Im ersten Teil hat Steffen Rohr Sie in die Systematik des "Arbeitswelten-Hauses" eingeführt und auf einen Rundgang mitgenommen. Im zweiten Teil wirft Kai Wedekind einen vertiefenden Blick in einzelne Bauteile des Hauses, am Beispiel der Frage: Wie sieht das künftige Modell der (Zusammen-)Arbeit aus.
Im ersten Schritt nehmen wir einen Perspektivwechsel vor. Wir sind nun gedanklich Mitarbeitende im Versicherungsunternehmen, die zum sehr überwiegenden Teil in den vergangenen Monaten im Home-Office beziehungsweise im mobilen Arbeiten tätig waren. Eine Studie der Versicherungsforen Leipzig aus dem März 2021 hat herausgefunden, dass die Erwartungshaltung der Mitarbeitenden an die Unternehmen und Führungskräfte riesig ist. Über 80 Prozent der Befragten schätzte ein, dass die aktuell höhere Flexibilität von Arbeitszeit und -ort nachhaltig ausgebaut wird und damit die technischen, organisationalen sowie prozessualen Rahmenbedingungen verbessert werden.
Das Dach: Haben Sie eine "Next New Normal-Strategie"?
Gleichzeitig haben aber nur rund 25 Prozent der Unternehmen ein Zielbild. Sie wissen also, ob das Dach ihres Arbeitswelten-Hauses ein Flach- oder Spitzdach mit Ziegel oder Dachpappe sein soll. Sie erinnern sich an unseren ersten Teil? Die Vision, die Strategie für die Arbeitswelt der Zukunft bildet das Dach für alle Vorhaben. Würden Sie ohne eine Vorstellung ein Bauunternehmen beauftragen? Sicherlich nicht. Eine Möglichkeit der Zielstellung und der Vision des Vorhabens könnte zum Beispiel sein: „Die Flexibilisierung der Arbeitsmodelle soll die Voraussetzung für eine höhere Wertschöpfung im Unternehmen schaffen.“
Tragende Außenwände: Wie können wir (fast) allen gerecht werden?
Gehen wir mit dieser Vision einmal an die tragenden Außenwände, an die Arbeitsorte & -räume sowie Technik & Tools. Wollen wir die geforderte Flexibilität umsetzen, brauchen wir ein größeres Verständnis für die Individualität der Anforderungen. Das heißt, wir kommen am Activity-Based-Working-Ansatz für Konzeption der Räume und einen Persona-Ansatz für die Ausgestaltung der Technik gar nicht vorbei. Wir unternehmen somit den Versuch, die Individualität in handhabbare Scheiben zu schneiden und dem möglichst größten Teil der Belegschaft gerecht zu werden. Für beide Ansätze haben wir erfolgreiche Umsetzungen in der Versicherungswirtschaft gesehen und auch in Projekten begleitet.
Aber neue Zusammenarbeitsmodelle bedeuten nicht nur, Raum und Technik anzupassen (zum Beispiel mit zusätzlichen Bildschirmen, Ringlichtern und Kameratechnik), sondern auch am Fundament, der Organisation und Struktur, zu arbeiten. Genau das sehen wir in vielen Unternehmen: weg von ausgeprägten Hierarchien hin zu agileren Organisationformen bis hin zu unternehmensweiten strukturellen Veränderungen nach beispielsweise dem Spotify-Modell. Kaum ein Haus in dem nicht die Worte Squads, Chapter und Tribe zumindest einmal diskutiert werden.
Und wie schaut es im Flur, der Unternehmenskultur, aus?
Vom Dach zum Keller: Alle Räume unseres Hauses verbindet der Flur. Hier spüren wir die Kultur, wie Zugluft bei geöffnetem Fenster. Der Flur ist am schwersten zu verändern und genau hier aber am meisten zu tun, denn eine notwendige gestärkte Vertrauensbasis zwischen Mitarbeitenden und Führungskräften entsteht nicht von allein.
Den Umgang mit Selbstverantwortung und Freiräumen müssen sowohl Mitarbeitende als auch Führungskräfte lernen. Wir sehen bereits in einigen Unternehmen, dass sie ganze Programme aufsetzen, um die Befähigung und Begleitung der Verantwortungsübernahme und dem Umgang mit Mitgestaltungsmöglichkeiten zu lernen und zu üben.
Wer macht das Licht an und schafft Fühlbarkeit, sorgt für Stimmung?
Glücklicherweise sehen wir in den Versicherungsunternehmen hier ein Umdenken, denn das Thema Change und Kommunikation wird zunehmend von Anfang an mitgedacht. Die Kommunikation muss dabei sensibilisiert die verschiedenen Zielgruppen für den Wandel beachten und sie während der agilen Transformation begleiten.
Alle Maßnahmen sind aufeinander abzustimmen, denn sie sollen allen Orientierung bieten, Wissen vermitteln und Zeit zur Reflexion schaffen. Letztlich wollen wir unseren Flur, über den wir alles im Arbeitswelten-Haus erreichen, verändern und das braucht Ruhe, einen Plan und oft einen langen Atem.
Kai Wedekind ist Leiter Team Vertrieb & Service der Versicherungsforen Leipzig.
kai.wedekind@versicherungsforen.net
Autor(en): Kai Wedekind