Neue Verordnung über Informationspflichten bei Versicherungsverträgen

Laut einem Bericht der Financial Times Deutschland (FTD) plant die Bundesregierung eine weitere deutliche Verschärfung der Informationspflichten für Versicherungsvermittler. Nach einem jetzt vom Bundesjustizministerium vorgelegten Entwurf der "Verordnung über Informationspflichten bei Versicherungsverträgen" sollen Versicherungsvermittler ab Anfang 2008 ihren Kunden vor Abschluss einer Police ganz genau mitteilen, wie hoch ihre Provisionen und die Bearbeitungsgebühren sind, und zwar in genauen Geldangaben. Wer künftig eine Police abschließt, würde dadurch erfahren, was der Vermittler dafür in Euro und Cent einsteckt. Die Verordnung soll Teil der grundsätzlichen Modernisierung des deutschen Versicherungsrechts werden. Zurzeit berät der Bundestag das neue Versicherungsvertragsgesetz, in dem auch die Informationspflichten der Vermittler per Verordnung geregelt wird.

Laut FTD hat das Bundesjustizministerium den Entwurf der "Verordnung über Informationspflichten bei Versicherungsverträgen" am 27. April 2007 vorgelegt. Zurzeit wird das Papier mit dem Bundesministerium für Finanzen und dem Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft abgestimmt. In dem Entwurf heiß es wörtlich: "Soweit sich die mitzuteilenden Informationen auf Geldleistungen oder Kosten beziehen, sind die jeweiligen Beträge für den angebotenen Vertrag in Euro auszuweisen". Genannt werden sollen: "Angaben zur Höhe der Abschluss- und Vertriebskosten, soweit eine Verrechnung mit Prämien erfolgt, sowie zu sonstigen Verwaltungskosten".

Private Kranken- und Sachversicherungen nicht betroffen

Allerdings sind von der Verschärfung nur alle Arten von Lebensversicherungen, Berufsunfähigkeits- und Unfallversicherungen betroffen. Sachversicherungen und private Krankenversicherungen, die für Vermittler besonders attraktiv sind, bleiben von der Verordnung unberührt.

Wer sich für den Abschluss eines Riester-Vertrages entscheidet, erhält vom Vermittler bereits heute den Hinweis über den prozentualen Anteil der Vertriebskosten. Jedoch nur in einer abstrakten Prozentzahl. Vier Prozent bedeutet etwa 864 Euro (bei einem Monatsbeitrag von 60 Euro und Laufzeit 30 Jahre) Provision für den Vermittler. Die FTD gibt als Beispiel einen Versicherungsvertrag an mit einem Beitrag von 150 Euro monatlich und 30 Jahren Laufzeit. Bei der prozentualen Angabe wird von vielen Finanzvertrieben der gängige Wert von sieben genannt. Müssten die genauen Beträge genannt werden, wären diese sieben Prozent 3.780 Euro.

Besonders große Vertriebsgesellschaften, wie AWD, DVAG, HMI, MLP, oder OVB, würden aber durch diese Neuregelung in Schwierigkeiten geraten. Denn sie müssten ihre Geschäftspraktiken offen legen. Preiswerte Direktversicherer würden den Kundenvorteil dagegen wesentlich besser publizieren können.

Verbraucherschützer begrüßen den Entwurf. Sie hoffen, dass dadurch künftig mehr Kunden einen unabhängigen Versicherungsberater beauftragen, der keine Provision von Anbietern erhält. Allerdings sei es inkonsequent, dass es für private Krankenversicherungen keine Offenlegung geben solle.

GDV spricht von Irreführung des Verbrauchers

Während Verbraucherschützer den Vorschlag begrüßten, ist der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) empört über die geplante Verschärfung und kommentierte den Entwurf mit den Worten "Irreführung des Verbrauchers". Ein Vergleich der Angebote sei für den Kunden unter diesen Umständen nicht mehr möglich. Bereits kleinste Unterschiede bei der Laufzeit oder der Höhe der Prämie würden sich im Euro-Betrag niederschlagen. Die Abkehr von der Prozentangabe würde zudem dazu führen, dass Versicherungen und Investmentfonds wieder einmal unterschiedlich behandelt werden. Bei Fonds sei es üblich, die Kosten in Prozent auszuweisen. Nach Meinung des GDV sei die Angabe in Prozenten auch bei Versicherungspolicen für den Kunden daher besser.

Die Befürchtungen der Versicherungsbranche gehen jedoch noch weiter. Wenn Kunden künftig erfahren würden, welche Provisionen mit den Verträgen verbunden sind, könnte die Forderung nach einer Provisionsteilung aufkommen. Diese ist in Deutschland derzeit noch verboten. Die Europäische Union überlegt jedoch, dieses althergebrachte Provisionsabgabeverbot aufzuheben. Des Weiteren könnte durch die neuen Informationspflichten beim Vertrieb von Versicherungspolicen im Wettbewerb künftig folgende Faustregel gelten: Der Anbieter mit den niedrigsten Vertriebskosten oder der höchsten Provisionsteilung gewinnt.

Autor(en): Helmut Zermin

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