Versicherer - Leuchttürme im Sturm der Krise?

Trotz der Finanzkrise wiesen die deutschen Lebensversicherer Ende 2008 saldierte stille Reserven von 10,4 Milliarden Euro aus. Dies entspricht rund 1,5 Prozent der gesamten Kapitalanlagen, wie aus dem Jahresbericht 2008 der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht () hervorgeht. Dieser gibt auch einen Einblick in die Ergebnisse der Stresstests, denen sich viele Unternehmen der Branche Ende 2008 unterzogen haben.

Bislang gilt die Assekuranz den Aufsehern offenbar als stabilisierendes Element in der Krise, obwohl die Nettoverzinsung der Lebensversicherer 2008 laut BaFin auf 3,4 Prozent und damit deutlich unter das Niveau der Vorjahre gesunken ist. Grundsätzlich könne nicht ausgeschlossen werden, dass Versicherer illiquide werden könnten, so Thomas Steffen, Exekutivdirektor der Versicherungsaufsicht. Ein Indiz dafür sind die Ende 2008 von der BaFin vorgenommenen Stresstests, über die im Jahresbericht bilanziert wird.

Von den 96 getesteten Lebensversicherern fiel nur einer mit einem „leicht negativen Ergebnis“ durch - 2007 waren es zwei Gesellschaften. Laut BaFin handelt es sich bei dem Betroffenen um ein „kleineres Unternehmen“. Namen werden von der Behörde bei Schieflagen naturgemäß nicht genannt, solange kein Sonderbeauftragter eingesetzt ist.

44 Kranken- und 186 Schaden- und Unfallversicherer unter der Lupe
Bei den privaten Krankenversicherern wurden 44 Gesellschaften in den Stresstest einbezogen. Wie schon 2007 fiel ein Anbieter mit „negativen Werten“ auf. Es seien inzwischen „Maßnahmen zur Wiederherstellung der Risikotragfähigkeit eingeleitet“ worden. Nicht ganz so glimpflich ging der Stresstest für die Schaden- und Unfallversicherer aus: Von 186 Anbietern bestanden sieben (2007: acht) Versicherer den Testlauf nicht. Fünf davon fielen gleich mit negativen Ergebnissen in allen vier Kapitalmarkt-Szenarien auf.

Betriebliche Versorgungswerke konnten sich den Kapitalmarktrisiken schlechter entziehen als die Lebensversicherer. Von 126 getesteten Pensionskassen glänzten zwar 118 mit positiven Ergebnissen in allen vier Szenarien, doch acht Pensionskassen wiesen eine „in der Regel geringe Unterdeckung auf“ und mussten noch 2008 Maßnahmen ergreifen, um ihre Risikotragfähigkeit wieder herzustellen. Bei Pensionsfonds waren zum 31. Oktober 2008 von der BaFin Prognose-Rechnungen verlangt worden. Sanierungspläne wegen akuter Unterdeckung mussten nicht aufgestellt und genehmigt werden. Allerdings scheint es dennoch Probleme gegeben zu haben. „Möglichen Engpässen in der Bedeckung garantierter Mindestleistungen oder in der Ausstattung mit Eigenmitteln konnte frühzeitig gegengesteuert werden“, heißt es im Jahresbericht.

Europäischer Stresstest soll Anfang 2010 kommen
Mit der Zielsetzung der Finanzmarktstabilität arbeiten die europäischen Aufseher aktuell an einem europäischen Stresstest, berichtete Steffen. Bereits Anfang 2010 sollen 30 große europäische Versicherer, darunter auch drei deutsche, den neuen Test anwenden müssen. Bei den nationalen Überprüfungen wird bisher im Wesentlichen untersucht, wie sich die Risikotragfähigkeit bei Verfall bestimmter Vermögenswerte (Aktien, festverzinsliche Wertpapiere, Immobilien) ändert. Erstmals will man europaweit auch die Liquidität unter die Lupe nehmen.

Im Vorjahr hatte die BaFin 58 Versicherer „vor Ort“ geprüft. Hinzu kamen so genannte Aufsichtsgespräche mit Vorständen in der Behörde. Für 2009 soll die Zahl solcher Vor-Ort-Prüfungen erhöht werden. Dabei dürfte es weniger um Kundenbeschwerden als vielmehr um die Liquidität und stetige Erfüllbarkeit der Verträge gehen.

Die Zahl der Beschwerden war 2008 mit 15.111 etwa so hoch wie 2007 (15.425). 31,5 Prozent gingen positiv für den Kunden aus (2007: 33,0 Prozent). Den meisten Unmut gab es wiederum in der Lebensversicherung mit knapp 5.000 Beschwerden - vor allem wegen vermeintlich zu geringer Leistung. Negativ aufgefallen sind dabei unter anderem Aspecta, HDI Gerling, Nürnberger und Zurich/Deutscher Herold. Perspektivisch könnten auch die Beschwerden bei der Allianz Leben steigen, die mit 3,62 Beschwerden pro 100.000 Kunden ohnehin nicht zu den kundenfreundlichsten Anbietern zählt.

Einbußen bei den Kapitalanlagen der Allianz tragen die Versicherten
Viele Kunden dürften noch gar nicht gemerkt haben, dass der größte deutsche Lebensversicherer 2008 eine sagenhaft hohe Eigenkapitalrendite von 24,7 Prozent geschafft hat, an der Aktionäre aber deutlich besser als die Kunden partizipieren. So schüttete die Allianz wie schon 2007 eine Dividende von 357 Millionen Euro an die Aktionäre aus. In die Rückstellung für Beitragsrückerstattung (RfB), den Gewinntopf der Lebensversicherten, flossen nur noch 917 Millionen Euro - fast 1,73 Milliarden Euro weniger als im Jahr zuvor. Somit schultern die Kunden quasi ganz allein die Einbußen bei den Kapitalanlagen, die die Allianz mit rund 1,3 Milliarden Euro beziffert.

Autor(en): Detlef Pohl

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