GKV schützt nicht mehr umfassend

Die Deutschen sind immer gesundheitsbewusster. Daher erachten immer mehr Menschen den gesetzlichen Gesundheitsschutz als unzureichend. Das ist ein Ergebnis der Towers-Watson-Studie "Kranken-Zusatzversicherung - Bedarf an Gesundheitsleistungen". Nach Ansicht über der Hälfte der 1.000 im Dezember 2012 befragten gesetzlich versicherten Arbeitnehmern wird eine Krankenzusatzversicherung in der Zukunft unverzichtbar sein.

Weitere 42 Prozent stimmen der These von der "Unverzichtbarkeit" des privaten Zusatzschutzes immerhin teilweise zu. Allein sieben Prozent der Befragten glauben, dass die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) ihnen auch künftig ausreichenden Schutz bieten wird. Eine deutliche Mehrheit der Befragten glaubt, dass sie mit dem Abschluss einer privaten Zusatzversicherung die Lücken im GKV-System schließen kann. Dabei steht eine bessere Versorgung bei Zahnersatz an erster Stelle.

Interessanter Weise glauben die viele der Befragten, dass das gesetzliche System ihnen nicht genug Vorsorgeuntersuchungen bietet. So halten 53 Prozent einen privaten Vorsogeschutz für sinnvoll. Danach folgt ein Kostenschutz für Sehhilfen. Überraschend: Der Wunsch im Krankenhaus Privatpatient zu sein rangiert an letzter Stelle. Bisher haben auch nur 15 Prozent ihren Schutz im Krankenhaus privat mit einem Ein- oder Zweibettzimmer inklusive Chefarztbehandlung verbessert. Anscheinend glauben die meisten Menschen, dass sich ein solcher Schutz nicht lohnt.

Demgegenüber haben schon 50 Prozent eine Zahnzusatzversicherung abgeschlossen und immerhin 28 Prozent ein zusätzliches Krankentagegeld vereinbart. Hohen Nachholbedarf gibt es beim privaten Vorsorgeschutz, der ja von vielen favorisiert wird. Hier liegt die Versorgungsquote derzeit lediglich bei zwölf Prozent. Aktiv an Gesundheitscheckups, Hautkrebsvorsorge oder Ernährungsberatung würden fast 96 Prozent der befragten Arbeitnehmer teilnehmen, wenn ihr Unternehmen dafür die Kosten übernimmt.

Betrieblicher Krankenschutz mit Marktpotenzial
Towers Watson sieht daher besonders für die betriebliche Krankenzusatzversicherung (bKV) gute Wachstumschancen. Mehr als die Hälfte der Befragten finden die Option einer arbeitgeberfinanzierten bkV "sehr interessant". Damit rangiere diese Form der betrieblichen Nebenleistung direkt hinter der betrieblichen Altersversorgung.

"Unternehmen, die solche Zusatzversicherungen fördern und bezuschussen, können sich im War for Talents positionieren", so die Studie. Derzeit bieten nur dreizehn Prozent der Unternehmen ihren Mitarbeitern einen bVK-Schutz an. So das Ergebnis der Studie "Gewerbekundenmonitor Assekuranz 2012" des Kölner Marktforschungs- und Beratungsinstituts YouGov. Gleichzeitig ist aber die Bereitschaft der Unternehmen eine zusätzlich bVK einzuführen gering. Nur fünf Prozent wollen dies in den kommenden 24 Monaten tun.

Viel Geld wollen oder können die Kunden nicht für den privaten Zusatzschutzausgeben. 46 Prozent schweigt in der Towers Watson-Studie zu der Frage nach ihrer Zahlungsbereitschaft. 34 Prozent wollen 15 bis 40 Euro pro Monat zahlen und lediglich vier Prozent mehr als 40 Euro. Daher spricht viel für eine arbeitgeberfinanzierte bVK. So verweist Tower Watson auch darauf, dass dann sogar Menschen mit Vorerkrankungen in den Genuss des erweiterten Gesundheitsschutzes kommen können, weil bei Gruppenverträgen die Gesundheitsprüfung oft entfällt.

Ende der privaten Vollversicherung?
Nach Ansicht von Towers Watson herrscht bei der Politik längst Einigkeit über die Notwendigkeit einer Reform der GKV. So konkurrierten derzeit die Reform-Modelle "Bürgerversicherung" und "Gesundheitsprämie" miteinander. Bei der Bürgerversicherung sollen sich alle Bürger, unabhängig vom Berufsstand, mit einem noch festzulegenden Prozentsatz des Einkommens an der Finanzierung der Krankenversicherung beteiligen.

Bei der Gesundheitsprämie handelt es sich um einen monatlichen, für alle gleich hohen Pauschalbeitrag für die Krankenversicherung, der unabhängig von der Höhe des Einkommens gezahlt werden soll. Versicherte, die die Prämie nicht finanzieren können, sollen durch steuerfinanzierte staatliche Zuschüsse entlastet werden.

"Die Konzepte der Gesundheitsprämie und der Bürgerversicherung lassen erahnen, welche Rolle der privaten Kranken-Zusatzversicherung in Zukunft zukommen kann", formulieren die Studien-Autoren sehr zurückhalten. Tatsächlich wollen beide Konzepte die private Vollversicherung abschaffen. Daher dürfte es für die privaten Krankenversicherer fast schon überlebenswichtig sein sich schon heute ein gutes Standbein bei Krankenzusatzversicherungen zu verschaffen. Vor allem die bKV, die mit der viele Kunden auf einen Schlag gewonnen werden können, scheint dafür besonders gut geeignet zu sein.

Bildquelle: @ Chris Beck/

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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