Rechtsschutzversicherer reagieren auf regionale Streitschwerpunkte

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Bei Rechtstreitigkeiten gibt es regional große Unterschiede. Das geht aus einer Studie der Generali-Tochter Advocard hervor. Mindestens drei Rechtsschutzversicherer haben auf diese Erkenntnis schon reagiert und wie in der Kfz-Versicherung unterschiedlich teure Regionalklassen eingeführt.

In Deutschland wird nicht nur mehr, sondern regional sehr unterschiedlich häufig gestritten. Das geht aus dem "Streitatlas 2017" hervor, den die Advocard Versicherung auf Basis der Auswertung von 1,7 Millionen Rechtsstreitigkeiten erstellt hat. Danach ist die Streitquote pro 100 Einwohner seit 2013 deutlich gestiegen. Sie liegt nun bei 25,1 Prozent. Ein Plus von rund 12,5 Prozent. Doch es wird nicht einheitlich häufig gestritten. Vor allem in Ballungszentren liegt die Streitquote deutlich höher. So liegt sie in Berlin bei 31,2 Prozent. In Hamburg und ganz NRW sind es jeweils 28,8 Prozent, während sie in Flächenstaaten wie Baden-Württemberg mit 23,2 und Bayern mit 21,3 Prozent deutlich niedriger liegt. Demgegenüber finden sich auch in der bayerischen Landeshauptstadt München Bezirke mit einer Streitquote von knapp 30 Prozent.

Allianz hat sieben Regionen
Auf diese großen regionalen Unterschiede haben mindestens drei Rechtsschutzversicherer schon reagiert. So bieten die Münchener Allianz und die Berliner Ideal Rechtsschutzversicherung wie in der Kfz-Versicherung unterschiedlich teurer Regionalklassen an. Zu ihrer Regionalstruktur wollte die Allianz gegenüber  Versicherungsmagazin "aus Wettbewerbsgründen", keine Stellung nehmen. Laut einer Pressemitteilung bietet das Unternehmen aber sieben Regionalklassen an.

Ein Online-Vergleich zeigt zudem, dass ein Kunde der in Berlin oder Köln wohnt pro Jahr für seinen "Allianz Privat- und Verkehrsrechtsschutz plus" rund 360 Euro pro Jahr zahlen muss. Wohnt er jedoch im bayerischen Vilshofen an der Donau kostet der gleiche Schutz nur 343 Euro und in Sprakebüll in Schleswig-Holstein würde der Kunde sogar nur 335 Euro zahlen. Damit wäre der Kunde aus dem hohen Norden gegenüber den genannten Großstädten um rund sieben Prozent günstiger.

20 Prozent Ersparnis bei Ideal und Huk-Coburg
Deutlich mehr sparen Kunden bei der Ideal Versicherung, wenn sie in einer günstigen Tarifzone wohnen. So kostet die „Ideal Privat- und Verkehrs-Rechtsschutz 60+“ im Familientarif in der Tarifzone 4 rund 221 Euro pro Jahr. Das gilt beispielsweise für die Postleitzahlenbereiche 10719 bis 10777 (Berliner Zone). In der Tarifzone 1 (etwa Postleitzahlenbereiche 22305 bis 22309; Hamburger Zone) sind es hingegen nur rund 176 Euro – oder eine Ersparnis von 20 Prozent. Die Tarifzonen orientieren sich laut dem Versicherer an einem Risikomodell der aktuariellen Beratungsgesellschaft Meyerthole, Siems, Kohlruss. In jeder Region und auch in den Großstädten sind alle vier Tarifzonen vertreten. Knapp zwei Drittel aller Postleitzahlen liegen aber in Tarifzone 1 und 2 – nur sechs Prozent befinden sich in Tarifzone 4.

Seit dem 1. Oktober 2017 kalkuliert auch die Huk-Coburg Rechtsschutzversicherung die Beiträge differenziert nach drei Regionen. "Die Beiträge spreizen um rund 20 Prozent", teilt der Versicherer mit. Auch die Huk-Coburg stellt fest, dass Städte und Ballungsräum teuer und ländliche Gebiete tendenziell günstiger sind.

Noch kaum Bewegung im Markt
Pragmatisch erläutert Rainer Jacobus Vorstandsvorsitzender der Ideal Versicherung die neue Risikodifferenzierung in der Rechtsschutzversicherung: "Die Prämien folgen mehr oder weniger der Anwaltsdichte." In der Stadt könne man meist mehr Streit erwarten. "Denn in der Nähe wohnt ein Anwalt", so Jacobus.

Bisher ist die Ideal der erste Maklerversicherer mit Regio-Struktur beim Rechtsschutz. Selbst die Advocard will ihre Erkenntnisse über regionale Streitschwerpunkte nicht nutzen. Auch die Ergo, die LVM, die Örag und die Roland tarifieren noch bundeweit einheitlich.

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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