Krankenversicherung: Ärzte besser vernetzen

Wie können chronisch und oft mehrfach kranke Menschen durch die Krankenkasse so gesteuert werden, dass die durch sie verursachten Kosten nicht vollständig aus dem Ruder laufen? Mit dieser Thematik, die private wie gesetzliche Krankenversicherer gleichermaßen betrifft, befasste sich der Vorstandsvorsitzende der KKH-Allianz auf der Euroforum-Fachtagung „PKV im Aufbruch“, die kürzlich in Berlin stattfand.

Ingo Kailuweit berichtete, verursachen bei der KKH-Allianz fünf Prozent der Versicherten 56 Prozent der Kosten. Diese „Hochnutzer“ verbrauchen entsprechend 2,3 Milliarden des Gesamthaushaltes von rund vier Milliarden Euro. Jeder dieser Versicherten beansprucht pro Jahr Leistungen in Höhe von durchschnittlich 21.500 Euro, mit steigender Tendenz: In den letzten drei Jahren stiegen diese Ausgaben um rund 24 Prozent. „Es ist völlig klar, dass der hohe Kostenanstieg dieser speziellen Versicherten eine spezielle Steuerung erfordert“, so seine Schlussfolgerung.

Diverse Defizite sind das Problem
Ausgangspunkt seien viele Defizite im Versorgungsgeschehen: Zu späte Überweisung zum Facharzt, keine abgestimmte Behandlung und fehlende Zusammenarbeit zwischen Ärzten und schlechte Informationen etwa über gesundheitsfördernde Lebensstile tragen die Gefahr in sich, dass Krankheiten chronisch werden, die Lebensqualität der Betroffenen leidet und die Kosten unnötig ansteigen. „Zunehmende chronische und Mehrfacherkrankungen sorgen für eine regelrechte Kostenexplosion“, erklärt er die unbefriedigende Situation. Folgende Diagnosen verursachen anteilig die höchsten Kosten bei Hochnutzern:
  • Brustkrebs: 17,6 Prozent
  • Multiple Sklerose: 13,4 Prozent
  • Depression: 12,4 Prozent
  • Kniearthrose: 9,5 Prozent
  • anhaltende Depression: 8,7 Prozent
  • Hüftarthrose: 9,2 Prozent
  • Diabetes Typ II: 8,1 Prozent
  • chronische Herzkrankheit: 8 Prozent
  • Hirninfarkt: 7,6 Prozent
  • Oberschenkelhalsfraktur: 6,6 Prozent


Dabei sei auffällig, dass Menschen mit geringem Einkommen prozentual häufig zu den Hochnutzern gehören: Während der Anteil der Versicherten mit einem Einkommen von weniger als 1.000 Euro unter allen Versicherten nur 31 Prozent ausmachen, nehmen sie bei den Hochnutzern einen Anteil von 42 Prozent ein. Krankheiten wie Depression, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen treten hier vermehrt auf. „Daher müssen wir uns fragen, wie wir es diesen Menschen ermöglichen zu einer gesundheitsbewussteren Lebensweise zu finden oder sich diese leisten zu können“, brachte es Kailuweit auf den Punkt.

Spezielles Versorgungsmanagement soll Vernetzung vorantreiben
Als Schlussfolgerung ist die IKK-Allianz dazu übergegangen, ein spezielles Versorgungsmanagement einzuführen mit dem Ziel, Hausärzte und Spezialisten besser zu vernetzen, leitliniengerechte Therapien durchzusetzen und die Versicherten individuell zu beraten. Mithilfe ihrer Gesundheitsberatung geht sie seit 2009 bundesweit auf die Bedürfnisse chronisch kranker und akut gefährdeter Kunden ein. Ihnen stehen zwei Versorgungszentren mit 20 Coaches zur Verfügung, die derzeit von über 6.000 Patienten genutzt werden. Seit März 2011 wurde auch die Telemedizin einbezogen, eine Evaluierung wird 2014 durch die Uni-Klinik Hamburg-Eppendorf erfolgen.

Firmeneigene Gesundheitsberater sollen helfen
Eine der Gesundheitsberatungen bezieht sich auf Diabetiker-Füße, die stark von Amputation betroffen sind. Hier wird die Beratung Betroffener durch firmeneigene Gesundheitsberater und integrierte Versorgungsverträge zur Vernetzung der notwendigen Spezialisten kombiniert. 40 Prozent der Versicherten mit höchstem Risiko, die in diese speziellen Ärztenetze gesteuert werden, nehmen bereits daran teil. „Allein schaffen es die Patienten meist nicht, sich durch den Dschungel an vielen verschiedenen Spezialisten zu bahnen, die bei einem diabetischen Fußsyndrom erforderlich sind, so dass die Krankheit fortschreitet. Das wollen wir verhindern“, fast der Vorstandschef zusammen.

Weitere Informationen zu der Berliner Fachtagung "PKV im Aufbruch" finden Sie in der Oktober-Ausgabe von .

Quelle: © Chris Beck /

Autor(en): Elke Pohl

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