Trügerische Sicherheit auf Landstraßen

Deutsche Autobahnen sind die Rennstrecken der Möchtegern-Schumacher und in den vollgestopften Großstädten ist das Klima während des Berufsverkehrs aggressiv. Auf der Landstraße hingegen fühlen sich die Verkehrsteilnehmer sicherer als in der Stadt oder auf der Autobahn, belegt eine länderübergreifende Studie der Axa Versicherungen. Doch dieser Schein trügt, denn auf Landstraßen kommen jedes Jahr mehr Menschen ums Leben als auf allen anderen Straßen zusammen. Die aktuellen Crashtests der Axa und der Dekra zeigen die häufigsten Unfallszenarien und sollen die Verkehrsteilnehmer für die Risiken und Gefahren auf Landstraßen sensibilisieren.

Hindernisse am Straßenrand, riskante Überholmanöver sowie unübersichtliche Kurven, Kreuzungen und Einmündungen sind die Ursachen für schwere Unfälle. Vielen Autofahrern ist nicht bewusst, dass auf den Landstraßen die unterschiedlichsten Verkehrsteilnehmer unterwegs sind: Motorräder, Personenwagen, Transportfahrzeuge und landwirtschaftliche Maschinen, aber auch Fußgänger, Fahrradfahrer und Reiter. Die Interessen von Berufsverkehr und Freizeitvergnügen überschneiden sich. "Häufig befahren die Verkehrsteilnehmer immer wieder dieselben Strecken in ihrer Region", sagt Anton Brunner, Leiter der Unfallforschung der Axa Winterthur Schweiz, "sie wiegen sich deshalb in Sicherheit und neigen zu überhöhter Geschwindigkeit."

Noch viele Möglichkeiten Unfälle zu reduzieren
2007 kamen in der Schweiz bei insgesamt 5.606 Unfällen ausserorts 196 Personen ums Leben, 1.527 wurden schwer verletzt. Dies ergibt 26 Verkehrsopfer auf eine Million Einwohner. In Deutschland liegt der Schnitt mit 36 Personen je eine Million Einwohner noch höher - insgesamt waren auf deutschen Landstraßen 3.012 Verkehrsopfer zu beklagen. Die Anzahl der Verkehrstoten konnte in beiden Ländern in den vergangenen 15 Jahren auf die Hälfte verringert werden. Experten glauben, dass durch die Sensibilisierung der Fahrer, durch straßenbauliche Maßnahmen und verbesserter Fahrzeugsicherheit die Unfälle weiter reduziert werden können.


Fahrzeugtechnik allein reicht nicht aus
Im Bereich der Fahrzeugtechnik hat sich in den vergangenen Jahren viel bewegt. In Deutschland (2007) verfügen Neuwagen in der Regel standardmäßig über Fahrer- und Beifahrerairbags (97%) und ABS (95%). Die Ausrüstungsquote mit Seitenairbags (78%), elektronischen Stabilitätsprogrammen (67%) und Xenonscheinwerfern (28%) nimmt laufend zu. Eine Studie der Deutschen Bundesanstalt für Straßenwesen hat jedoch gezeigt, dass aktive Fahrsicherheitssysteme wie ESP vor allem zur Vermeidung von Unfällen dienen, jedoch nur geringen Einfluss auf die Unfallschwere haben. Dies zeigen auch die Crashtests von Axa und Dekra. "Um die Unfallschwere zu verringern, reicht die Fahrzeugtechnik alleine nicht aus", erklärt Anton Brunner, "die Lenker müssen sich den Risiken der Landstraße bewusst werden und ihre Fahrweise entsprechend anpassen."

Büsche statt Bäume
Bäume am Straßenrand gehören zum typischen Erscheinungsbild von Landstraßen. Ursprünglich diente das Wurzelwerk dieser Bäume als Erosionsschutz für die meist unbefestigten Straßen - ihr Blätterdach schützte Reisende vor Sonne und Wind. Heutzutage überwiegen jedoch die Nachteile: Als Hindernisse am Straßenrand erhöhen Bäume das Verletzungs- und Tötungsrisiko sowie den Sachschaden bei Unfällen. Bei Sturm und Schneefall gefährden umstürzende Bäume und herabfallende Äste die Sicherheit, bei Sonnenschein löst der schnelle Wechsel zwischen Licht und Schatten ein Flackern aus und irritiert die Lenker. Bei Regen können nasse Blätter zu einer rutschigen Fahrbahn führen. "Trotz eindeutiger Nachteile werden auch heute noch Bäume am Straßenrand nachgepflanzt - meist aus ästhetischen Gründen", erklärt Brunner, "dabei würden Büsche diesen Zweck ebenso erfüllen und zudem Fahrzeuge, die von der Fahrbahn abkommen, verlangsamen ohne die Insassen zu gefährden."

Gefährliche Überholmanöver
Die zweithäufigste Ursache für tödliche Unfälle auf der Landstrasse sind Frontalkollisionen. Der Grund dafür sind meist riskante Überholmanöver, für welche die Gegenfahrbahn genutzt wird. "Unerfahrene Lenker schätzen die benötigte Überholstrecke falsch ein oder nutzen auch schlecht einsehbare Stecken zum Überholen", gibt Jörg Ahlgrimm von der Dekra zu bedenken. "Die eingesparte Fahrtzeit steht dabei in keinem Verhältnis zum Risiko eines schweren Unfalls."

Risiko an Knotenpunkten
Ein weiteres Risiko auf Landstraßen stellen Kreuzungen und Einmündungen dar, da sie oft schlecht einsehbar sind. Besonders Motorradfahrer werden aufgrund ihrer schmalen Silhouette und der hohen Beschleunigung zu spät erkannt. An Knotenpunkten ist deshalb bei allen Verkehrteilnehmern besondere Vorsicht gefragt, auch wenn sie Vortritt haben. Handlungsbedarf besteht aber auch bei Einmündungen von Privatstraßen und Feldwegen in Landstraßen: Sie sind in der Regel kaum gekennzeichet.

Nähere Informationen zu den Crashtests gibt es .

Bild: Axa

Autor(en): Versicherungsmagazin

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