Geringe Erfolgsquote bei Verfahren zur Betriebsschließung

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Die Zeitschrift "Recht und Schaden" hat ihre Rechtsprechungsübersicht zu Corona-Pandemie-bedingten Leistungen aus der Betriebsschließungsversicherung weiter aktualisiert. Sie verzeichnet darin über 240 Entscheidungen, davon mittlerweile auch 36 in zweiter Instanz.

Die Betriebsschließungsversicherung bleibt weiter ein vielfach vor den Gerichten im Land verhandeltes Thema. Viele Versicherer verweigerten einen Versicherungsschutz mit unterschiedlichen Begründungen oder boten stattdessen einen Vergleich an („Bayerische Lösung“), der aber vielen Betroffenen nicht ausreichte.

Wettbewerbliche Vielfalt verhindert einheitliche Lösung

Erschwert wird die Situation dadurch, dass es zahlreiche im Detail unterschiedliche Bedingungswerke sowie zahlreiche individuelle Fallkonstellationen gibt. So wird unter anderem darüber gestritten, ob die Listen versicherter Erkrankungen in den Bedingungswerken abschließend sind, ob eine Infektion innerhalb des Betriebs ausschlaggebend für die Schließung gewesen sein muss oder ob auch eine Beschränkung des Betriebs als Schließung zu interpretieren ist. Die Rechtszeitschriften füllen sich seit einem Jahr geradezu mit einer Flut von Aufsätzen zu diesem komplizierten Thema.

Die im C.H. Beck Verlag erscheinende Zeitschrift Recht und Schaden (r+s) hat eine Exceldatei mit einer Übersicht über die bisher bekanntgewordenen Gerichtsentscheidungen veröffentlicht und wiederholt aktualisiert. Interessierte Leserinnen und Leser erhalten einen Überblick über die Urteile und Beschlüsse zur Betriebsschließungsversicherung, die im Zuge der Corona-Pandemie in Anspruch genommen wurden.

Betriebsschließung Beenken

240 Urteile und Beschlüsse ergangen

Mit Datum 10. August 2021 werden dort 240 Urteile und Beschlüsse verzeichnet. Dazu kommen je ein Fall, in dem eine hinreichende Erfolgsaussicht im Hauptsacheverfahren bejaht wurde und in dem ein wirksamer Abfindungsvergleich verwehrt, aber weitere Ansprüche geltend gemacht wurden. Von den 240 Urteilen sind 204 in erster Instanz fast durchgehend bei Landgerichten, aber auch schon 36 in zweiter Instanz bei Oberlandesgerichten ergangen.

Bundesgerichtshof wird sich vermutlich der Sache annehmen

Von den erstinstanzlichen Urteilen führten laut der Autorin Coco Mercedes Tremurici, Doktorandin an der Freien Universität Berlin, insgesamt 31 zur Anerkennung des Versicherungsfalls. Umgekehrt wurde in 173 Fällen der Versicherungsfall abgelehnt. Von den 36 zweitinstanzlichen Entscheidungen fiel eine zugunsten des klagenden Kunden aus, 35 hingegen bestätigten die Meinung der beklagten Versicherer.

Allgemein erwartet wird, dass sich vermutlich im nächsten Jahr der Bundesgerichtshof mit der einen oder anderen Fallkonstellation befassen wird. Auch das dürfte allerdings keineswegs für eine Klärung aller noch ausstehenden Fälle führen.

Über das ganze Land verteilt

Unter den Gerichtsstandorten fällt auf, dass sich 88 verschiedene Gerichte bereits in erster und 13 in zweiter Instanz mit dem Thema Corona und Betriebsschließung beschäftigen mussten. Hier wirkt sich aus, dass die Kunden das Gericht ihres Geschäftssitzes alternativ zum Sitz des Versicherers aussuchen dürfen – früher konzentrierten sich die Urteile stärker auf die typischen Versicherungsstädte und deren Gerichte.

Allerdings werden dort zumindest relativ oft noch die meisten Verfahren entschieden. So sind bisher am Landgericht Köln elf Entscheidungen ergangen, gefolgt vom Landgericht München I und dem Landgericht Stuttgart mit jeweils zehn Entscheidungen.

Autor(en): Matthias Beenken

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