IFRS 17 für die interne Steuerung (Teil 2)

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In welchen Fällen der neue Bilanzierungsstandard sich auch fürs interne Controlling eignet. Eine Analyse (Teil 2).

Der neue Rechnungslegungsstandard nach IFRS 17 wird mit zweijähriger Verspätung 2023 für die externe Bilanzierung verpflichtend für Versicherungsunternehmen. Ziel ist es, für eine global verbesserte Vergleichbarkeit insbesondere bei langlaufenden Verträgen die Gewinne transparenter auszuweisen. Doch schon jetzt kann der neue Standard für die interne Steuerung genutzt werden, indem das eigene Steuerungskonzept erweitert wird.

Wie die Alternativen zu IFRS 17 aussehen

IFRS 17 ist auf Grund des in der Praxis verbreiteten Einsatzes des PAA nur eingeschränkt für die Steuerung geeignet. Aus Sicht des Controllings ist es daher geboten, den Einsatz alternativer Konzepte und Standards zu prüfen. Konkret sind dies der Economic Value Added Ansatz (EVATM), der Economic Value Management Ansatz (EVM) und gegebenenfalls auch Solvency II.

Der EVATM Ansatz ist ein auf traditionellen Standards basierendes, wertorientiertes Übergewinnkonzept. Allerdings erfolgt die Messung ausschließlich nach dem Schadendeckungsprinzip, weshalb die Zielorientierung nur teilweise gegeben ist.

Der EVM-Ansatz basiert genauso wie IFRS 17, wieder abgesehen vom PAA, auf diskontierten Zahlungsströmen. Damit bildet auch er den ökonomischen Wert eines Versicherungsunternehmens präzise ab. Im Gegensatz zu IFRS 17 wird bereits zum Zeichnungszeitpunkt der gesamte Barwert zukünftiger Gewinne aus dem Neugeschäft erfolgswirksam verbucht. Eine mit der CSM vergleichbare Größe gibt es daher nicht. Dennoch ist wegen dieser Parallelen eine Ableitung von Steuerungskennzahlen nach dem EVM-Ansatz auf Basis von Informationen nach IFRS 17 problemlos möglich.

Der Einsatz von Solvency II für Steuerungszwecke erscheint nur eingeschränkt möglich. Da Solvency II keine Gewinn- und Verlustrechnung kennt, kann hier die Gewinnermittlung ausschließlich über die Marktwertbilanz erfolgen. Eine Steuerung ist damit nach dem Informationsprinzip, aber nicht nach dem Schadendeckungsprinzip möglich, was die Zielorientierung einschränkt. Darüber hinaus fordert Solvency II keine eigene Buchhaltung, womit die Manipulationssicherheit eingegrenzt ist und etwaige Modellanpassungen zu schwer erklärbaren, zeitlichen Inkonsistenzen führen können.

Was IFRS 17 leistet und was nicht

Der Rechnungslegungsstandard nach IFRS 17 ist potenziell ein geeignetes Konzept für die interne Steuerung, dessen Eignung allerdings bei starker Nutzung des PAA zu Inkonsistenzen, Einschränkungen und Problemen bei der Vergleichbarkeit führt. Die möglichen Alternativen sind nicht per se besser – einzig und allein der EVM-Ansatz hat wegen fehlender vereinfachter Bewertungsansätze einen Vorteil gegenüber IFRS 17. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass verschiedene Versicherungsunternehmen eigens für die interne Steuerung Konzepte wie den EVM-Ansatz einführen. Bei einem Verzicht auf PAA ist IFRS 17 dagegen sehr gut für die Steuerung geeignet und entfaltet alle eingangs beschriebenen Vorteile hinsichtlich Konsolidierung, Vereinheitlichung und Transparenz

IFRS 17 Steuerung

 

Wie die Empfehlungen aussehen

Für IFRS 17-Anwender, welche den PAA nicht nutzen, empfiehlt es sich, intern nach IFRS 17 zu steuern. Falls bereits der EVM-Ansatz für die interne Steuerung verwendet wird, kann eine Überführung von Informationen nach IFRS 17 erfolgen.

Sofern der PAA zum Einsatz kommt, bieten sich wertorientierte Konzepte wie der EVATM-Ansatz für die interne Steuerung an, welche auf dem Schadendeckungsprinzip aufbauen. Für Lebensversicherungen kommen diese Konzepte allerdings nicht in Frage. Aus Sicht des Controllings besteht eine Lösungsmöglichkeit darin, für interne Steuerungszwecke die Bewertung nach BBA für alle Versicherungsverträge anzustreben, welche für externe Berichtszwecke nach PAA bewertet werden. Alternativ ist die Implementierung eines rein internen Rechnungslegungsstandard wie EVM für die Steuerung denkbar, was allerdings mit entsprechendem Aufwand verbunden ist.

Vor diesem Hintergrund ist die klare Empfehlung für PAA-Anwender, die eigene Fähigkeit aufzubauen, alle Versicherungsverträge nach BBA – oder zumindest VFA – zu bewerten, also „BBA-fähig“ zu werden. Einige Versicherungsunternehmen denken bereits in diese Richtung. Zwar könnte der branchenweite Umstieg noch einige Jahre dauern, jedoch langfristig die Lösung für die Zukunft sein.

Für Versicherungsunternehmen, die nicht zu den IFRS 17-Anwendern zählen, wird die Empfehlung komplexer. Die zentrale Frage ist in diesem Fall, inwieweit die neue Steuerung sich mit den bestehenden und implementierten Rechnungslegungsstandards verzahnen lässt. Die Heterogenität des Produktportfolios und Dauer der Deckungszeiträume spielen dabei vor allem eine Rolle. Fällt die Wahl auf IFRS 17, kann die Steuerungsqualität erhöht und die Vergleichbarkeit mit der eigenen Peer Group deutlich verbessert werden. Diese und weitere Vorteile sind dem erforderlichen Investitionsaufwand gegenüber zu stellen, weshalb diese Entscheidung nur auf Basis einer individuellen Chancen- und Risikoanalyse beziehungsweise Kosten- und Nutzenanalyse erfolgen kann.

Informationen zu den Autoren

Alexander Mägebier ist Versicherungsexperte bei der Managementberatung Horváth und Aktuar (DAV). Seine Beratungsschwerpunkte sind Unternehmenssteuerung, Risikomanagement und Kapitalanlagesteuerung. 2014 promovierte Mägebier mit dem Dissertationsthema „Modeling and Management of Biometric Risk“ an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.

LinkedIn: https://www.linkedin.com/in/dr-alexander-maegebier-72977524/

Marc Wiegard ist Experte für Finance und Controlling in Versicherungsunternehmen und seit 2002 bei der Managementberatung Horváth tätig. Wiegard ist Mitherausgeber und -autor des Standardwerks „Steuerung von Versicherungsunternehmen“, das bereits in 3. Auflage erschienen ist und neben IFRS 17 und Solvency II auch die Themen S/4HANA sowie Auswirkungen von Big Data, AI und Robotics behandelt.

LinkedIn: https://www.linkedin.com/in/marc-wiegard-8a2b5642/

Christian Briem ist Leiter Performance Management & Sustainability im Insurance-Team der Managementberatung Horváth, für die er seit 2013 tätig ist. Sein Beratungsschwerpunkt ist die digitale Transformation der Finanzbereiche von Versicherungen durch innovative, zukunftsfähige Planungs-, Steuerungs- und Nachhaltigkeitslösungen.

LinkedIn: https://www.linkedin.com/in/dr-christian-briem-23a399147

 

 

Autor(en): Alexander Mägebier, Marc Wiegard, Christian Briem

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