Hammer-Urteil: Böses Erwachen für Versicherer

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Die Versicherungskammer Bayern muss Medienberichten zufolge einen Münchener Biergarten-Betreiber mit einer Millionensumme für die staatlich verordnete Schließung seiner Gaststätte in der Corona-Krise entschädigen.

Das Münchner Landgericht (Az. 12 O 5895/20) hat am 1. Oktober 2020 einem Gastwirt eine Millionensumme zugesprochen, die sein Versicherer nach Schließung des Lokals in der Corona-Krise zahlen muss. Die Versicherungskammer Bayern muss dem Betreiber eines bekannten Münchener Biergartens 1,01 Millionen Euro zahlen. Bei der Höhe der Entschädigung seien weder das Kurzarbeitergeld noch staatliche Corona-Liquiditätshilfen anzurechnen gewesen, da diese keine Schadensersatzleistungen seien.

Intransparente Versicherungsbedingungen

Der Biergarten hatte im staatlich verordneten Lockdown wochenlang schließen müssen. Die Versicherungskammer könne nicht gelten machen, dass die Corona-Pandemie nicht versichert sei, so das Landgericht. Die Versicherungskammer könne sich nicht darauf berufen, dass die Corona-Pandemie nicht mitversichert gewesen sei, zumal der Wirt den Vertrag erst Anfang März – wenige Wochen vor den Zwangsschließungen – abgeschlossen hatte, sagte die Richterin. Die Versicherungsbedingungen seien intransparent.

Noch viele Klagen anhängig

Eine Reihe von Gastwirten hat gegen ihre Betriebsschließungsversicherung Klage eingereicht, weil diese trotz der im Corona-Lockdown geschlossenen Gaststätten nicht für die Einnahmeausfälle aufkommen wollen. Dem Landgericht München zufolge sind mittlerweile 86 Klagen alleine dort eingegangen.

Versicherer will in Berufung gehen

Auf Anfrage von Versicherungsmagazin verweist die Versicherungskammer Bayern auf die Stellungnahme des Bayerischen Versicherungsverbands und erläutert: "Die 12. Zivilkammer des Landgerichts München I hat heute eine erstinstanzliche Entscheidung im Verfahren zur Betriebsschließungsversicherung (BSV) zwischen dem Wirt des Augustiner Kellers in München und des Bayerischen Versicherungsverbands gesprochen. Die Auffassung des Gerichts respektieren wir, können diese jedoch nicht teilen. Wir werden uns nach Vorliegen der schriftlichen Urteilsgründe sorgfältig mit diesen auseinandersetzen und die Möglichkeiten der Berufung nutzen."

"Keine allgemeinen Schlussfolgerungen möglich"

Urteile, die in den vergangenen Wochen in Deutschland zur BSV ergangen sind, zeigten starke Unterschiede in der Rechtsauffassung der jeweiligen Gerichte und Instanzen. Und weiter im Original: "In einer Entscheidung des LG Kempten (Allgäu) sind, bezogen auf unsere Versicherungsbedingungen, Ansprüche aus der Betriebsschließungsversicherung verneint worden. Dies zeigt deutlich, dass aus dem heutigen erstinstanzlichen Urteil keine abschließenden und allgemeinen Schlussfolgerungen gezogen werden können, da jeder Einzelfall individuell zu bewerten ist." 

Schließlich erklärt der Versicherer. "In Anbetracht der für uns alle bislang nicht vorstellbaren Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Lock-down im März sind wir nach wie vor an einer einvernehmlichen Lösung interessiert. Es liegt nicht in unserem Interesse, langwierige gerichtliche Auseinandersetzungen mit einem unserer Kunden zu führen. Dies ganz besonders vor dem Hintergrund, dass wir mit der ganz großen Mehrheit unserer Kunden Lösungen im gegenseitigen Einvernehmen gefunden haben."

 

 

Autor(en): Bernhard Rudolf

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