R+V-Studie: Pflege als Armutsfalle

27 Millionen Menschen in Deutschland werden voraussichtlich in spätestens zehn Jahren einen Pflegefall in der Familie haben. Bereits heute sind es zehn Millionen, weitere 17 Millionen rechnen in den nächsten fünf bis zehn Jahren damit. Zu diesem Ergebnis kommt jedenfalls die Studie "Weil Zukunft Pflege braucht" der R + V Versicherung.

Hinter diesen Zahlen verbergen sich aktuell gut 2,4 Millionen Pflegebedürftige in Deutschland – in den nächsten 20 Jahren steigt diese Zahl nach offiziellen Schätzungen auf 3,4 Millionen. "Das Thema Pflege ist eine tickende Zeitbombe und hat eine genauso große Sprengkraft wie das viel diskutierte Thema Altersarmut", so Tillmann Lukosch, Vorstandsmitglied der R+V Krankenversicherung AG. So seien es überwiegend Frauen, die die Pflege von Angehörigen übernähmen. Und auch unter den Pflegebedürftigen seien aktuell doppelt so viele Frauen wie Männer. Aufgrund ihrer durchschnittlich fünf Jahre längeren Lebenserwartung hätten Frauen im Vergleich zu Männern ein viel höheres Risiko, im Alter zum Pflegefall zu werden.

Karriere-Risiko Pflege: Frauen stecken im Beruf zurück
Pflege findet vor allem in der Familie statt: 62 Prozent der Deutschen, die pflegebedürftige Angehörige haben, kümmern sich selbst um die Betreuung. Eine "typische Pflegende", so die R+V-Studie, ist 61 Jahre alt, verheiratet, hat zwei erwachsene Kinder, pflegt länger als drei Jahre und ist nicht berufstätig.Eine häufige Folge der Pflege: Frauen stecken im Beruf zurück – mit entsprechenden Konsequenzen für ihre eigene Altersversorgung. Aktuell sind nur 42 Prozent der Frauen, die Angehörige pflegen, überhaupt berufstätig, vorwiegend in Teilzeit. Und von diesen hat die Mehrheit ihre Arbeitszeit reduziert oder flexibler gestaltet, zusammen 52 Prozent. Beträgt die Dauer der Pflege drei Stunden täglich oder mehr, sind es sogar 69 Prozent, die Kompromisse im Job machen mussten.

Pflege kostet Zeit, Kraft und Nerven
Für die meisten Frauen ist Pflege so arbeitsintensiv wie ein Halbtagsjob: 53 Prozent der pflegenden Frauen verbringen täglich drei Stunden und mehr mit der Pflege. Doch auch bei berufstätigen Frauen sind es noch 37 Prozent, die diesen Pflegeaufwand jeden Tag zusätzlich leisten. Und das häufig jahrelang: 40 Prozent der pflegenden Frauen sind schon zwischen drei und zehn Jahren mit Pflege beschäftigt, neun Prozent sogar länger als zehn Jahre.

Konkrete Wünsche an die Politik
Kein Wunder, dass sich in der Studie 60 Prozent aller Deutschen eine bessere Vereinbarkeit von Pflege und Beruf wünschen – und damit knapp die Hälfte mehr als noch vor zwei Jahren (41 Prozent). Und die Bundesbürger sagen auch klar, von wem sie sich dabei Hilfe erwarten:Vor allem vom Staat (78 Prozent), aber auch von den Unternehmen (55 Prozent).
Pflegende Frauen haben an die Politik ganz konkrete Erwartungen - vor allem bei der häuslichen Pflege: An erster Stelle steht eine bessere Unterstützung für Menschen, die Angehörige zu Hause pflegen (88 Prozent). Dahinter folgen der Wunsch, dass der Staat die Qualität von Pflegeheimen überprüft (80 Prozent), sowie bessere Möglichkeiten, Pflege und Beruf zu vereinbaren (74 Prozent). Auf der Wunschliste stehen auch eine Erhöhung der Pflegesätze (66 Prozent) und mehr Pflegeheimplätze (47 Prozent).


Pflege kostet Geld - Sorge ums Vermögen
Die Mehrheit der Frauen, die demnächst mit einem Pflegefall in der Familie rechnen, will auf Erspartes zurückgreifen: 61 Prozent auf das des Pflegebedürftigen, 34 Prozent auf das eigene Sparbuch, 25 Prozent bitten weitere Familienangehörige zur Kasse. Rund ein Drittel (32 Prozent) rechnet damit, dass sie sich wegen der künftigen Pflegekosten finanziell einschränken müssen. Allerdings: 42 Prozent dieser Frauen gehen davon aus, dass die gesetzliche Pflegeversicherung alles abdeckt.

Grundlage der Studie
Die R+V-Studie "Weil Zukunft Pflege braucht" basiert auf zwei Umfragen des Instituts für Demoskopie Allensbach im September 2012: Grundlage für die erste Umfrage bilden 1.558 Interviews mit einem repräsentativen Querschnitt der Bevölkerung ab 16 Jahre. Zusätzlich erfolgte eine Umfrage unter einer repräsentativen Stichprobe von 539 Frauen, die bereits Familienangehörige pflegen oder in den nächsten Jahren damit rechnen.

Quelle: R+V Versicherung; Bild: © Wilhelmine Wulff /

Autor(en): versicherungsmagazin.de

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