Privatisierung der Pflegeabsicherung wird nicht von allen Experten goutiert

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Der Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek) fordert mehr gesamtgesellschaftliche Verantwortung. Der Grund: Er sieht eine schleichende Privatisierung des Pflegerisikos, die es seines Erachtens zu vermeiden gilt. Private Pflegeanbieter argumentieren natürlich dagegen.

„Die Eigenanteile, die die Pflegebedürftigen für ihren Aufenthalt in stationären Pflegeeinrichtungen hinzuzahlen, betragen heute bereits 1.830 Euro pro Monat. Das ist den Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen nicht länger zuzumuten“, sagte Uwe Klemens, Verbandsvorsitzender des vdek. Der Verband der Ersatzkassen schlägt deshalb vier Maßnahmen vor, um diese Entwicklung zu stoppen.

Erstens: Die gesetzlich festgelegten Leistungsbeträge, die die Pflegebedürftigen aus der sozialen Pflegeversicherung (SPV) je nach Pflegegrad erhalten, sollten dynamisiert, das heißt regelmäßig an die Preisentwicklung in der Pflege angepasst werden.

Zweitens: Die Länder sollten ihrer Verpflichtung zum Bau und Erhalt der Pflegeeinrichtungen nachkommen. Dies seien etwa 447 Euro im Schnitt pro Einwohner.

Drittens: Es sollte Steuerzuschüsse für die SPV geben. Bereits heute übernähmen die Pflegekassen Leistungen, die mit der Pflege der Betroffenen
nichts oder nur entfernt zu tun haben, wie etwa die Rentenbeiträge für Angehörige. Das entspreche rund 0,2 Beitragssatzpunkte.

Viertens: Die private Pflegeversicherung solle sich adäquat an den Kosten beteiligen. dann könnten bis zu zwei Milliarden Euro jährlich von der privaten in die soziale Pflegeversicherung fließen.

Klemens moniert: „Wegen des demografischen Wandels und den Leistungsverbesserungen in der Pflege werden die Kosten weiter steigen. Darauf müssen wir reagieren. Nur die Beitragssätze in der SPV immer weiter zu erhöhen, wird auf Dauer auf Grenzen der Akzeptanz stoßen“.

Privater Versicherer moniert falsche Signale der Politik

Ganz anders sieht dies natürlich die private Versicherungswirtschaft, so zum Beispiel die Vigo Krankenversicherung und ihr Vorstandsmitglied Micha Hildebrandt. Der Düsseldorfer Pflegezusatz-Spezialisten kritisiert vielmehr die diversen Pflegereformen und die diesbezüglichen Signale aus der Politik. Ein Mehr an privater Vorsorge ist das Credo des Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit.
In der März-Ausgabe von Versicherungsmagazin skizziert Hildebrandt die Philosophie seines Hauses und plaudert über die engagierten Zukunftspläne von diesem.

Hoffen auf E-Health-Gesetz II als Digitalisierungstreiber

Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des vdek, verspricht sich von dem E-Health-Gesetz II mehr Schwung im Digitalisierungsprozess. „Wir möchten, dass die elektronische Patientenakte (ePA) und medizinische Apps schnell, qualitätsgeprüft und sicher in die Versorgung kommen.“Die Ersatzkassen möchten zudem Gesundheits-Apps, die sich bereits im Rahmen von Satzungsleistungen bewährt haben, auch in die Regelversorgung aufnehmen. Doch müssten diese ihren Nutzen dazu genauso unter Beweis stellen, wie andere Untersuchungs- und Behandlungsmethoden.

„Die Instrumente des Gemeinsame Bundesausschusses passen noch nicht 1:1 in die digitale Welt. E-Health-Angebote müssen in einem zügigen Verfahren in der Regelversorgung erprobt werden. Das heißt: Klare Zeitvorgaben, weniger Bürokratie, keine langen Ausschreibungen", fordert Elsner.

Hintergrundinformationen

Der Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek) ist Interessenvertretung und Dienstleistungsunternehmen aller sechs Ersatzkassen, die zusammen rund 28 Millionen Menschen in Deutschland versichern: Techniker Krankenkasse (TK), Barmer, DAK-Gesundheit, KKH Kaufmännische Krankenkasse, hkk - Handelskrankenkasse und  HEK – Hanseatische Krankenkasse.

In der vdek-Zentrale in Berlin sind mehr als 270 Mitarbeiter beschäftigt. In den einzelnen Bundesländern sind 15 Landesvertretungen mit insgesamt rund 350 sowie mehr als 30 Mitarbeitern in den Pflegestützpunkten der Ersatzkassen präsent.

Quelle: Verband der Ersatzkassen e. V.

Autor(en): Versicherungsmagazin

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