Private Krankenversicherung: Stiftung Warentest schürt übertriebene Angst

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Ein schnellerer Zugang zu Ärzten und der Schutz vor staatlichen Leistungskürzungen ist für viele Menschen immer noch ein wichtiger Grund, in die Private Krankenversicherung (PKV) zu wechseln. Möglich ist das für alle Selbstständigen und Beamten sowie für Angestellte, die aktuell mehr als 53.550 Euro im Jahr verdienen. Jetzt warnt die Stiftung Warentest aber davor, dass der Umstieg im Rentenalter zu Kostenfalle wird.

Immerhin ist der Zuschuss der Rentenversicherung für Privatpatienten im Ruhestand deutlich geringer als der Arbeitgeberzuschuss während der Erwerbszeit. Die Beiträge eines 35-jährigen Einsteigers würden sich bis zum 67. Lebensjahr verdreifachen, schätzt die Stiftung Warentest. Private Krankenversicherer, wie die Huk-Coburg, halten das Horrorszenario aber für übertrieben. Schon die jährlich angenommen Beitragssteigerung von 3,5 Prozent sei „zu hoch gegriffen“. Zudem lässt die Berliner Stiftung vollkommen außer Acht, dass in den nächsten 30 Jahren die Gehälter und das Einkommen in der Regel ebenfalls ansteigen werden.

Kapitalbetrag dürfte deutlich geringer ausfallen
In Prognose bleibt außerdem der gesetzliche Zuschlag von zehn Prozent vollkommen unberücksichtigt. Er bewirkt, dass sich die Beitragserhöhungen ab dem 65. Lebensjahr vermindert. „Im konkreten Fall des 35-jährigen bedeutet dies eine zusätzliche Rückstellung von rund 24.000 Euro um Erhöhungen im Alter zu begrenzen“, rechnet der private Krankenversicherer Debeka aus Koblenz vor.
Gleichzeitig entfällt im Ruhestand der Bedarf einer Verdienstausfallversicherung. „Der Schutz wird also dann um den Tarifbeitrag des Krankentagegeldes günstiger“, erläutert Holger Brendel von der HUK-Coburg. Somit dürfte der zusätzliche Kapitalbetrag, den Kunden benötigen, um auch als Rentner den vollen Schutz des gewählten Tarifes aufrechtzuerhalten, gegenüber der Prognose der Stiftung deutlich geringer ausfallen.

Alterssicherung über die PKV
Grundsätzlich halten die privaten PKV-Anbieter es aber für sinnvoll, bereits beim Abschluss der Police auf die Finanzierung im Alter zu schauen. Doch dafür braucht niemand mehr Kapital anderweitig anzulegen. Die PKV-Versicherer selbst bieten so genannte „Beitragssenkungstarife“ an. Wer beispielsweise als 35-jähriger Kunde bei der HUK-Coburg monatlich 100 Euro mehr einzahlt, hat die Garantie, dass sich sein Beitrag ab dem Rentenstart mit 67 Jahren um 300 Euro senkt. Zudem haben selbst freiwillig versicherten Rentner in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) eine nicht zu unterschätzende Beitragslast zu tragen. So werden neben der Rente die betriebliche Altersversorgung sowie andere Einnahmen für eine Beitragsermittlung der GKV herangezogen. Brendel: „Ein solcher Rentner zahlt aktuell rund 400 Euro an Beitrag.“

Vertragsumstellung in der GKV nicht möglich
Heutige PKV-Rentner zahlen nicht unbedingt viel mehr. Zumindest bei sehr stabilen privaten Anbietern. So liegt bei der Debeka der durchschnittliche Monatsbeitrag für 80-Jährige Männer bei rund 466 Euro und bei Frauen bei 489 Euro. Zudem kann in der PKV der Versicherte notfalls immer noch seinen Versicherungsschutz abspecken. „In der GKV besteht die Möglichkeit grundsätzlich nicht, den Vertrag umzustellen und einen günstigeren Beitrag zu erlangen“, so die HUK-Coburg. Der Versicherer praktiziert eine regelmäßige Beratung seiner Privatpatienten. „So kann ein geänderter Bedarf entsprechend angepasst werden“, kommentiert Brendel die Situation.

Viele Unternehmen haben ihre Angebote deutlich verbessert
Schon beim Abschluss müssen die Außendienstmitarbeiter der Debeka ihren Kunden die Beitragsentwicklung der letzten zehn Jahre dokumentieren. „Der Kunde kann dadurch erkennen, dass es zu Beitragsveränderungen kommt und nicht von einer Stagnation der Beiträge auszugehen ist“, sagt Debeka-Sprecher Christian Arns. Trotz massiver Angstprognose für Privatpatienten im Rentenalter hat die Stiftung Warentest die PKV-Tarife nicht nur für Beamte, sondern auch für Selbstständige und Angestellte getestet. Wobei die Ansprüche an die Leistungen eher gering ausfielen. So reichte als Mindestleistung schon ein Zweibettzimmer aus. Immerhin stellen die Tester fest: Viele Unternehmen haben ihre Angebote deutlich verbessert. Etliche enthalten sogar Leistungen, die bisher fast ausschließlich den gesetzlich Versicherten vorbehalten waren.

Die besten Tarife für Angestellte
So gibt es nun Leistungen für häusliche Krankenpflege, ambulante Kuren, stationäre Rehamaßnahmen, Sterbebegleitung für unheilbar Kranke sowie vereinzelt sogar Gesundheitskurse. Die besten Tarife für Angestellte, die mindesten ein „gut“ erreichten, sind: Huk-Coburg (Komfort 2 KT6), Provinzial Hannover (VKA+u KHPnu, KHUnu KTG-A 6), Nürnberger (Top6 S2 ZZ20 TA6), Gothaer (Medi-Vita 500, MediMPlus Medi-Clinic 2 Medi-Vita Z70 TG 6), Debeka (N NG KT43), Inter (QME 600 U TAN 6 U), Pax-Familienfürsorge (Premium2 T43), Inter (QMP 600 U TAN 6 U), Signal (Exklusiv 1 ESP-VA 43), Axa (U TAN 6 U Komf Zahn-U KTGV 42-U) und Deutscher Ring (Esprit, PIT pro 043v).

Bildquelle: Allianz

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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