Sicherer radeln mit Helm?

In Deutschland ist an jedem Vierten der circa 300.000 polizeilich gemeldeten Straßenverkehrsunfälle ein Fahrradfahrer beteiligt (2012: 74.955). Jede zehnte im Straßenverkehr getötete Person ist ein Fahrradfahrer. Während die Anzahl der im Straßenverkehr getöteten Personen insgesamt um 10,2 Prozent zurückging, stieg die Zahl der getöteten Fahrradfahrer um sieben Personen (knapp zwei Prozent) auf 406 an. Mehr als 40 Prozent der schweren Verletzungen bei Fahrradfahrern in Kollisionen mit Pkw sind Kopf- und Gehirnverletzungen. Diese entstehen doppelt so häufig durch den Aufprall auf den Boden wie durch den Anprall ans Fahrzeug. Aber nicht alle Fahrradunfälle gehen auf Kollisionen mit Kraftfahrzeugen zurück. Etwa ein Drittel aller schwerverletzten und getöteten Fahrradfahrer (rund 4.500 Fälle) kommen bei Alleinunfällen durch Sturz und sonstige Kollisionen zu Schaden.


"Ein deutlicher Rückgang der im Straßenverkehr verletzten oder getöteten Personen wird ohne ein besonderes Augenmerk auf die Fußgänger und Fahrradfahrer nicht zu erreichen sein", kommentierte Allianz Deutschland-Vorstand und Vorstandsvorsitzender der Allianz Versicherungs-AG Severin Moser, den Sicherheitsreport. Bei einem Fahrradunfall sei der einzige Schutz für den Kopf ein Fahrradhelm.Die Allianz fordere deswegen eine allgemeine Helmpflicht für Fahrrad- und Pedelec-Fahrer.

Ältere Verkehrsteilnehmer stark gefährdet
Verkehrsteilnehmer über 65 Jahre nehmen künftig einen wachsenden Anteil an der Bevölkerung ein und sind überproportional nichtmotorisiert (42 Prozent aller Wege der 65 bis 74-Jährigen und 45 Prozent aller Wege der über 74-Jährigen gegenüber 34 Prozent bei allem Altersklassen in Deutschland) unterwegs, insbesondere als Fußgänger. Bereits heute liegt der Anteil der getöteten Senioren über 65 Jahre als Fußgänger oder Radfahrer bei mehr als 50 Prozent (494 von 926 getöteten Fußgängern und Radfahrern jeden Alters). Das Risiko für Fußgänger und Radfahrer ist deshalb zu einem erheblichen Teil ein Risiko für Senioren.

Der Allianz-Report zeigt, dass besonders die Älteren mit einem Anteil von mehr als 50 Prozent zu den häufigsten Nutzern von Elektrorädern gehören (57 Prozent der über 60-Jährigen laut einer Studie der Deutschen Hochschule der Polizei). Die Gefahr: Elektrisch motorisierte Fahrräder wie Pedelecs erreichen ein höheres Geschwindigkeitsniveau und damit eine höhere Fahrleistung sowie Durchschnittsgeschwindigkeit als herkömmliche Fahrräder.

Senioren gehören mit rund fünf Prozent zu der Gruppe von Fahrradfahrern in Deutschland mit der niedrigsten Helmtragequote. Über alle Altersklassen hinweg liegt die Helmtragequote in Deutschland bei elf Prozent. Kinder tragen Helme bis ins Grundschulalter (Tragequote 56 Prozent); bei Jugendlichen (elf bis 16 Jahre) sinkt die Tragequote auf 19 Prozent und fällt bei 17- bis 30-Jährigen auf fünf Prozent. Der Versicherer hat sich für seine Forderung nach einer Fahrradhelmpflicht Unterstützung aus der Politik gesichert. Zusammen mit dem Bundesminister für Verkehr, Bau und Standentwicklung Dr. Peter Ramsauer stellte die Allianz auf dem Allianz Autotag einen Verkehrssicherheitsfilm "Fahrradfahren: Immer mit Helm!" vor.

Fahrradfreundlichere Verkehrsplanung nötig
Die Notwendigkeit einer Fahrradhelmpflicht in Deutschland politisch und gesellschaftlich umstritten. Der Allgemeine Deutsche Fahrrad Club (ADFC) lehnt im Gegensatz zu Allianz eine Helmpflicht strikt ab. Zweifellos könne ein Helm das Risiko von Kopfverletzungen verringern. Doch wo das freiwillige Tragen eines Helmes die Sicherheit erhöhe, könne eine Helmpflicht das genaue Gegenteil bewirken: Wenn weniger Menschen Rad führen, werde es für die verbliebenen Radfahrer gefährlicher, sagt Bettina Cibulski, Pressesprecherin des Vereins. "Wer die Sicherheit für alle Radfahrer nachhaltig erhöhen will, muss für mehr und nicht für weniger Radverkehr sorgen. Dazu brauchen wir eine fahrradfreundlichere Verkehrsplanung mit attraktiven Wegen und kürzeren Wartezeiten an Ampeln", lautet Cibulskis Position.

Mit dem Zwang zum Helm werde die Verantwortung für Unfälle auf die gefährdeten Radfahrer abgewälzt, obwohl auch der beste Helm keine Unfälle verhindern könne und seine Schutzwirkung stark überschätzt werde. Besser sei es, die Unfallursachen wirksam zu bekämpfen. Dem Radfahrer, der vor einen Lkw gerät, helfe kein Helm, sondern nur der sofortige Stillstand der Räder. So fordert der ADFC flächendeckend Tempo 30 in Wohngebieten und Abbiege-Assistenzsysteme für Lkw, die automatisch bremsen, sobald Menschen in den gefährdeten Bereich kommen. Hier näheren sich die Positionen der Allianz und des ADFCs an: Eine weitere Forderung des Sicherheitsreports ist die Einführung von Notbremssystemen mit Fußgängererkennung bei allen neuen Fahrzeugmodellen.

Bild: © Uschi Dreiucker/

Autor(en): versicherungsmagazin.de

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