Industrieversicherung: Hohes Fachwissen gefordert, Preisdruck nach oben

Der persönliche Kontakt, das hohe Fachwissen und das tiefe Verständnis für die Probleme des Betriebes als Versicherungsnehmer sind die Basis der Entscheidung für oder gegen einen Versicherungsmakler im Industriegeschäft. Dies erklärte Ralf Bohn, Geschäftsführer der Umweltdienste Bohn, eines mittelständischen Entsorgungs- und Logistikbetriebes aus dem hessischen Schwalmtal, bei einem Round-Table-Gespräch Mitte Mai in Frankfurt am Main. Die Veranstaltung wurde vom Industrieversicherer organisiert.

Der Umweltdienst beschäftigt derzeit rund 70 Mitarbeiter und macht etwa 100 Millionen Euro Umsatz im Jahr. Bohn suchte vor allem für ein neu errichtetes Ersatzbrennstoffkraftwerk adäquaten Versicherungsschutz. Bei dem Versicherungsmaklerunternehmen Mesterheide aus Alsfeld mit seinen gut 50 Mitarbeitern wurde er fündig. Wie der Versicherungsmakler im Industriegeschäft den "richtigen" Versicherer, ACE Deutschland, für dieses Kraftwerksprojekt fand, erläuterte Ralph Rockel, Managing Partner bei Mesterheide im Detail.

Versicherer mit Know-how gefragt
Abgesichert werden musste in erster Linie das Risiko Feuer und Betriebsunterbrechung, aber auch das Maschinenbruchrisiko - zum Beispiel bei Störstoffen im Abfall. Gefordert war damit auf Seiten des Versicherers auch ein tiefes technisches Know-how in den Bereichen Abfallwirtschaft und Kraftwerkstechnik. Alleine im Turbinenbau habe es in den letzten Jahren eine rasante technische Entwicklung gegeben, die vom Versicherer und Makler berücksichtigt werden musste.

So machte der Makler eine klassische Ausschreibung bei gut 20 Industrieversicherern, nationaler und internationaler Provenienz. Dazu wurde ein Deckungskonzept mit eigenem Wording mit über 100 Seiten für dieses Projekt formuliert. Dabei spielten bei der Auswahl des Versicherers zunächst einmal das Rating und die vorhandene Kapazität eine Rolle, da beispielsweise die Haftungszeit mehrere Jahre beträgt. Im schlimmsten Fall hätte ein Verlust bis zu 230 Millionen Euro bei diesem Projekt betragen können – sicher eine Summe, die Auswirkungen auf die Existenz des zu versichernden Unternehmens hätte haben können. Außerdem sollte, berichtet Rockel, der Versicherer eine Niederlassung in Deutschland haben und damit der Aufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin) unterliegen.

Problem Preisfestsetzung
Wichtig für den Makler Mesterheide war auch, dass sein Wording bei dem Projekt akzeptiert würde. Lars Mesterheide, ebenfalls Managing Partner im Maklerunternehmen, erklärte, dass einige Risikoträger dieses Wording nicht akzeptieren wollten. Darüber hinaus wollte der Makler eine Preisfestsetzung über drei Jahre vereinbaren, welche in dem Industrieversicherungsmarkt, der im Moment eine Preissteigungstendenz aufweist, ein schwieriger Punkt war.

Dass der Preisdruck im Moment auch durch zum Teil hohe Schadenquoten in diesem Markt nach oben geht, bestätigte auch Jürgen Schulz, Underwriter Technical Lines bei ACE Deutschland. Schulz betrachtet Geschäfte dieser Art als Kerngeschäft: "Wir wollen dieses nicht-standardisierte Geschäft, denn wir haben keine Standardprodukte." Und der Bereich "Erneuerbare Energien" wächst bei ACE rasant. So konnte in den ersten vier Monaten 2009 ein Prämienwachstum von 22,3 Prozent erzielt werden. Die Zielvorgabe für das gesamte Jahr 2009 dürfte daher weit überschritten werden. ACE versteht sich als Spezialist und die Nummer eins in bestimmten Sektoren, zum Beispiel bei den erneuerbaren Energien wie Photovoltaik, Windenergie oder der Absicherung geothermischer Risiken.

Die Veränderungen im Industrieversicherungsmarkt werden vom Makler Mesterheide genau beobachtet. So sind nach der Verknappung deutscher Kapazitäten etwa durch die Fusion von HDI und Gerling ausländische Kapazitäten (insbesondere aus Japan, Spanien, Irland, Bermudas) in den Markt getreten. Das Maklerunternehmen stellt insgesamt verbreitete Servicemängel wie rückläufige Bearbeitungsgeschwindigkeiten oder mangelhafte Policen auch durch den Stellenabbau bei den Versicherern fest. So sei die Dokumentierung eines Policennachtrages nach einem halben Jahr zwar ein Ausreißer, verdeutliche aber das Problem.

Autor(en): Bernhard Rudolf

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