Rechtliche Risiken werden häufig unterschätzt

Knapp zwei Drittel der Unternehmer in Deutschland sahen sich in den vergangenen fünf Jahren betrieblich Rechtsstreitigkeiten ausgesetzt. Das kam sie meist teuer zu stehen. Trotzdem sichern sich nur wenige finanziell mit einer Rechtsschutzversicherung ab, während eine Betriebshaftpflicht bereits Standard ist.

Deutsche Unternehmen fühlen sich durch rechtliche Risiken besonders gefährdet. Das ergab eine Studie, des in Köln ansässigen Marktforschungsinstituts im Auftrag der Roland Rechtsschutz-Versicherungs-AG. "Die Absicherung gegen rechtliche Risiken besitzt einen besonders hohen Stellenwert", sagt Psychonomics-Chef Professor Horst Müller-Peters. Dennoch gäbe nur jeder zweite Unternehmer (51 Prozent) an, über viel Erfahrung im Umgang mit rechtlichen Fragestellungen zu verfügen.

So überrascht das Fazit nicht, wonach rechtliche Risiken in deutschen Unternehmen allzu häufig unterschätzt werden. Nur fünf Prozent der in der Roland-Auftragsstudie befragten Firmen-Chefs fühlen sich durch rechtliche Risiken besonders gefährdet. In der Mehrheit der Fälle ist man in den Unternehmen der Überzeugung, ihre Firma sei gut oder sogar sehr gut gegen rechtliche Auseinandersetzungen gewappnet. Professor Müller-Peters: "De facto fehlt es jedoch bei 47 Prozent der Befragten an konkreter Erfahrung im Umgang mit rechtlichen Fragestellungen."

Die Psychonomics-Experten fanden heraus, dass hierzulande Rechtsstreitigkeiten in Unternehmen relativ häufig vorkommen:

- Über 62 Prozent der Befragten in den Unternehmen waren innerhalb der letzten fünf Jahre in mindestens einen Rechtsstreit verwickelt,

- sieben Prozent sogar in mehr als einen.

Das kam die Unternehmen teuer zu stehen. Knapp zehn Prozent der Rechtsfälle verursachen Kosten von über 50.000 Euro. Hochgerechnet gehen die Kosten demnach insgesamt in die Millionen. Allerdings sehen auch 44 Prozent der befragten Manager das eigene Unternehmen durch rechtliche Risiken weniger gefährdet als ihre Mitbewerber in derselben Branche. Hier zeige sich eine - menschlich nachvollziehbare, unternehmerisch jedoch gefährliche - Fehleinschätzung der Situation, betont Professor Müller-Peters. In den Unternehmen gehe man nämlich davon aus, dass grundsätzlich andere stärker gefährdet seien als man selbst.

Im Übrigen werden "Steuerhinterziehung" und "Arbeitsunfälle in Folge mangelhafter Sicherheitsvorkehrungen" als folgenreichstes Risiko genannt. Datenschutzverletzungen, unrichtige Angaben in der Werbung sowie Klagen von Mitarbeitern auf Wiedereinstellung spielen nach Auffassung der Befragten nur eine untergeordnete Rolle, wenn sie in Zusammenhang mit einer Gefährdung des Unternehmens gebracht werden. Internationales Recht, Produktsicherheit und Steuerrecht sind nach Ansicht der Befragten die herausragenden Rechtsthemen der nächsten zehn Jahre. Die Marktforscher stellten außerdem fest, dass die Betriebshaftpflicht-Versicherung in deutschen Unternehmen bereits zur Standardausstattung gehört. Doch nur drei Viertel der befragten Manager wussten von einer Rechtsschutzversicherung für das eigene Unternehmen.

"Viele Unternehmen - insbesondere kleinere Betriebe - stehen rechtlichen Auseinandersetzungen eher unvorbereitet gegenüber", sagt Professor Müller-Peters. Doch: "Je mehr persönliche Erfahrungen mit Rechtsstreitigkeiten vorliegen, desto besser sichern sich Unternehmen und Manager ab." Vor allem in den Chef-Etagen sei die Absicherung gegen Rechtsrisiken noch unzureichend, fanden die Marktforscher heraus. Nicht einmal ein Drittel der befragten Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder (29 Prozent) sind durch eine D&O-Versicherung (Manager-Haftpflicht) abgesichert und nur 17 Prozent besitzen einen Manager-Rechtsschutz.

Wenn allerdings jemand der Befragten bereits Erfahrung mit dem Thema Managerhaftung hatte, stieg hier auch der Durchdringungsgrad. Von ihnen haben bereits 38 Prozent eine D&O-Versicherung abgeschlossen. In 28 Prozent der Fälle besteht zumindest eine Manager-Rechtsschutzversicherung.

Autor(en): Ellen Bocquel

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