Finanzdienstleister haben Glaubwürdigkeit verloren

"Die mangelnde Glaubwürdigkeit der Verantwortlichen" ist "das zentrale Problem", fasst die Kommunikationswissenschaftlerin Claudia Mast von der Universität Hohenheim in einem Newsletter die Folgen der Finanz-, Währungs- und Staatsschuldenkrise zusammen. Die mit Unterstützung der Bank Ing-Diba befragten, nach eigenen Angaben repräsentativ ausgewählten gut 1.000 Bürger stellten der Krisenkommunikation schlechte Noten aus.


Opposition in der Glaubwürdigkeitskrise
In dem Forschungsprojekt ging es um die Frage, ob die Bürger die Hintergründe zu der anhaltenden Krise und ihren Folgen verstehen. Einfluss auf das Verständnis haben Politiker mit ihren Aussagen, Unternehmen mit ihrer Öffentlichkeitsarbeit und die Presse, hier vor allem die Wirtschaftsjournalisten.Die Politik kommt erwartungsgemäß schlecht weg. Erstaunlich ist, dass die befragten Bürger sogar noch eher der Bundesregierung als den Oppositionsparteien glauben. Doch immerhin 60 Prozent der Befragten glauben der Regierung nicht oder eher nicht, wobei sich die Bewertung gegenüber einer Vergleichsuntersuchung vor einem Jahr um zehn Prozentpunkte verbessert hat.#

Dagegen hat sich das Misstrauen gegenüber der Opposition sogar noch leicht um einen Prozentpunkt auf 70 Prozent gesteigert. Die jüngsten Vorschläge des SPD-Chefs Gabriel zur Vergemeinschaftung der Staatsschulden, die selbst innerhalb der eigenen Partei Irritationen ausgelöst haben, können dafür allerdings noch nicht verantwortlich gewesen sein, denn die Erhebung durch das Forsa-Insitut fand Ende Mai bis Anfang Juni statt.

Fast acht von zehn Bürgern glauben Finanzdienstleistern nicht mehr
Auch europäische Institutionen wie die EU-Kommission und die Europäische Zentralbank sowie die Deutsche Bundesbank genießen bei einer Mehrheit von jeweils um 55 Prozent der Bevölkerung keine Glaubwürdigkeit.

Den Unternehmen und ihren Verbänden gelingt es anscheinend ebenfalls nicht, die Öffentlichkeit so zu informieren, dass die Bürger ihnen Glauben schenken. Auch hier antworteten 60 Prozent mit Misstrauen.An der Spitze der Unglaubwürdigen stehen allerdings Banken und Versicherungen. Beide Institutionen wurd

en gemeinsam abgefragt. 78 Prozent der Bevölkerung trauen ihnen nicht, das sind noch einmal vier Prozentpunkte mehr als 2011.Am ehesten glaubt die Öffentlichkeit noch der Wissenschaft (89 Prozent), Gesellschaftlichen Organisationen (77 Prozent) sowie der Presse, wobei Fernseh- und Radiojournalisten mit 66 Prozent Vertrauen noch etwas besser davonkommen als Printjournalisten mit 60 Prozent.

Erklärungsdefizit
Positiv ist, dass allen Institutionen mit deutlicher Mehrheit bescheinigt wird, der Krise die nötige Aufmerksamkeit zu schenken. Gemeinsam ist Presse, Politik und Unternehmen jedoch auch, dass es ihnen mehrheitlich nicht gelingt, "die Krise so zu erklären und bewerten", dass die Befragten dies als hilfreich empfinden. Bei Politik und Unternehmen vermissen rund acht von zehn Bürgern diese Leistung, bei den Medien auch immerhin mehr als die Hälfte der Bürger. Etwa in gleichem Maß vermissen die Bürger, dass ihnen die Wahrheit gesagt wird, wenn es um die Krise geht, vor allem von Politikern (87 Prozent).

Damit einher geht der Verdacht von etwa drei Vierteln der Befragten, dass die Verantwortlichen die Krise nicht "im Griff haben". Zwei Drittel gehen davon aus, dass der Höhepunkt der Krise noch nicht erreicht ist.

Lebensstandard wenig bedroht?
Immerhin gut die Hälfte der Befragten sieht aber nicht die Demokratie gefährdet. Und noch etwas weniger, genau 50 Prozent, befürchten, dass der eigene Lebensstandard durch die Krise bedroht ist. Das ist nun wiederum erstaunlich wenig, wenn man die durchaus intensive Berichterstattung zur Politik des billigen Geldes und den Folgen für die Verzinsung von Sparguthaben und Lebensversicherungen bedenkt.

Autor(en): Matthias Beenken

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