Run-Off-Geschäft als strategisches Instrument

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Lebensversicherer in Deutschland können sich zunehmend vorstellen, ihre Versicherungsbestände - zumindest teilweise - abzuwickeln, so der Tenor einer Umfrage von Willis Towers Watson.

Für immer mehr Lebensversicherer wird der Rückzug aus dem Neugeschäft oder Run-Off eine ernst zunehmende Geschäftsstrategie um Erträge zu generieren oder neue Spielräume für Wachstum in zukunftsträchtigen Bereichen zu zu schaffen. Dies zeigt eine Befragung der Unternehmensberatung Willis Towers Watson. "Es ist bemerkenswert, dass ein großer Anteil von Marktteilnehmern im Run-Off auch Perspektiven sieht", sagt Vorstandsmitglied Thomas Doyle, Vorstandmitglied der FWU AG, einem Finanzdienstleister, der die die Studie in Auftrag gegeben hat.

Teilbestände abwickeln, um die Profitabilität zu erhöhen
Während sich ein Drittel der Teilnehmer die Abwicklung eines (Teil-)Bestands überhaupt nicht vorstellen kann, stehen zwei Drittel einem Run-Off von Portfolios offen gegenüber. Viele rechnen für ihr Unternehmen mit einer wachsenden Bedeutung von Run-Off-Lösungen. Dies gelte insbesondere für einzelne Produktlinien, die unprofitabel seien oder eine ineffiziente Verwaltung hätten. In Frage kommen vor allem Bestände mit traditionellen Kapital- und Rentenversicherungen (47 Prozent), Produkte mit staatlicher Förderung (25) sowie fondsgebundene Lösungen (40).

Eine Abwicklung von Teilbeständen könne die Profitabilität und die Kapitalposition der Unternehmen verbessern, weiß Michael Klüttgens, Leiter der Versicherungsberatung bei Willis Towers Watson in Deutschland.

"Dieser Trend zeigt deutlich, wie Solvency II, die Zinszusatzreserve und zu geringe
Neugeschäftsvolumina die Unternehmen unter Druck setzen"
, Michael Klüttgens, Leiter
Versicherungsberatung, Willis Towers Watson, Deutschland

Einige Umfrageteilnehmer befürchten regulatorische und bilanzielle Hürden bei der Übertragung von Teilbeständen. Zu Recht wie Klüttgens erläutert: Das Outsourcing von Dienstleistungen in der Versicherungsbranche sei mehrwertsteuertechnisch problematisch.

Die wichtigsten Gründe für Run-Off-Entscheidungen:

  • hohe Kapitalanforderungen (87 Prozent)
  • hohe Garantien (80 Prozent)
  • zu geringe Produktprofitabilität (74 Prozent)
  • zu kleine Portfolios (61 Prozent)
Allerdings stehen den Run-Off-Aktivitäten auch einige Hürden gegenüber. Insbesondere der Vertrieb, sagen 73 Prozent der Vorstände, spreche sich oft gegen die Einstellung einer Produktlinie aus, da eine vollständige Produktpalette ein wichtiges Vertriebsargument sei. In diesem Zusammenhang glaubt die Mehrheit der Gesellschaften auch, dass die Entscheidung für eine Abwicklung häufig zu spät getroffen werde.

Noch kein Favorit auf dem Markt
Verschiedene Unternehmen bieten sich für den Transfers einzelner Bestände als Partner an: Neben
bekannten Run-Off-Plattformen stehen auch andere Erstversicherer sowie Rückversicherer, Private Equity-Investoren oder Finanzdienstleister zur Verfügung. Bei den Teilnehmern hat sich in dieser Frage noch kein klarer Favorit gezeigt. So könnten sich 13 Prozent vorstellen, einen Run-Off-Bestand an einen deutschen Erstversicherer zu verkaufen, jeweils zwölf Prozent an eine Run-Off-Plattform oder als Auslagerung an einen Dritten und zehn Prozent an einen Rückversicherer.

23 Prozent der Befragten haben schon einen Run-Off durchgeführt - davon hatte die Hälfte einen ausländischen Erstversicherer als Partner gewählt.

Die Studie "Run-Off-Perspektiven in der Lebensversicherung", wurde von der Unternehmensberatung Willis Towers Watson im Auftrag des Finanzdienstleisters FWU AG erstellt. Befragt wurden knapp 50 Versicherungsgesellschaften (Vorstände, leitendes Management) in den kontinentaleuropäischen Kernmärkten, davon über 20 in Deutschland.

Zum praktischen Ablauf eines Run-Offs können sie hier mehr erfahren.

Quelle: Willis Towers Watson
Bildquelle: © Light Impression/Fotolia.com

Autor(en): versicherungsmagazin.de

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