Kommentar: Der (richtige) Tarifwechsel in der PKV

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Bei jeder Beitragsanpassung werden in der PKV die zusätzlich gestiegenen Leistungen nach dem zunehmenden erreichten Alter kalkuliert, entsprechend den gesetzlichen Kalkulationsvorgaben. Dies entspricht dem Leitbild privater Krankenversicherer, deren Prämien im höheren Alter heute schon bis zu mehr als 1.000 Euro monatlich betragen können. Ein Kommentar.

Tarifwechsel: Kunden zahlen nur im Erfolgsfall
Einige Versicherungsmakler, die zum Tarifwechsel beraten, haben offen gelegt, dass ihre Vermittler bzw. Mitarbeiter im Schnitt pro Monat circa vier Tarifwechsler erfolgreich beraten. Die festangestellten Vermittler, die feste Kundentermine haben und angeblich keine Kunden akquirieren, erhalten ein Fixum und eine erfolgsabhängige Provision. Wie viele erfolglose Beratungen auf eine erfolgreiche fallen, wird nicht gesagt – offenbar muss der beratende Mitarbeiter aber seine Leistung auch erstmal verkaufen.
Gute Berater und Makler kennen alle Tarife der PKV, auch solche die als „geschlossen“ bezeichnet werden, weil sie nicht mehr verkauft oder beworben werden. Auch in diese könnte der Kunde beim gleichen PKV-Versicherer wechseln.

Tarifwechsel-Makler verdienen vielfach besser als andere
Rechnet man 250 Euro Beitragsersparnis im Schnitt, und als Erfolgsprovision dann zwölf Monatsbeiträge (MB) als Ersparnis und Vergütungszahlung, hätte man vier Fälle * 12 MB * 250 Euro = 12.000 Euro monatliche Einnahmen, davon abzüglich Gewinn, Raumkosten, Werbung kann man durchaus 3.000 bis 4.000 Euro brutto monatlich an die Mitarbeiter bezahlen, inklusive Erfolgsprovision, und noch circa 2.000 Euro Reingewinn pro Mitarbeiter erzielen. Bei beispielsweise 70 Mitarbeitern beim aggressiv werbenden Tarifwechsel-Makler hätte dieser monatlich dann 140.000 Euro Gewinn. Nach diesem Beispiel gilt: Es rechnet sich also noch.
Normale Versicherungsmakler erwirtschaften dies durch bis zu zehnfache Lebensarbeitszeit.

Hohe Misserfolgsquote – anspruchsvolle Kunden
Jedoch bekommt der Berater ja nur einen Kundentermin mit einem "anspruchsvollen" Kunden. Die Misserfolgsquote dürfte relativ hoch sein, denn der Kunde kann aus der Werbung nicht erkennen, dass und wieviel er zahlen muss. Es gibt vermehrt solche Anbieter, die aggressiv werben, so dass Kunden die Auswahl haben, bevor sie einen Auftrag vergeben. Letztlich wird der Berater im Termin dann doch erstmal akquirieren müssen und dabei oft schon scheitern, weil der Kunde dann eine Alternative sucht, selbst ein Angebot beim Versicherer anfordert, sich an einen Versicherungsberater oder Sachverständigen wendet, insbesondere wenn er das vom Versicherer Angebotene nochmal überprüfen lassen möchte.

Und am Ende doch nicht verdient
Nicht nur dann sind dem Kunden aber zum Beispiel 250 Euro * 12 Beitragsersparnismonate * 1,19 für USt. = 3.570 Euro zu teuer. Bei einem Sachverständigen oder Versicherungsberater zahlt er je nach Aufwand auf Stundenbasis, zum Beispiel nur 450 bis 850 Euro. Die Erfahrung zeigt, dass Tarifwechseloptimierer oft die Arbeit bereits gemacht haben, und am Ende doch nichts verdienen, weil der Kunde den Tarifwechsel – erst einmal – ablehnt, um ihn vielleicht ein Jahr später mit Hilfe eines auf Stundenbasis tätigen Beraters oder Sachverständigen weit preiswerter umzusetzen. Da Tarifwechseloptimierer meist eine Jahresfrist vorsehen, binnen der beim Tarifwechsel ihnen das Erfolgshonorar zusteht, verdienen sie in diesem Fall gar nichts.

Dazu kommt die beworbene Transparenzoffensive der PKV als Selbstverpflichtung bei Tarifwechsel, mit der ab spätestens 2016 ausdrücklich die Tarifwechseloptimierer eingedämmt werden sollen.
Dabei haben PKV-Kunden es auch heute schon in der Hand, kostenlos einen guten Rat vom PKV-Versicherer einzufordern. Denn wenn die PKV auf konkrete Probleme in geeigneter Weise angesprochen wird, besteht eine Beratungspflicht – wie auch in jeder anderen Versicherungssparte (seit dem 01.01.2008, § 6 Versicherungsvertragsgesetz (VVG)). Sinnvoll ist, vom Versicherer nicht lediglich Informationen zu verlangen, sondern ausdrücklich eine Beratung gemäß § 6 VVG zu möglichen Tarifwechseln. Hingegen ist der Versicherer nicht verpflichtet, von sich aus einen Tarifwechsel anzubieten.

Haftung des Versicherers für Tarifwechselberatung
Ist diese angeforderte Beratung des Versicherers zum Tarifwechsel nicht vollständig oder erweist sich später als fehlerhaft, haftet der Versicherer dafür ausdrücklich nach § 6 Abs. 5 VVG. So hat zum Beispiel das Landgericht Mainz in einem Fall die Haftung des Versicherers für eine nicht erbrachte Beratung zum Tarifwechsel, weshalb der Kunde mit zunächst nicht erkannten Nachteilen zu einem anderen Versicherer gewechselt ist, im Wesentlichen nur deshalb verneint, weil der Kunde die Beratung erst kurz vor Weihnachten angefordert hatte und bereits vor Jahresende den Versicherer gewechselt hat.




Autor(en): Rechtsanwalt Dr. Johannes Fiala, geprüfter Finanz- und Anlageberater (A.F.A.) und Diplom-Mathematiker Peter A. Schramm, Sachverständiger für Versicherungsmathematik

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