Ist die Bürgerrente die eierlegende Wollmilchsau?

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Die private Altersvorsorge braucht einen Neuanfang. Davon ist der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) überzeugt und hat darum die „Bürgerrente“ konzipiert. Wie diese aufgebaut ist und worin sie besser sein soll als die bisherige Riester-Rente veranschaulichte der GDV-Präsident Norbert Rollinger auf der Jahresmedienkonferenz des Verbandes.

Die Riester-Rente gibt es nun bereits 22 Jahre. Seit längerer Zeit ist sie ein Zankapfel zwischen Befürwortern und Kritikern, zwischen Versicherern, Politikern und Verbraucherverbänden. Die Versicherungswirtschaft will nun aber nicht mehr nur diskutieren, sondern Fakten schaffen. Aus diesem Grund hat sie vor einiger Zeit einen Gegenentwurf zur Riester-Rente vorgelegt: Die Bürgerrente.

Will ein einfaches und nachhaltiges Produkt für viele sein

Die Bürgerrente soll als standardisiertes Altersvorsorgeprodukt für breite Bevölkerungsgruppen überzeugen, auch weil sie auf unbürokratische Förderung und nachgelagerte Besteuerung setzt. Damit möglichst viele Menschen dieses Vorsorgekonzept abschließen wollen, sollen auch Selbstständige, Beamte und Arbeitslose bei dem Vorsorgeprojekt einbezogen werden.

Außerdem soll die Bürgerrente keine Systembrüche mehr aufweisen wie Riester zuvor, weitaus mehr Rendite liefern, stärker standardisiert sein sowie den derzeitigen Anforderungen an Nachhaltigkeit gerecht werden. Die stärkere Standardisierung der Police soll auch dafür sorgen, dass die diversen Kosten – so beispielweise Abschluss- und Verwaltungskosten - für die Bürgerrente niedriger ausfallen als bislang bei der Riester-Rente.

Garantie ja, aber abgesenkt auf 80 Prozent

Die Bürgerrente soll eine Garantierente sein, aber mit einer abgesenkten Garantie von 80 Prozent. Der Staat soll jeden Euro, den die Menschen in dieses Altersvorsorgeprodukt investieren, mit 50 Cent fördern. Richtwert für die Förderung dieser Rentenform soll die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung sein. Diese liegt aktuell in den neuen Bundesländern bei 7.100 Euro im Monat und in den alten Bundesländern bei 7.300 Euro im Monat.

Klassischer gegen digitaler Vertrieb?

Neben den klassischen Vertriebswegen wie Ausschließlichkeit und Vermittler soll das zeitgemäße Angebot auch digital verkauft werden. Norbert Rollinger sieht dies nicht als Konkurrenzsituation für den klassischen Vertrieb. Man müsse aber den Wünschen der Menschen nach digitaler Abwicklung derartiger Versicherungen entgegenkommen, zudem würde der überwiegende Teil von Vorsorgeprodukten sowieso über Vermittler laufen, da die Menschen hier noch die persönliche Beratung wünschten.

Komplex, bürokratisch oder doch eher attraktiv?

Wie schwierig die klare Einordnung der Riester-Rente in Bezug auf ihre Wertschätzung ist, zeigte sich auch an der Wortwahl von Rollinger. So definierte er sie einerseits als „zu komplex und zu bürokratisch“, andererseits als „attraktives Produkt“. Letzteres zeige sich auch in der „ganz guten Durchdringung in der deutschen Bevölkerung“. So seien bislang 16 Millionen Riester-Verträge verkauft worden. Allein im Jahr 2021 seien noch 310.000 Abschlüsse getätigt worden. Doch die Absenkung des Höchstrechnungszinses zu Beginn 2022 hätte diese Erfolgsgeschichte ausgebremst und ein Großteil der bisherigen Riester-Anbieter hätten sich aus dem Markt zurückgezogen.

Sicher noch Luft nach oben drin

Auch für die bestehenden Riester-Verträge hat der GDV, so die Aussage von Rollinger, eine klare Vorstellung. Diese sollten möglichst weitergeführt werden. Wenn die politischen Entscheider aber dafür plädierten, dass die vorhandenen Riester-Policen in die Bürgerrente überführt werden sollten, würde sich die Versicherungswirtschaft einer diesbezüglichen Diskussion oder Entscheidung nicht entgegenstellen. Den derzeitigen Riester-Versicherten könnte man aber auch dahingehend etwas Gutes tun, indem die Förderung der Verträge aufgestockt würde. Hier sei sicher noch Luft nach oben drin.

 

Autor(en): Meris Neininger

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