Verbraucherschützer rechnen mit „Enkelpolicen“ ab

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Fondsgebundene Rentenversicherung sind nach Meinung des Bund der Versicherten (BdV) „nie“ die richtige Art der Altersvorsorge. Der Ergo Kidspolice wurde daher – stellvertretend für alle Rentenversicherung für Kinder - ein Negativpreis verliehen. Der Versicherer wehrt sich energisch.

Für Kinder sind Rentenversicherung grundsätzlich nicht empfehlenswert. Zu diesem Fazit kommt zumindest der Rechtsanwalt Achim Tiffe, in seiner Begründung für den Negativpreis „Versicherungskäse 2022, den der BdV an die Ergo Kidspolice verliehen hat. Tiffe begründet seine Kritik an der Fondspolice mit einer Musterrechnung, die aber allein auf den Garantiewert der Police abzielt. Danach müsste ein neunjähriges Kind, für das bis 2080, also 58 Jahre, jeweils 25 Euro pro Monat einbezahlt werden, ein Alter von 219 erreichen, um seine Beiträge garantiert zurückzuerhalten.

Die Überschussrechnung der Ergo, die eine „sehr hohe Rente darstellt“ wird hingegen nicht in gleicher Weise hochgerechnet. Stattdessen verweist Verbraucheranwalt Tiffe auf „Beispiele aus der Praxis“, die zeigen würden, dass der Wert von Kapitallebens- und Rentenversicherungen selbst nach vielen Jahren teilweise noch nicht einmal annähernd den Betrag der eingezahlten Beiträge erreicht. Konkrete Daten nennt er nicht. Hohe Kosten und eine nur teilweise Einzahlung der Beiträge in Indexfonds oder ETFs machten die Angebote unrentabel.

Steuerliche Vorteile und Renditechancen aus der Fondsanlage

Die Ergo-Versicherung wehrt sich gegen die nach ihrer Ansicht „pauschalen Kritik des BdV“ an ihrer Police. „Das Produkt bietet eine passende Antwort auf berechtigte Sorgen vieler Kundinnen und Kunden – vor allem von Eltern und Großeltern, die auf der Suche nach renditestarken Anlageoptionen für Kinder und Jugendliche für den frühzeitigen und langfristigen Vermögensaufbau sind“, so die Ergo in einem Statement auf Anfrage. Nach Meinung der Assekuranz sind fondsgebundene Rentenversicherungen sehr gut zur frühzeitigen und langfristigen Kapitalbildung geeignet. Es gäbe steuerliche Vorteile und Renditechancen aus der Fondsanlage.

„Bei unseren Kidspolicen werden während der Ansparphase bis zur Auszahlung keine Steuern erhoben, so dass das angesammelte Kapital bis ins hohe Alter steuerlich optimiert weiter angelegt bleiben kann“, erläutert der Versicherer. Gleichzeitig verweist die Ergo darauf, dass allein Lebensversicherer das „Risiko“ der Langlebigkeit über eine echte Verrentung absichern können. „Das bedeutet eine lebenslange garantierte Rente, so dass es im Ruhestand nicht zu ungeplanten finanziellen Einbußen kommt“, so der Versicherer. Zudem würden in Zeiten von Null- und Negativzinsen traditionelle Sparformen als Anlage für Kinder und Jugendliche kaum noch lohnen.

Sicherheitsorientierte und nachhaltige Produktvarianten

Ein frühzeitiger Start in der Anlage hilft dabei die Beiträge für den Kunden langfristig niedrig zu halten und später im Leben deutlich höhere Leistungen zu ermöglichen. Bei der Konzeption der Kidspolicen habe man zudem die unterschiedlichen Wünsche der Kunden berücksichtigt. So gebe es sicherheitsorientierte, kapitalmarktorientierte und nachhaltige Produktvarianten. Gleichzeitig betont die Ergo die hohe Flexibilität des Angebots. So wären kostenlose Kapitalentnahmen vor Rentenbeginn ab 500 Euro bis zu zweimal im Jahr und Zuzahlungen ab 100 Euro bis zu vier Mal im Jahr möglich.

Eltern sollen direkt in ETFs sparen

Demgegenüber verweist Kritiker Tiffe darauf, dass bei der langen Laufzeit in der Regel die Eltern und Großeltern die Leistungen irgendwann einstellen müssen. „Den Kindern wird hier vermutlich oft ein Versicherungsvertrag aufgedrängt, den sie nicht selbst ausgesucht haben und dann ein Leben lang weiter bedienen sollen.“ Tiffe rechnet daher mit einer hohen Abbruchquote und Verluste für die Versicherten. „Wenn Erwachsene für Kinder sparen wollen, dann sollen sie es mit dafür geeigneten Produkten wie Sparverträgen oder Investmentfonds tun, am besten kostengünstig als ETFs“, empfiehlt der Verbraucherschützer, der hauptberuflich Unternehmer und Verbraucher berät, die Schwierigkeiten mit Banken und Versicherungen haben.

Im Streit um eine frühzeitig „gute“ Altersvorsorge sind die Fronten zwischen Versicherern und Verbraucherschützern deutlich festgefahren Für Vermittler ist die Diskussion aber hilfreich. Immer mehr Versicherungsvermittler stellen sich nämlich deutlich „breiter auf“, wie Frank Rottenbacher, Vorstand des Bundesverband Finanzdienstleistung (AfW) unlängst auf einer Tagung feststellte. Viele Vermittler würden zusätzlich Finanzanlagen und Immobiliendarlehen beraten. Damit könnten sie in der Regel allen Kundenwünschen nachkommen.

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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