Rentenreform: Kaum Entlastung für Altersarmut

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Die Rentenreform der großen Koalition heimst weiterhin viel Kritik ein. So sollen viele Mütter von der zusätzlichen Rente nichts spüren, weil sie sie mit der Grundsicherung verrechnen müssen. Nach einem Bericht des Spiegels wird die Zahl der Betroffenen auf 260.000 Seniorinnen geschätzt.

Gegenüber der Zeitschrift fordert Ulrike Mascher, Präsidentin des Sozialverbandes VdK, dass künftig gesetzliche Renten oder private Vorsorgeleistungen nicht vollständig auf die Grundsicherung im Alter angerechnet werden dürften. Damit liegt sie auf einer Linie mit dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), der seit Jahren dafür plädiert, dass die staatliche geförderte Riester-Rente bei Geringverdienern nicht durch die Verrechnung mit der Grundsicherung verpufft. „Wer zusätzlich privat vorsorgt, soll das später auch im Geldbeutel spüren“, heißt es beim GDV. Kritik gibt es zudem an der Rente mit 63.

Kritiker meinen: Beim eigentlichen Problem hat Regierung versagt
Auch hier würde die eigentlich von Sozialministerin Andrea Nahles anvisierte Zielgruppe gar nicht erreicht. Nutznießer seien vor allem männliche Facharbeiter. Sie würden überproportional die notwendigen 45 Beitragsjahre erarbeitet haben. Doch nach einer Berechnung des Max-Planck-Instituts für Sozialpolitik haben gerade diese Arbeiter im Schnitt ein Einkommen, das 25 Prozent über dem Durchschnitt liegt und würden selbst mit Abschlägen über eine auskömmliche Rente verfügen.
Beim tatsächliche Problem, der Absicherung der Arbeitskraft, viele körperlich tätige Arbeiter und Handwerker müssen aufgrund von Krankheit frühzeitig ihren Beruf aufgeben, hat die Bundesregierung nach Meinung der meisten Kritiker bisher vollkommen versagt. So soll die staatliche Erwerbsminderungsrente im Schnitt nur um 40 Euro pro Monat aufgestockt werden. Besser wäre es gewesen, auf die abschlagsfreie Rente mit 63 zu verzichten und die Erwerbsminderungsrenten stärker zu fördern, meint beispielsweise der Paritätische Wohlfahrtsverband.

Neue staatliche BU-Rente funktioniert nicht
Auch die steuerliche Förderung der Berufsunfähigkeitsversicherung (BU), die seit Anfang 2014 gilt, ist ein „Schuss in den Ofen“. Grund: Die hohen Steuervorteile gelten nur für solche Produkte, die im BU-Fall eine lebenslange Rente zahlen. Das ist gegenüber bisherigen Produkten, die in der Regel die Zeit bis zum regulären Renteneintritt absichern, vollkommen neu und nach einhelliger Kritik von Verbraucherschützern und Versicherungsbranche viel zu teuer. Die Produkte würden im Vergleich zu klassischen, nicht geförderten BU-Versicherungen, das Dreifache kosten. „Die gute Idee einen flächendeckenden Berufsunfähigkeitsschutz zu etablieren, verpufft im Nichts“, kritisiert Axel Kleinlein vom Bund der Versicherten. Bisher gibt es für die neue staatlich geförderte BU-Rente keine Produkte am Markt.

Viele Versicherungsvermittler stehen vor einem Problem

Da aber auch herkömmliche Berufsunfähigkeits-Versicherungen für Risikogruppen wie Handwerker oder körperlich schwer arbeitende Berufstätige längst unerschwinglich geworden sind, stehen viele Versicherungsvermittler vor einem Problem. Mittlerweile hat die Branche Schwere-Krankheiten-Policen auf den Markt gebracht, die zumindest einen Teil des BU-Risikos auffangen. Trotzdem bleibt die private BU-Police unersetzbar. Denn sie sichert zusätzlich den Fall ab, dass Betroffene aus psychischen Gründen ihren Beruf aufgeben müssen. Und der Anteil derjenigen, die aus diesem Grund aus dem Arbeitsleben ausscheiden müssen, ist in den letzten Jahren rapide gestiegen.

Daher plädieren Vermittler und Verbraucherschützer weiterhin an die Eigenverantwortung der Berufstätigen einen BU-Schutz möglichst in jungen Jahren abzuschließen. Dann vermeiden sie zumindest Aufschläge oder Ausschlüsse wegen Vorerkrankung.

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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