Stationäre Pflegeeinrichtungen in Deutschland Mangelware

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Die Nachfrage nach stationärer Pflege in Deutschland ist weiter gestiegen. Dies hat das Statistische Bundesamt in seiner jüngst veröffentlichten Pflegestatistik bekanntgegeben. Bei den stationären Pflegeheimen liegt die Auslastung wieder deutlich über 90 Prozent. Die bundesweit tätige Pflegeheim-Beratung Terranus warnt die Politik angesichts dieser Zahlen davor, den Ausbau der stationären Pflege nicht voranzutreiben.

„Die Nachfrage nach stationärer Pflege ist real und sie steigt weiter – und zwar obwohl die Pflegepolitik seit Jahren alles daran setzt, die Pflege zu ambulantisieren“, behauptet der Geschäftsführer des Spezialmaklers aus Köln, Hermann Josef Thiel. „Wenn die Politik im Bund und in den Ländern nicht schnell umsteuert, droht uns schon bald eine massive Versorgungslücke.“

Gesamtzahl der Pflegebedürftigen erneut deutlich gestiegen
Das Statistische Bundesamt meldete in seiner Pflegestatistik für das Jahr 2015 einen Anstieg der stationär versorgten Pflegebedürftigen (Teil- und Vollzeit) um 4,3 Prozent seit der letzten Erfassung 2013. Die Gesamtzahl der Pflegebedürftigen ist ebenfalls erneut deutlich gestiegen, und zwar um neun Prozent.

Die Auslastung der stationären Pflegeheime lag laut Pflegestatistik 2015 bei über 90 Prozent. Inzwischen dürfte sie jedoch deutlich höher liegen – mit steigender Tendenz, glaubt Thiel. So seien in der Statistik noch nicht die Auswirkungen der neuen Landesheimgesetze erfasst. Diese sähen unter anderem in den bevölkerungsstarken Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg eine Einbettzimmerquote (NRW) beziehungsweise ein Mehrbettzimmerverbot vor (BW). Dadurch sinke aktuell das Platzangebot in diesen Ländern erheblich. Hinzu kämen die Auswirkungen des seit 1. Januar geltenden Pflegestärkungsgesetzes (PSG II), wodurch sich die Zahl der Leistungsempfänger der Pflegeversicherung deutlich erhöhe.

Zu wenige qualifizierte Pflegekräfte und auch noch zu alt
Kritisch betrachtet der Fachmann auch die Entwicklung der Altersstruktur bei den Pflegekräften: So ist laut Statistischem Bundesamt weniger als ein Fünftel der in der Pflege Beschäftigten jünger als 30 Jahre. „Qualifiziertes Pflegepersonal ist nicht nur äußerst knapp, sondern auch überaltert“, so Thiel. „Das bedeutet, dass wir das vorhandene Personal so effizient wie möglich einsetzen müssen.“ Thiel vertritt die Ansicht, dass der tatsächliche Anteil der pflegerischen Tätigkeiten an der Arbeitszeit in einer stationären Einrichtung deutlich höher liege als in der ambulanten Pflege, wo ein großer Teil der Arbeitszeit für die Anfahrt verwendet werde.

Ambulante Pflege zuhause - immer weniger möglich

Die Pflegeheimberatung Terranus geht davon aus und hofft im eigenen Interesse natürlich auch, dass die Nachfrage nach stationärer Pflege in den nächsten Jahren weiter steigen wird. „Es ist illusorisch, zu glauben, dem Anstieg pflegebedürftiger Menschen allein mit zusätzlichen ambulanten Angeboten Herr werden zu können“, so die Einschätzung von Thiel. „Angesichts der schrumpfenden Bevölkerung und zunehmender Individualisierung werden familiäre Konstellationen immer seltener, in denen sich eine ambulante Pflege zu Hause gut organisieren lässt.“

Hintergrundinformationen
Terranus ist Spezialmakler und Beratungsgesellschaft für Sozialimmobilien in Deutschland. Seit über 20 Jahren berät das Unternehmen Investoren und Betreiber in allen Fragen um den wirtschaftlichen Betrieb von Sozialimmobilien.

Text: Terranus; © guvendemir / istock

Autor(en): versicherungsmagazin.de

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