IfVW-Tagung: Von erlebbaren Produkten und schwierigen Zeiten

Welche aktuellen Entwicklungen im Produktmanagement prägen derzeit die Erst- und Rückversicherer? Fordert die Finanzkrise ein Umdenken bei der Produktgestaltung? Wie kann ein Versicherungsprodukt zum Erlebnis werden? Die Tagung "Aktuelle Entwicklungen im Produktmanagement von Versicherungsunternehmen" des Instituts für Versicherungswissenschaften an der Universität Leipzig () gab unterschiedliche Antworten.

"Unsere Imagewerte sind nahezu katastrophal. Die Versicherungswirtschaft steht am Ende der Image-Skala nur kurz vor der Tabakindustrie. Das müssen wir ändern", kommentierte Markus Lichtinghagen, General Manager bei der Axa Assistance Deutschland, eine Studie, die das Ansehen der Versicherer im Vergleich zu anderen Branchen untersuchte.

Seine Lösung für dieses Problem: "Versicherungsprodukte erlebbar machen". Bisher sei es der Branche nicht gelungen, den Wert ihrer Produkte wirklich darzustellen. Gründe hierfür seien die Immaterialität und die Erklärungsbedürftigkeit der Produkte als auch die Tatsache, dass diese für den Verbraucher nur wirtschaftlich notwendig seien, ohne aber einen Zusatznutzen zu liefern. Zudem hätten die wenigsten Marktteilnehmer einen klar definierten Produktentwicklungsprozess und auf Produktentwicklung spezialisierte Mitarbeiter. Dabei sei es äußerst wichtig, dass das Versicherungserlebnis von Anfang an, also von der Planungs- über die Entwurfsphase bis hin zur Markteinführung, berücksichtigt werde.

"Momente der Wahrheit" nutzen
Aber in der Beziehung zwischen Kunde und Versicherer gäbe es wichtige "Momente der Wahrheit", die zu selten genutzt würden, um sich durch positive Erlebnisse zu profilieren und zu differenzieren. Zu diesen Momenten gehörten unter anderem die Beratung vor dem Vertragsabschluss und während der Vertragslaufzeit sowie die Schadenregulierung. Bis dato zeichne sich die Versicherung für den Versicherungsnehmer nur durch Funktionen aus wie den monetären Ausgleich eines Schadens oder Schutz vor unplanmäßigen Ausgaben. Lichtinghagen: "Unsere Herangehensweise ist hier immer noch zu versicherungstechnisch, zu abstrakt".

Doch dieses Prozedere müsse aufgebrochen und die Versicherungsleistungen für den Kunden zu einem positiven Erlebnis werden. Anbieter von Assistance-Leistungen könnten dies besonders gut leisten. Zahlreiche Assisteure und ihre unterschiedlichen Angebote im medizinischen, im Kfz-, Kreditkarten- oder Immobilienbereich hätten dies bewiesen. Doch dieses positive Erleben könne nur dann ausgelöst werden, wenn der Versicherer im Vorfeld genau ermittelt habe, was der Kunde wirklich wolle.

Branche hat massive, aber nicht unlösbare Probleme
Wie die Hamburg-Mannheimer Versicherung in ihrer Produktgestaltung auf die Krise reagiert, skizzierte Vorstandsmitglied Johannes Lörper. Er gab zu, dass die Lebensversicherer mit ihren Garantien ein massives Problem hätten. Das hieße aber nicht, dass diese Probleme nicht zu lösen seien. Um ein klares Bild zu bekommen, welche Aufgaben auf die Branche und sein Haus in naher Zukunft zukommen, entwirft der Versicherer langfristige Inflations- und Deflationsszenarien, um deren Auswirkungen erkennen und abfedern zu können. Die Hamburg-Mannheimer bildet unterschiedliche Töpfe, um langfristig Garantien darzustellen. Dass beide Szenarien in naher Zukunft möglich sind, erachtet der Aktuar für "recht wahrscheinlich".

"Wir brauchen alternative Produkte für die Zukunft, so vor allem moderne, fondsgebundene Produkte, denn wir müssen unseren Kunden ein stabiles Versprechen geben und für die Versicherungsbranche ein auskömmliches Geschäft sichern." Eine Alternative für die Zukunft sei die fondsgebundene Rente mit Zinsgarantie. Der Grund: Hier würden Zinsgarantien durch angemessene Rückstellungen und ein Risikomanagement gewährleistet.

Und obwohl der amerikanischen Versicherer The Hartford seine Deutschlandstrategie erst kürzlich kleinlaut aufgegeben und auch die Axa bei ihrem "TwinStar"-Produkt zum Teilrückzug geblasen hat, sieht Lörper Variable Annuities (VA) als passendes Vorsorgeprodukt der Zukunft. Augenblicklich seien die Vorbehalte gegenüber den VA-Angeboten - auch in den Vertrieben - zwar noch groß, doch dies werde sich auch aus Mangel an modernen Alternativen in wenigen Jahren ändern.

Autor(en): Meris Neininger

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