Prognose der BaFin: Die Luft kann sehr dünn werden

Die unmittelbaren Folgen der Finanzmarktkrise auf die Versicherungsbranche sind nicht nur begrenzt, darüberhinaus profitier(t)en auch einige Versicherer davon, dass das Bankensystem gerettet wurde. So jedenfalls eine Position des Präsidenten der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Jochen Sanio, auf dem 10. Vorlesungstag der Universität Leipzig, ausgerichtet vom Institut für Versicherungswissenschaft an der Universität Leipzig (ifVW).

Dabei wollte oder konnte sich Jochen Sanio aber nicht genau festlegen, wie die Assekuranz die augenblickliche Niedrigzinsphase bewältigen wird. So glaubt er einerseits, dass die Versicherungsunternehmen oder wenigstens einige Vertreter dieser Branche künftig „existenzielle Probleme“ bekommen könnten, aber andererseits, dass die Branche eine lange Niedrigzinsphase durchstehen kann. Für das letzte Szenario müsste aber die Überschussbeteiligung gesenkt werden. Hier appellierte er an die Versicherungsunternehmen, genau zu kalkulieren, welche Überschüsse sie sich noch leisten könnten. Problematisch sei bei manchen Unternehmen auch ihre Kapitalanlagestruktur. Die Aufgabe der Aufsicht sei es dann, ein genaues Auge darauf zu werfen, wie lange die Ertragskraft der Versicherer ausreicht, um überleben zu können.

Folgen noch nicht absehbar, aber für die Branche wahrscheinlich gefährlich
Neben der Niedrigzinsphase kommt nach Meinung des BaFin-Präsidenten für die Versicherungsbranche noch erschwerend der richtige Umgang mit den Kreditrisiken und der Maßnahmendruck, der sich durch Solvency II ergeben kann, hinzu. Die möglichen Folgen, die sich aus der Kombination dieser Elemente ergäben, wären nicht abzusehen, aber wahrscheinlich gefährlich für die Versicherungsbranche. Sanio wörtlich: „Die Luft kann sehr dünn werden“.

Hier seien natürlich auch die BaFin und die anderen Aufsichten gefragt, wobei diese immer die kumulativen Effekte aller Maßnahmen im Blick haben müssten. Als eine große politische und gesellschaftliche Aufgabe sieht der BaFin-Chef den grundsätzlichen Umbau der Finanzmarktregulierung an. Für sein eigenes Haus fügte Sanio selbstkritisch hinzu: „ Nach der Krise muss sich die Struktur der Finanzaufsicht verändern und für das Finanzsystem der Zukunft müssen die entscheidenden Ideen von uns kommen“.

Zeitplan Solvency II wahrscheinlich nicht einzuhalten
Wenig Hoffnung machte Sanio den Zuhörern beim Vorlesungstag in Leipzig, dass der Solvency-II-Plan eingehalten werden kann. Damit die Berliner Aufsicht die im Kontext von Solvency II anstehenden Aufgaben in Zukunft alle erfüllen kann, plant sie, neues qualifiziertes Personal einzustellen, da die bisherigen Personalkapazitäten keinesfalls ausreichend wären. Dabei prangerte er mit einem Augenzwinkern die Abwerbepolitik der Versicherungswirtschaft an und ermahnte die anwesenden Versicherungsvorstände, seiner Aufsicht nicht die vorhandenen Mitarbeiter abzuwerben, damit sie ihre wichtige Aufgaben auch weiterführen könnten.

Als problematisch für das Finanzsystem erachtet der Präsident der BaFin auch die momentanen Vergütungsregelungen, denn diese schüfen schädliche Anreize und seine nur auf kurzfristigen Erfolg ausgerichtet. Auch nicht mehr zeitgemäß ist seiner Ansicht nach die Aufgaben von Aufsichtsratsmitgliedern. Diese müssten in Zukunft über mehr Stärke verfügen, um bei Gefahr gegensteuern zu können. Augenblicklich seinen die Mitgliedern in den Aufsichtsräten viel zu schwach, um hier rechtzeitig reagieren zu können.

Foto: BaFin

Autor(en): Meris Neininger

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