Massive zweistellige Steigerungen erwartet

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Die Wohngebäudeversicherung wird 2022 für alle rund 20 Millionen Kunden deutlich teurer. Grund sind extrem gestiegene Baupreise und höhere Schäden. Eine Blitzumfrage von Versicherungsmagazin unter großen Anbietern zeigt, welche Versicherer ihre Beiträge für den Immobilienschutz besonders kräftig anpassen.

So müssen die Kunden der R+V Versicherung aus Wiesbaden mit Beitragssteigerungen von 9,5 bis 13,5 Prozent rechnen. Bei der Alten Leipziger müssen etwa ein Drittel der Kunden für ein Plus von über zwölf Prozent tiefer in die Tasche greifen. Bei der Signal Iduna gibt es für eine Reihe von Kunden Erhöhungen zwischen neun und zehn Prozent. Auf erheblich höhere Beiträge müssen sich zudem die Wohngebäudebesitzer bei der Axa und der HDI Versicherung einstellen. Konkrete Angaben machten die Unternehmen aber nicht.

Baukosten treiben Beiträge

Ein großer Teil der Anpassung entfällt mit 5,5 Prozent auf höhere Kosten für Baupreise und Löhne. Laut der Kölner DEVK-Versicherung sind massiv gestiegene Materialkosten ein wesentlicher Grund für die Kostensteigerung im Bausektor. Indirekt müssen somit Hausbesitzer für die Lieferengpässe aufgrund der Corona-Krise mehr für ihren Gebäudeschutz zahlen. Von der Baupreiserhöhung sind laut dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) rund 95 Prozent der Hausbesitzer betroffen, die die so genannte gleitende Neuwertversicherung abgeschlossen haben. Sie garantiert im Schadenfall die Wiederherstellung oder Reparatur des Gebäudes zu den aktuellen Preisen. Deswegen müssen die Verträge die Baukosten und die Lohnentwicklung im Baugewerbe berücksichtigen. Dies geschieht durch einen Faktor, der sich an den jährlich vom Statistischen Bundesamt ermittelten Daten orientiert. Teilweise müssen die Kunden auch noch damit rechnen, dass die Versicherer wegen des höheren Alters der Wohngebäude einen Zuschlag verlangen. „Die Gebäudealtersstaffeln laufen zum Teil bis zu 60 Jahren und sehen jährliche Sprünge von einem bis fünf Prozent vor“, sagt Björn Olbrich vom Versicherungsmakler TBO aus Kaarst.

Sonderkündigungsrecht nur bei Schadenanpassung

Die Anpassungen aufgrund gestiegener Baupreise und Gebäudealter müssen die Kunden erst einmal hinnehmen. Sie können den Schutz nur zum Vertragsablauf kündigen. Wird gleichzeitig die Prämie wegen höherer Schäden angepasst, handelt es sich um eine außerordentliche Beitragsanpassung, für die den Kunden ein Sonderkündigungsrecht zusteht. Dafür müssen sie innerhalb eines Monats nach der Mitteilung über die Erhöhung die Kündigung aussprechen. „Darüber müssen die Kunden aufgeklärt werden“, erläutert Johannes Brück, Versicherungsmakler aus Düsseldorf. Er rät aber, sich vor dem endgültigen Ausstieg beim alten Versicherer die Zusage der neuen Assekuranz schriftlich einzuholen. Vergleichsprogramme zeigen, dass es sehr große Prämienunterschiede beim Gebäudeschutz gibt.

Flutschäden werden erst 2023 berücksichtigt

Die hohe Belastung durch Elementarschäden, etwa Starkregen wie durch Tief Bernd, sind aber nach Aussage der Unternehmen noch gar nicht in der Kalkulation für 2022 berücksichtigt. Laut GDV haben die Versicherer im vorigen Jahr für Elementarschäden insgesamt neun Milliarden Euro aufwenden müssen. Die Flutschäden dürften erst 2023 eine Rolle beim Wohngebäudeschutz spielen. Dann dürften in den betroffenen Regionen das Risiko für Überschwemmungen (ZÜRS-Zonen) neu berechnet werden. „Kommen dann nochmals deutlich Erhöhungen, segeln die Assekuranzen aber unter falscher Flagge“, kritisiert Versicherungsexperte Brück. Denn Elementarschäden wären zu einem Löwenanteil rückversichert, was diese Unternehmen und auch die Versicherungsaufsicht bestätigt. „Daher bleiben an den Erstversicherern nur ein paar Cent höherer Rückversicherungsprämie hängen“, erläutert Brück.

Noch betonten die Versicherer, dass auch die von der Flut betroffenen Hausbesitzer Extra-Elementarschutz erhalten können. Diesen Schutz haben bisher nur etwas mehr als die Hälfte aller Kunden abgeschlossen. Denn die reguläre Wohngebäudepolice deckt nur Sturm und Hagelschäden. Wer den Zusatzschutz möchte, muss aber bei Vorschäden teilweise hohe Selbstbeteiligungen hinnehmen oder Überschwemmungsschutz nachweisen. Daher warnt die DEVK bereits: „Die Fragen nach Vorschäden sollten bei der Antragstellung richtig und vollständig beantwortet werden.“

Unser Lesetipp für Sie

Wie es der Wohngebäudesparte insgesamt geht und welche Entwicklungen auf Kunden und Vermittler zukommen, lesen Sie in unserem Beitrag „Wohngebäudeversicherung: Prämien steigen deutlich“, die in der März-Ausgabe von Versicherungsmagazin erscheint.

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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