Mitarbeiter finden und binden durch betriebliche Vorsorge

Deutschland wird älter: der Fachkräftemangel infolge des demografischen Wandels ist bald Realität. Schon 2017 wird der Bestand an Menschen, die im Erwerbsleben stehen zurückgehen und in Unternehmen Lücken hinterlassen, erläuterte Dr. Guido Birkner, Analyst des F.A.Z. Instituts. Im Auftrag der Gothaer Versicherung erstellten forsa und das F.A.Z. Institut die Studie "Betriebliches Demographiemanagement aus Arbeitnehmersicht 2013", deren Ergebnisse in Köln vorgestellt wurden.

Im bevorstehenden Kampf um gute Mitarbeiter können sich Unternehmen profilieren, die ihren Mitarbeitern attraktive Vorsorge- und Versicherungsangebote machen. Doch was genau spricht die Arbeitnehmer an? Die Studienergebnisse belegen, dass das Angebot der Betriebe häufig am Bedarf vorbeigeht.

Die meisten Erwerbstätigen schauen ihrem Ruhestand mit Skepsis entgegen: 61 Prozent der Befragten erwarten, dass die Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der privaten Altersvorsorge für den Ruhestand nicht ausreichen werden. Fast die Hälfte der Befragten unter 30 Jahren rechnet mit einer Berufstätigkeit über das 70. Lebensjahr hinaus. Mit dem prognostizierten Anstieg des Durchschnittsalters der Bevölkerung in Deutschland erwartet jeder zweite Erwerbstätige steigende Krankenstände in den Unternehmen. 49 Prozent der Befragten halten es für wahrscheinlich, im Laufe ihres Berufslebens berufsunfähig zu werden. Doch nur elf Prozent der Arbeitnehmer nutzen Berufsunfähigkeitsversicherungen über ihren Arbeitgeber.

Aktuell ist die betriebliche Altersversorgung (bAV) das attraktivste Angebot an Vorsorge- oder
Versicherungsangeboten der Arbeitgeber. 40 Prozent nutzen eine arbeitgeberfinanzierte bAV, 34 Prozent eine arbeitnehmerfinanzierte bAV über Entgeltumwandlung. 25 Prozent nutzen Angebote aus der betrieblichen Gesundheitsförderung. 14 Prozent haben eine betriebliche Krankenversicherung abgeschlossen. Gerade ältere Erwerbstätige beschäftigen sich mit dem vorzeitigen Ruhestand: 61 Prozent der Befragten befürworten, Lebensarbeitszeitkonten im eigenen Unternehmen einzuführen, aber lediglich fünf Prozent der befragten Arbeitnehmer verfügen über ein solches Konto. 21 Prozent der Befragten nutzen kein Angebot ihres Arbeitgebers.




Angebote des betrieblichen Gesundheitsmanagements stoßen auf eine große Nachfrage: Fast 90 Prozent aller befragten Erwerbstätigen sind an mindestens einer der abgefragten Leistungen zur betrieblichen Gesundheitsförderung interessiert. Das größte Interesse wecken Bewegungsangebote für Rückengesundheit und zur Verbesserung der Ausdauer (67 Prozent). Rund jeder zweite Befragte befürwortet das Angebot von Gesundheitstagen und von Maßnahmen rund um das Stressmanagement. Generell zeigen sich Frauen an potenziellen Angeboten ihres Arbeitgebers interessierter als Männer. So wünschen sich fast drei Viertel der Frauen mehr gesundheitsfördernde Maßnahmen (72 Prozent vs. 65 Prozent der Männer). Die junge Generation der Erwerbstätigen ist für Gesundheitsangebote der Arbeitgeber besonders aufgeschlossen: 75 Prozent der Befragten unter 30 Jahren sehen darin wirksame Maßnahmen für Betriebe, Zukunftsrisiken vorzubeugen. In der mittleren und älteren Generation sprechen sich jeweils zwei Drittel der Erwerbstätigen für solche Angebote aus. Aktuell nutzt lediglich ein Viertel der Arbeitnehmer Angebote im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung.

Lücke zwischen Nachfrage und Angebot?
Zwischen der Nachfrage der Erwerbstätigen nach gesundheitsfördernedne Maßnahmen und dem Angebot der Betriebe klafft eine Lücke: 53 der Befragten geben an, dass der Arbeitgeber keine entsprechenden Angebote mache. In diesem Punkt gebe es zwischen Beschäftigten und Arbeitgebern ein Kommunikationsproblem, machte Birkner deutlich. Er verwies darauf, dass das F.A.Z. Instiut Arbeitgeber in einer Studie zur betrieblichen Gesundheitsförderung befragt habe. Alle Befragten hätten angegeben, mindestens eine Maßnahme anzubieten.





































Nach zusätzlichen Angeboten ihres Arbeitgebers befragt, die ihnen besonders wichtig wären, votierten 76 Prozent für die arbeitgeberfinanzierte bAV, 66 Prozent für eine Berufsunfähigkeitsversicherung. 62 Prozent für Dienstleistungen zu betrieblichen Gesundheitsförderung, 54 Prozent für Lebensarbeistzeitkonten. Auf der Wunschliste standen ausserdem Dread-Disease-Versicherungen (54 Prozent), Versicherungen zu Sonderkonditionen (43 Prozent) sowie die betriebliche Krankenversicherung (42 Prozent). Befremdlich wirkt der Wunsch von 62 Prozent nach arbeitnehmerfinanzierter bAV durch Entgeltumwandlung, denn darauf haben die Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch.

Fast drei Viertel (73 Prozent) der Arbeitnehmer kritisieren, dass ihre Arbeitgeber für sie zu wenig
interessante Angebote für die Vorsorge und Gesundheitsförderung bereitstellen. Zehn Prozent der Befragten geben an, dass Prämien und Angebote zu teuer seien. Nach Haushaltsnettoeinkommen differenziert, bemängeln sogar 13 Prozent derjenigen mit einem Einkommen unter 2.500 Euro die zu teuren Angebote. Nur ein Viertel der Beschäftigten gibt an, kein Interesse an den Angeboten zu haben.

Kommunikation ist ausbaufähig
Obwohl die Auswirkungen der demografischen Entwicklung den Unternehmen bewusst sein sollten, lässt das Angebot an Vorsorge und Versicherungen vieler Unternehmen zu wünschen übrig. Die bestehenden Angebote werden häufig schlecht kommuniziert. "Es gibt einen Wildwuchs an Kommunikationswegen", sagte Michael Kurtenbach, Vorstandsvorsitzender der Gothaer Krankenversicherung. Bislang sei es nicht gelungen standartisierte Kommunikationswege aufzubauen. Die für die Arbeitnehmer wichtigste Informationskanäle sind Broschüren, das Intranet, Mitarbeiterversammlungen sowie Gespräche. 29 Prozent der Arbeitnehmer geben an, keine Informationen vom Arbeitgeber zu erhalten.
































Für die repäsentative Umfrage wurden 1.000 erwerbstätige Personen im Alter von 16 bis 60 Jahren in Deutschland befragt.

Bild: @ Gerd Altmann/

Autor(en): Alexa Michopoulos

Alle Branche News