Leitzins bei 0,0 Prozent

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Unerwartet hat der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) auf seiner gestrigen Sitzung zum 16. März 2016 den Leitzins um fünf Basispunkte erstmals auf 0,00 Prozent gesenkt. Der Zinssatz für die Spitzenrefinanzierungsfazilität wird mit Wirkung vom 16. März 2016 um fünf Basispunkte auf 0,25 Prozent gesenkt. Ebenso wird Einlagenzins um weitere zehn Basispunkte auf minus 0,40 Prozent sinken. Ab April wird die EZB das Anleihekaufprogramm von 60 auf 80 Milliarden Euro ausweiten. Zudem wollen die Notenbanker künftig auch Unternehmensanleihen (ohne Banken) erwerben.

EZB-Chef Mario Draghi, begründete die Maßnahmen mit erhöhten Risiken für Wachstum und Inflation in der Eurozone aufgrund der schwächlenden Weltwirtschaft. "Wir geben nicht auf", so Draghi und führte weiter aus: "Der EZB-Rat rechnet mit Blick auf die Preisstabilität damit, das die Leitzinsen für einen längeren Zeitraum auf dem niedrigen Niveau bleiben", erläuterte der Notenbankchef Mario Draghi. Allerdings sehe er derzeit keinen Grund für weitere Zinssenkungen.

Kritische Stimmen zur EZB-Entscheidung
Die Notenbanker senkten ihre Prognosen für Inflation und Wachstum deutlich. Für das laufende Jahr rechnen sie nur noch mit einer Inflationsrate von 0,1 Prozent. Bisher waren sie von einem Prozent ausgegangen. Das Wachstum sieht die EZB in diesem Jahr bei 1,4 Prozent. Bislang ging sie von 1,7 Prozent ausgegangen. Für 2017 erwartet sie ein Plus von 1,7 Prozent (bisher 1,9 Prozent), 2018 dürften es 1,8 Prozent sein.

Die Entscheidung der EZB wird von Analysten und Beobachtern scharf kritisiert. Hans-Werner Sinn, scheidender Präsident des Münchener Ifo-Instituts, bemängelt: „Dass die EZB nun beschlossen hat, den konkursgefährdeten Banken Südeuropas Langfristkredite zu einem negativen Zins von 0,4 Prozent zu geben, beweist einmal mehr, dass sie eine fiskalische Umverteilungspolitik zur Rettung von Zombiebanken und fast konkursreifen Staaten betreibt". Auchd ie Ausweitung der Anleiehekäufe fand seine Zustimmung nicht. "Mehr Wasser hilft nicht, wenn die Pferde nicht saufen wollen", sagte Sinn. Die EZB scheine am Ende ihres Lateins angekommen zu sein.

Geldhahn weiter aufzudrehen, ist unnötig
Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB), erklärte zu den Maßnahmen der Notenbank: "Es ist vollkommen unnötig, dass die Europäische Zentralbank den Geldhahn noch weiter aufgedreht hat". Er glaubt: "Der Geldmarkt im Euro-Raum ist durch die EZB-Politik faktisch stillgelegt". Die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB), Professorin Liane Buchholz, ist überzeugt, dass die aktuelle Zinsentscheidung der EZB den Abwärtstrend für die Sparer verstärkt.

Draghi betonte, dass die Entscheidungen der EZB mit überwältigender Mehrheit beschlossen worden sei. Nach Informationen der "Börsenzeitung" hätten Direktoriumsmitglied Silke Lautenschläger sowie der niederländische Zentralbankpräsident Klaas Knot gegen das Maßnahmenbündel gestimmt. Bundesbankpräsident Jens Weidmann, bekanntermaßen Gegener einer zu agressiven Geldpolitik, war wegen des Rotationsverfahrens nicht stimmberechtigt.

Quellen: EZB, Börsenzeitung, Ifo-Institut, Springerprofessional
Bildquelle: © froxx / iStock

Autor(en): versicherungsmagazin.de

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