So schlimm ist die BAP nicht

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Zum bevorstehenden Jahreswechsel stehen wieder eine Reihe Beitragsanpassungen in der privaten Krankenversicherung bevor. Das IGES-Institut hat im Auftrag der Debeka untersucht, was das bedeutet, und wer wie stark betroffen ist.

Die private Krankenversicherung (PKV) muss sich regelmäßig mit kritischer Berichterstattung zum Jahreswechsel auseinandersetzen, wenn die Mitteilungen über Beitragsanpassungen an die Kunden versandt werden. Das wäre nicht nötig, wenn der Gesetzgeber ein Anliegen der Branche konstruktiv aufnehmen und eine Glättung der Beitragsentwicklung ermöglichen würde, schreibt das IGES Institut in einer Studie, die frühere Studien zur Beitragsstabilität in der PKV fortschreibt.

Denn „die Versicherungsunternehmen können die Prämien nur unter bestimmten Voraussetzungen anpassen, die einige für die erforderliche Beitragshöhe mitentscheidende Faktoren nicht einbeziehen“, heißt es in der neuen Studie. So muss der Versicherer jährlich kalkulierte und tatsächliche Leistungen vergleichen und dem unabhängigen Treuhänder vorlegen.

Beitragssprünge vom Gesetz verursacht

Erst bei zehn Prozent Abweichung - oder bedingungsgemäß oft fünf Prozent - kann der Beitrag angepasst werden. Außerdem dürfen Versicherer Veränderungen in den Sterbetafeln nicht zeitnah berücksichtigen, sondern auch hier gilt eine Fünf Prozent-Schwelle. Kumulativ kann das zu größeren Beitragssprüngen führen, die den Betroffenen unangenehmer auffallen als gleichmäßige als regelmäßige, kleinere Erhöhungen, wie sie die gesetzliche Krankenversicherung beim Höchstbeitrag dank einer regelmäßigen Anpassung der Beitragsbemessungsgrenze erlebt.

Die zuletzt 2017 aufgelegte Studie wurde erneuert, wohl auch wegen einer besonders hohen Beitragsanpassung, die Auftraggeber Debeka zum Jahresbeginn 2021 umsetzen muss. Dies wird in der Beschreibung des Studienauftrags offen dargestellt und mit einem weiteren Effekt begründet, mit „einer notwendigen deutlichen Herabsetzung des Rechnungszinses“. Analysiert wurden die Beitragsentwicklungen im Bestand der Debeka über 20 Jahre, außerdem eine Extrapolation auf weitere zwei Jahre einschließlich der anstehenden Beitragsanpassung vorgenommen.

Stabiler Bestand

Der Debeka-Bestand ist einerseits nicht repräsentativ für die PKV, weil er außerordentlich einseitig auf Beihilfeberechtigte fokussiert ist. Andererseits ist er für die Forscher besonders attraktiv, weil die langfristige Beitragsentwicklung anders als bei anderen Krankenversicherern nicht durch eine Vielfalt an Tarifen und Tarifwechseln beeinflusst wird.

Allerdings bleiben trotzdem eine ganze Reihe Einflussfaktoren übrig, die die Studienautoren überaus akribisch, für den Leser aber auch hoch komplex nachzuvollziehen analysieren. Einbezogen wurden schon nur diejenigen knapp 796.000 versicherten Personen oder 32,4 Prozent aller Krankenvollversicherten, die mindestens 20 Jahre versichert sind und zu Beginn mindestens 21 Jahre alt waren, also Geburtsjahrgang 1979 und älter. Ausgeklammert blieben auch Personen mit Unterbrechungen der Krankenversicherung, selbst wenn Anwartschaften bestanden. Nahezu 90 Prozent der untersuchten Personen waren als Beamte versichert.

Einige Personen mit Auffälligkeiten

Aber es gab selbst in dieser Gruppe einige Personen mit Auffälligkeiten, die die Beitragsentwicklung beeinflussen. So hatten 2,8 Prozent der Teilnehmer mindestens einmal den Status zwischen Beihilfeberechtigung und keiner Beihilfeberechtigung gewechselt.

Die Versichertenstruktur ist altersmäßig dadurch beeinflusst, dass die Debeka erst seit 1977 Angestellte und Selbstständige als Vollversicherte aufnimmt, diese sind also jünger als die versicherten Beamten. Das spielt insofern eine Rolle, als Beitragsentlastungselemente erst bei älteren Versicherten zum Tragen kommen. Weiter sind manche Versicherungsverläufe durch Veränderungen bei den versicherten Leistungen und dem Selbstbehalt geprägt.

Die Monatsbeiträge liegen im analysierten Bestand für rund 98 Prozent der Beihilfeberechtigten zwischen 100 und 300 Euro, für knapp 89 Prozent der übrigen Vollversicherten zwischen 300 und 600 Euro. Es gibt wenige Ausreißer, und zwar auch nach unten, wie beispielsweise sehr alte und langjährige Versicherte, die beitragsfrei bleiben.

Im Mittel 2,2 Prozent Beitragsanpassung

Die mittlere Beitragsanpassung lag im untersuchten Bestand über 20 Jahre hin bei 2,2 Prozent pro Jahr. Die relativ schlimmste Entwicklung betraf das oberste Prozent des Bestands mit jahresdurchschnittlich 6,8 Prozent Steigerung. Dagegen konnte sich das unterste Prozent sogar über eine jahresdurchschnittliche Senkung um 1,5 Prozent freuen.

Im Weiteren unterteilt die Studie den Bestand in drei Statusgruppen, um den Einfluss von verschiedenen Anpassungsfaktoren leichter isolieren zu können. Die größte Gruppe mit gut 88 Prozent Anteil sind die durchgehend Beihilfeberechtigten. Knapp neun Prozent sind durchgehend in Nicht-Beihilfetarifen versichert gewesen. Die kleinste Gruppe sind mit knappunter drei Prozent Statuswechsler.

Arbeitgeberzuschüsse gleichen Anpassungen teilweise aus

Die relativ stärksten Beitragsanpassungen erlebt die letztgenannte Gruppe, offensichtlich als Konsequenz vor allem aus Verlusten der Beihilfeberechtigung. Allerdings weisen die Autoren darauf hin, dass diese Zuwächse durch Arbeitgeberzuschüsse zur Krankenversicherung teilweise wieder ausgeglichen werden. Generell stiegen die Nichtbeihilfetarife rascher an als die Beihilfetarife. Zudem erlebten hier vier von zehn Versicherten sprunghafte Beitragsanpassungen, wesentlich mehr als bei den Statuswechslern (31 Prozent) und den Beamten (13 Prozent).

Verantwortlich für diese Sprünge war "häufig eine Kombination aus einem sehr umfangreichen Leistungsumfang, einer Erhöhung des Leistungsumfangs, einer Erhöhung des Erstattungsprozentsatzes oder einer zusätzlich vereinbarten Beitragsermäßigung im Alter". Das traf auf ungefähr drei Viertel aller Versicherten mit sprunghaftem Beitragsanstieg zu. Beim Rest hingegen wäre es durch ein Handeln des Gesetzgebers möglich gewesen, die Beitragssprünge zu glätten.

Autor(en): Matthias Beenken

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