Vorstand Kleinlein zurück

Der harte politische Kurs des Bundes der Versicherten (BdV) kann wieder Fahrt aufnehmen. Der Versicherungsmathematiker und scharfzüngige Kritiker Axel Kleinlein (siehe Bild)wurde wieder in den Vorstand des mit 53.000 Mitgliedern größten deutschen Verbraucherschutzvereins berufen. Vor knapp sechs Monaten war er im internen Streit um Personalfragen vom früheren Aufsichtsrat entlassen worden. Am Samstag wurde dieser nun abgewählt.

Auf der außerordentlichen Mitgliederversammlung wurde Edda Castelló, energische Verbraucherschützerin der Verbraucherzentrale Hamburg sowie die Versicherungsberater Oskar Durstin und Peter Schütt, ehemaliger Mitarbeiter der Stiftung Warentest, mit großer Mehrheit als Aufsichtsräte des BdV gewählt. Sie setzten Kleinlein wieder ins Amt ein. Der bisherige Vorstand, Tobias E. Weissflog, der vom abgewählten Aufsichtsrat gestützt wurde, muss den BdV verlassen. Damit nimmt die öffentlich ausgetragene Schlammschlacht für Verbraucher ein positives Ende. Als zweiter Vorstand wurde der bereits amtierende Mario Leuner bestätigt. Leuner war früher bei einem Versicherungsmakler tätig, arbeitet seit 2009 beim BdV und ist seit 2012 für IT, Finanzen und Dokumentenmanagement verantwortlich.

"Ich freue mich auf eine konstruktive Zusammenarbeit", sagte Kleinlein in einer ersten Stellungnahme. Leuner soll als "Innenminister" fungieren, während Kleinlein selbst den BdV als "Außenminister" in der Öffentlichkeit repräsentieren will. Damit gewinnt der Verein, der unter der Ära der SPD-Politikerin Lilo Blunck deutlich an öffentlicher Bedeutung und Profil verloren hatte, nun wieder viel kritischen Sachverstand. "Für zusätzliche politische Impulse vor der Bundestagswahl ist die Zeit nun zu knapp. Wir werden unsere Forderungen daher der neuen Regierung vorlegen", so Kleinlein.

Anfang August hat der BdV einen 46-seitigen Forderungskatalog veröffentlicht. "Das Papier Versicherungswirtschaft 2.0 ist weiterhin die Basis für politische Verhandlungen", so Kleinlein. Unter anderem wird darin die sofortig Abschaffung von Abschlussprovisionen bei Vertragsschluss zugunsten einer Provision während der gesamten Laufzeit des Versicherungsvertrages gefordert. Gleichzeitig soll die Honorarberatung gestärkt werden. Lebensversicherte sollen fairer an Gewinnen beteiligt werden, die daraus entstehen, dass Versicherer nach Ansicht des BdV mit einer zu hohen Lebenserwartung kalkulieren. Außerdem wird die Einführung eines Grundschutzes bei Berufsunfähigkeit mit eingeschränkter Gesundheitsprüfung gefordert. Autofahrer sollen wie bei der Autohaftpflicht automatisch bei der Zulassung einen vorläufigen Kaskoschutz erhalten.

Lebensversicherungskritiker in Überzahl
Die Versicherungswirtschaft muss sich künftig auf eine noch schärfe Brise aus Hamburg einstellen. So gilt vor allem Castelló als ausgemachte Kritikerin der Lebensversicherung. Sie war maßgeblich daran beteiligt, dass der Bundesgerichtshof vorzeitig ausgeschiedenen Lebensversicherten in etlichen Urteilen einen höheren Rückkaufswert zugesprochen hat. Für ihren jahrelangen Kampf für die Rechte von Verbrauchern gegenüber den Banken- und Versicherern wurde die Juristin in diesem Jahr mit dem erstmals verliehen Bundespreis Verbraucherschutz ausgezeichnet.

Kleinlein, der unter anderem ÖKO-TEST berät, hatte sich vor allem als Mitautor der DIW-Studie "Zehn Jahre Riester-Rente: Kein Grund zum Feiern" einen Namen gemacht. Polemische Kommentare, wie "riestern ist oft nicht besser als das Geld in den Sparstrumpf zu stecken" oder bei privaten Rentenversicherungen gebe es nur für "steinalte Männer wie Johannes Heesters einen guten Schnitt", haben Kleinlein zum Erzfeind der Versicherungsbranche gemacht. Der frühere Mitarbeiter der Allianz Lebensversicherung hält aber beharrlich an seiner Kritik fest. "Wer ein Versicherungsprodukt oder ein Altersvorsorgeprodukt abschließen möchte, der soll ein gutes Produkt bekommen. Das ist unser Ziel. Wir sind nicht dafür da, eine bessere Altersvorsorge zu erfinden", sagte Kleinlein im Frühjahr im Interview mit Versicherungsmagazin ().

Bild: Elke Pohl

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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