Kundensteuerung durch Rechtsschutzversicherer statthaft

Das Rabattsystem der Huk-Coburg Rechtsschutzversicherung ist legitim. Kunden, die auf ihre freie Anwaltswahl verzichten und einen Kooperationsanwalt des Versicherers nutzen, dürfen belohnt werden. Das hat das Landgericht (LG) Bamberg (Urteil vom 8. November 2011, Az.: 1 O 336/10) gegen die Rechtsanwaltskammer München (RAK) entschieden. Nach den Bedingungen der Huk-Coburg gilt ein Vertrag auch im Streitfall als "schadenfrei", wenn der Kunde einen Partneranwalt nutzt.

Diese Vergünstigung sieht das LG Bamberg nicht als Verstoß gegen die im Versicherungsvertragsgesetz (§ 127 VVG) festgeschriebene "freie Anwaltswahl" an. Nach Meinung des Gerichts ist die Einflussnahme des Versicherers auf die Anwaltswahl seiner Kunden durch das Belohnungssystem vertretbar. So würden der geringe Vorteil von 150 Euro sowie eine bessere Kommunikation mit den Partneranwälten, die Besserstellung des Kunden, der auf seine persönliche Anwaltswahl verzichtet, rechtfertigen. Da die empfohlenen Anwälte zudem im Rahmen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) bezahlt würden, sei keine Einflussnahme des Versicherers auf seine Kooperationspartner feststellbar.

Schadensteuerung legitimiert
Das Urteil erschüttert das Verhältnis zwischen Rechtsanwälten und Versicherern in seinen Grundfesten. Es legitimiert eine Schadensteuerung der Rechtsschutzversicherer, wie sie in der Autoversicherung längst üblich ist. Hier gibt es vertragliche Vergünstigungen, wenn Kunden im Kaskoschadenfall eine Partnerwerkstatt nutzen. Andernfalls müssen die Versicherten einen Teil des Reparaturschadens selbst tragen. Das Modell, dass ebenfalls von der Huk-Coburg auf den Markt gebracht wurde, ist überaus erfolgreich und wird längst von der Mehrzahl der Autoversicherer praktiziert. Gleiches dürfte nun in der Rechtsschutzversicherung passieren, wenn das Urteil des LG Bamberg Bestand hat.

Derzeit ist die Partner-Empfehlung bei den meisten Versicherern noch unverbindlich. Solche Empfehlungen würden von den Kunden jedoch immer häufiger gewünscht, heißt es bei den Rechtsschutzversicherern. Sie sehen sich schon heute als Lotse im Rechtsschutzfall und nicht mehr als reine Kostenerstatter. Rund 40 bis 50 Prozent der Kunden, die ein Rechtsproblem haben, melden sich noch ohne eigenen Anwalt bei ihrem Versicherer. ()


Ähnliche Geschäftsmodelle wie das der Huk praktizieren aber schon beispielsweise die Concordia und die Deurag. Wird die vertraglich geregelte Empfehlung salonfähig, dürfte die gesamte Anwaltschaft gespalten werden. Damit wird ein regelrechter Kampf um rund 1,8 Milliarden Euro Anwaltshonorare eingeläutet, die die Rechtsschutzversicherer pro Jahr zahlen. Die RAK München dürfte wegen dieser grundsätzlichen Bedeutung wohl kaum auf die Berufung gegen das Urteil verzichten können.

Schwächen des neuen Geschäftsmodells
Tatsächlich hat die Schadensteuerung der Assekuranz durchaus angreifbare Schwächen. So sollen die Versicherer im außergerichtlichen Bereich die Gebührenspielräume nutzen. Wer mehr Kunden zugesteuert bekommt, erhält ein geringeres Honorar, wenn auch im Rahmen des RVG. Ihre Vereinbarungen mit Partneranwälten will die Huk-Coburg bereits im Dezember öffentlich machen. Nicht transparent bleibt aber das Verfahren, nach dem die Versicherungsunternehmen ihre Partner auswählen. Die Huk will nur mit nachweislich gut organisierten Kanzleien zusammenarbeiten, in denen es zumindest einen Fachanwalt gibt und die sicher und modern kommunizieren können. Doch überprüfen lassen sich diese Qualitätskriterien erst, wenn die Liste der Partneranwälte veröffentlicht wird. Das wollen Versicherer aber bisher auf keinen Fall machen.

Bild: © Gerd Altmann/

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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