Höchstrechnungszins macht klassischer Lebensversicherung zu schaffen

Mit der Absenkung des Höchstrechnungszinses ab 2012 wird die Attraktivität der Lebensversicherung, die in der Regel als Rentenpolice mit Kapitalwahlrecht verkauft wird, weiter geschmälert. Zu diesem Schluss kommt Reiner Will, Geschäftsführer der Kölner Ratingagentur Assekurata.

„Unter der Reduzierung dürfte das Neugeschäft gegen laufende Prämien weiter unter Druck geraten, da die Absenkung des Höchstrechnungszinses die Garantiewerte im Neugeschäft mindert beziehungsweise das Beitragsniveau für die Garantiewerte neu geschlossener Verträge steigen lässt“, erläutert Will. Trotzdem rechnet der Marktbeobachter mit einem „Jahresschlussverkauf 2011“, weil sich Kunden den aktuellen Garantiezins von 2,25 Prozent auf das Sparvermögen sichern wollen.

Energisch streitet auch Debeka-Vorstand Roland Weber für die klassische Lebensversicherung. „Wir sind ganz klar der Meinung, dass beim Vermögensaufbau für den Ruhestand bei Arbeitnehmern und den meisten Selbstständigen eindeutig die Sicherheit im Vordergrund stehen sollte.“ Allein wer für das Alter schon ausreichend vorgesorgt habe, könne getrost auf Risiko gehen. Übersehen würde zudem, dass heutige Lebensversicherungen sich durch eine hohe Flexibilität auszeichneten. Weber: „Die modernen Rentenversicherungen der Debeka bieten beispielsweise eine jederzeitige Kapitalentnahme-Option, den nachträglichen Einschluss von Hinterbliebenenschutz, die Anpassung des Todesfallschutzes sowie flexible Zahlungsmöglichkeiten.“

Kritik an Garantiekosten
Demgegenüber könne bei neuartigen Fondspolicen mit Garantie gerade diese Sicherheitserzeugung abhängig von der Kapitalmarktsituation sehr teuer ausfallen. Dadurch und durch das aktive Management des Fondsguthabens zur Renditemaximierung würde die höhere Renditeprognose wieder aufgelöst. Zudem stünden im Gegensatz zur klassischen Rentenpolice bei fondsgebundenen Rentenversicherungen die Garantien häufig nur zum Ende der Aufschubzeit zur Verfügung.

Dagegen glaubt Markbeobachter Assekurata, dass das fondsgebundene Geschäft an Attraktivität gewinnen könnte. Hierfür sprächen zum Beispiel Wertaufholungen nach der Kapitalmarktkrise und eine insgesamt weiterhin positive Grundstimmung für den Aktienmarkt. Ob diese Stimmung jedoch angesichts des Japan-Desasters und Krieges in Libyen weiterhin möglich ist, bleibt abzuwarten.

Allianz setzt auf Transparenz
An dem Streit um das bessere Produkt möchte sich die Allianz hingegen nicht beteiligen. Sie setzt in ihrer Verkaufsstrategie künftig voll auf Transparenz. „Die Lebensversicherung verbindet Kunde und Anbieter ein Leben lang. Vertrauen zu schaffen und immer wieder zu rechtfertigen, ist deshalb unerlässlich: durch faire Beratung und nachhaltige Betreuung nach Vertragsabschluss, durch hohe Transparenz der Produkte und der Versicherungsbedingungen“, erläutert Vorstandschef Maximilian Zimmerer.

Als First-Mover setzt der Versicherer auf seine neue Kennzahl, die Gesamtkostenquote. Mit ihr könnten die Kunden auf einen Blick erkennen, um wie viel sich die jährliche Wertentwicklung eines Versicherungsvertrages durch Kosten reduziert. Künftig würden angenommenen Wertentwicklungen zudem vor Kosten ausgewiesen, auch Fondskosten seien explizit in den Modellrechnungen mindernd berücksichtigt. Bislang seien die Wertentwicklungen entsprechend den handelsüblichen Regeln bei Fondssparplänen ohne gesonderten Abzug der Fondskosten angegeben worden.

In Zukunft sechs Wertentwicklungsszenarien
Außerdem solle eine breitere Darstellung der Wertentwicklung Missverständnisse bei den Kunden vermeiden. Statt den bisher drei Wertentwicklungsszenarien mit drei, sechs und neun Prozent kann der Kunde bei kapitalmarktnahen Produkten künftig anhand von sechs beispielhaften Angaben auf einer Skala von null bis zehn Prozent sehen, wie sich seine Police entwickeln könnte.

Zimmerer: „Es gilt noch deutlicher zu machen, dass die genannten Gesamtleistungen keine verbindliche Prognose sein können.“ Bei den neuen Produkten würden zudem etwaige Rückvergütungen aus den Fonds nicht nur der Höhe nach ausgewiesen, sondern auch an den Kunden weitergegeben. „Jetzt können auch die gerade von Verbraucherschutzseite empfohlenen kostengünstige Exchange-Traded Funds (ETFs) im Rahmen der fondsgebundenen Produkte angeboten werden“, so der Allianz-Chef. Dies sei ein „signifikanter Vorteil für Versicherungsvertriebe und Kunden.“

Bild: © Rainer Sturm /


Autor(en): versicherungsmagazin.de

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