Schadenersatzansprüche von Kapitalanlegern: Musterverfahren und Sammelklage

Das Schicksal von zwei offenen Immobilienfonds, des SEB Immoinvest und des CS Euroreal, ist besiegelt. Beide sollen bis 2017 liquidiert werden. Die von diesen Abwicklungen betroffenen Anleger stehen nun vor der Frage, ob und in welcher Form sie sich gegenüber den Finanzdienstleistungsinstituten möglicherweise schadlos halten könnten, falls sie falsch beraten wurden.

In diesem Zusammenhang taucht die Frage nach so genannten Sammelklagen auf.
Experten der Anwaltskanzlei GRP Rainer erläutern: "Die Sammelklage im eigentlichen Sinne stammt aus dem US-Amerikanischen Recht und ist in dieser Form in Deutschland nicht zu finden. Im deutschen Recht wird jeweils einzelfallbezogen vorgegangen, unter besonderer Beachtung der individuellen Verhältnisse und Vorgänge." Dies habe für den einzelnen Anleger den Vorteil, dass er nicht in der Masse einer Sammelklage untergehe, sondern man sich seinem Fall individuell widme und für ihn die besten Erfolgschancen herausarbeiten könne.

Das einzige der Sammelklage ähnelnde deutsche Verfahren ist das so genannte Musterverfahren nach dem Gesetz über Musterverfahren in kapitalmarktrechtlichen Streitigkeiten (Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz - KapMuG), in dem von einem Oberlandesgericht über Rechtsfragen oder das Vorliegen oder Nichtvorliegen von anspruchsbegründenden Voraussetzungen entschieden werden kann.

Auf Basis einer solchen Entscheidung muss dann jeder einzelne Anleger noch einmal selbst seinen bestehenden Schadenersatzanspruch geltend machen. Der Musterentscheid bindet die jeweiligen Prozessgerichte allerdings hinsichtlich der entschiedenen Musterfrage. 
Ob betroffene Anleger eines offenen Immobilienfonds flsch beraten wurden werde sich in einem solchen Musterverfahren schwerlich klären lassen, weil es sich hierbei um einzelfallspezifische Details handele, die nicht Gegenstand eines Musterverfahrens sein könnten, lautet die Einschätzung der Juristen.

Ansatzpunkte dieser einzelfallbezogenen Fragen könne insbesondere sein, dass Anlegern ein solcher Fonds als äußerst sicher und mit jederzeitiger Verfügbarkeit ihres Kapitals dargestellt wurde. Hierin könne eine schuldhafte Falschberatung liegen, die zum Schadensersatzanspruch des Anlegers führen könne.
Ein weiterer Ansatzpunkt für eine Schadenersatzhaftung könnten Rückvergütungen sein, die die Bank für die Vermittlung des Fonds erhalten habe (Kick-Backs), ohne sie gegenüber dem Anleger offenzulegen. Auch verschwiegene Kick-Back-Zahlungen könnten nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes Schadenersatzansprüche auslösen. Zudem sei ein solches Musterverfahren ein zeitintensiver Prozess, an den sich die einzelnen Prozesse der Anleger als Folgeprozesse noch einmal anschlössen.

Quelle: GRP Rainer LLP

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Autor(en): versicherungsmagazin.de

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