Private Krankenversicherung: Vergleichsprogramme zu oberflächlich

Vergleichstests für die private Krankenversicherung (PKV) führen Verbraucher oft in die Irre. "Das wirkliche Leistungsniveau eines Tarifs wird von den am Markt üblichen Programmen nicht erfasst", behauptete Gerd Güssler, Geschäftsführer der KVpro.de GmbH, auf einer Presseveranstaltung in Berlin. Grund sei, dass in den meisten Fällen Leistungsbereiche über ein einfaches Ja-Nein-Schema getestet würden.

"Damit kann man auch leistungsschwache Tarife pushen", kritisierte Güssler. Dann würde die private Krankenversicherung nur noch über den Preis verkauft. Ein wirklicher Preis/Leistungsvergleich werde so bewusst umgangen. Tatsächlich würden viele Leistungen in der PKV durch zusätzliche Leistungsverzeichnisse in ihrem Umfang stark eingeschränkt. KVpro hat daher ein Erstattungsbarometer entwickelt, dass dem Kunden auf einen Blick zeigt, in welchem Umfang die Tarife in den einzelnen Bereichen die Kosten für medizinische Leistungen erstatten. Kritik übte das Unternehmen auch an den Ratingverfahren der Konkurrenzprogramme. So werde hier in der Regel eine subjektive Gewichtung der Leistungsbereiche einfließen.

Gleichzeitig verwies Güssler darauf, dass Kunden nicht in jedem Fall zum leistungsstärksten Produkt greifen müssen. "Bei der Tarifentscheidung spielt der Qualitätsanspruch des Verbrauchers eine gewichtige Rolle", sagte er. So habe das Unternehmen beispielsweise ermittelt, dass bei der Psychotherapie 50 Sitzungen pro Jahr in aller Regel die Höchstbehandlungsdauer darstelle. Im Schnitt würde eine Sitzung rund 100 Euro kosten. Das realistische Kostenrisiko sei also 5.000 Euro pro Jahr. Eine unbegrenzte Leistung sei somit in diesem Bereich nicht erforderlich.

PKV wird 2013 für alle deutlich teurer
Die private Krankenversicherung wird 2013 insgesamt deutlich teurer. Grund ist die branchenweite Absenkung des Rechnungszins von 3,5 Prozent auf 2,75 Prozent sowie die Einführung von Unisex-Tarifen. "Ich rechne damit, dass die Männertarife sich auf das Niveau der Frauentarife einpendeln werden", sagte Hans Olav Heroy, Vorstand der Huk-Coburg Krankenversicherung. Gleichzeitig dürften Frauentarife kaum günstiger werden. Preissteigerungen gibt es auch bei Billigtarifen. Hier hat sich laut Michael Baulig, Vorstand der Universa Krankenversicherung, der PKV-Verband ausdrücklich dafür ausgesprochen, dass es künftig keine Magertarife mehr geben soll. So sollen geschlossene Heilmittelkataloge und Tarife ohne jeden Schutz bei psychischen Erkrankungen vom Markt verschwinden.

In der Diskussion wurde aber deutlich, dass einzelne Versicherer möglicherweise weder Mindestleistungen einführen, noch den Rechnungszins absenken. Damit hätten diese Anbieter im reinen Preiswettbewerb weiter die Nase vorne. Den Nachteil hätten die Kunden, die in der Zukunft mit erheblichen Preissteigerungen und im Krankheitsfall mit hohen Zuzahlungen rechnen müssten. Verbraucher sollten bei Billigangeboten daher sehr skeptisch sein und diese genau prüfen.

Bisex-Tarife für Männer - vorteilhaft für den Nachwuchs
Vorteile für Kinder retten Männer, die noch 2012 eine private Krankenversicherung auf Basis eines Bisex-Tarifes abschließen, können den hohen Preisvorteil für ihre Nachkommen sichern. "Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hat zugestimmt, dass alle Eltern, die einen Bisex-Tarif abgeschlossen haben, auch ihre Kinder in diesen Tarif aufnehmen lassen können", erläuterte Huk-Coburg Experte Heroy am Rande der Veranstaltung. Die Zeit nach dem Studium, bis das Einkommen zum Eintritt in die PKV berechtigt, könnten die Kinder mit einer Anwartschaftsversicherung überbrücken. Nach Einschätzung von Heroy würde ein "sauber kalkulierter" Männer-Bisex-Tarif auch in der Zukunft weiterhin deutlich günstiger sein, als ein vergleichbarer Uni-Sex-Tarif. "Die Tarife sollten auch dann beitragsstabil bleiben, wenn keine Neukunden mehr aufgenommen werden." Alle Bisex-Tarife werden ab dem 22. Dezember 2012 für das Neugeschäft geschlossen.

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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