Veränderte Bedingungen zwingen die Branche zum Umsteuern

Die deutschen Versicherer stehen nach zehn Jahren, in denen das Wachstum der Sparte Leben stark von Einmaleffekten getrieben wurde, vor der Aufgabe, ihr Geschäftsmodell an sich ändernde Rahmenbedingungen anzupassen. So eine Analyse von zeb/, spezialisiert auf die Beratung von Unternehmen der Finanzdienstleistungsbranche.

Weitere Details: Versicherer müssten ihre Anstrengungen im Bereich Leben deutlich verstärken, wollten sie die Lebensversicherung in starker Konkurrenz zu anderen Instrumenten als geeignetes Vorsorgeprodukt positionieren und diese Sparte ertragreich betreiben. Zumal bei unveränderten Strategien und Kundenverhalten ein Rückgang des Neugeschäfts in den nächsten zehn Jahren zu erwarten sei.

Aktuell geht die Unternehmensgruppe davon aus, dass der Umfang im Lebensversicherungs-Neugeschäft von deutschen Versicherern ohne weitere Nachfrageaktivierung um circa zehn Prozent von aktuell circa 157 Milliarden Euro (2010) auf circa 142 Milliarden Euro im Jahr 2020 sinken werde, sodass sich der Wettbewerb unter den Anbietern und die Kostensituation deutlich verschärfen dürfte. zeb/ erwartet, dass sich die externen Rahmenbedingungen für das Geschäftsmodell der Lebensversicherung bis 2020 grundlegend ändern werden. Die wichtigsten Einflussfaktoren seien:

Sozio-demografische Entwicklung als Mega-Trend:
Die Abnahme der Jüngeren führe zu einem insgesamt sinkenden Potenzial für Lebensversicherungsprodukte gegen laufenden Beitrag. Die Zunahme der vermögenden Älteren (55+) mit Bedarf an Vermögenssicherung eröffne hingegen Wachstumschancen im Bereich Einmalbeitragsprodukte und Pflegeversicherungsprodukte. Zudem stelle die Absicherung des Langlebigkeitsrisikos für eine immer älter werdende Bevölkerung die Versicherer in der Produktgestaltung vor weitere Herausforderungen.

Solvency II und Transparenzanforderungen als Kostentreiber:
Einmalige und laufende Kosten für die Umsetzung der Solvency-II-Richtlinie ab 2013 sowie eine stärkere Eigenmittelunterlegung nach Solvency II – insbesondere für langfristige Garantien und bestimmte Asset-Klassen in der Kapitalanlage – würden die Eigenkapitalrendite der LVU schmälern. Die weitere Stärkung des Verbraucherschutzes und die damit einhergehende Transparenz in der Gebührenstruktur könnten zu einer Verschiebung hin zu günstigeren Anbietern von Lebensversicherungen und somit auch einem Preiswettbewerb führen.

Kapitalmarktentwicklung beengt Produktgestaltung:
Die Garantien im aktuellen Bestand (durchschnittlich 3,4 %) seien derzeit für die Lebensversicherer schwierig zu bedienen. Die Versicherer stehen vor der Herausforderung, einerseits ihren Kunden renditestarke und sichere Lebensversicherungsprodukte zu bieten und andererseits die internen Renditevorgaben zu erwirtschaften.

Vorsorge-Substitute als zusätzlicher Wettbewerber:
Lebensversicherer stünden – wie politisch gewollt – vermehrt im Wettbewerb mit anderen Finanzdienstleistungsprodukten, die den Bedarf an Vorsorge abbilden können (z. B. Einmalprodukte und Fonds). Dadurch sänken die Marktchancen für LV-Produkte. Die alleinige Absicherung biometrischer Risiken als Alleinstellungsmerkmal der Versicherer böte ein unzureichende Kompensationsmöglichkeit für den erwarteten Rückgang im Neugeschäft.

Rückzug des Staates als Chance für die privaten Versicherer:
Der Rückzug des Staates aus der Vollversorgung aufgrund von steigenden Haushaltsdefiziten werde sich weiter beschleunigen. Die Versicherer stünden vor dem Problem, die Nachfrage nach privater Vorsorge zur Schließung der Rentenlücke und zur Absicherung des Langlebigkeitsrisikos weiter zu aktivieren. Dies, z. B. durch zielgruppenspezifische Produktentwicklung, sei den Versicherern nach Ansicht von zeb/ bislang nicht in vollem Umfang gelungen.

Sinkende Neugeschäftschancen in der LV-Sparte:
Ein Rückgang des Leben-Neugeschäfts um zehn Prozent bis 2020 werde insgesamt einen Rückgang der Vertriebsprovisionen über alle Sparten von rund fünf Prozent bedeuten. Das hätte erhebliche Auswirkungen auf die Vertriebswege und die Vertriebskanalsteuerung der Versicherer.

Insgesamt beurteilt zeb/ die Perspektiven der Lebensversicherung positiv. Der Bedarf an Altersvorsorge zur Sicherung des Einkommens und zur Absicherung eines möglichen Pflegefalls werde massiv zunehmen. Die Versicherer, die sich heute auf die neuen Bedarfe der Zielkunden einstellten, würden auch in Zukunft erfolgreich am Markt sein.

Quelle: zeb/rolfes.schierenbeck.associates

Autor(en): versicherungsmagazin.de

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