Versicherungsmakler: Ohne Erfahrung keine BU-Schadenregulierung betreuen

740px 535px
Versicherungsmakler, die keine Erfahrung in der Regulierung von Berufsunfähigkeitsschäden (BU) haben, sollten ihren Kunden frühzeitig an einen Experten verweisen. Passiert bei der Beratung ein schwerer Fehler, zahlt die Vermögensschadenhaftpflicht (VSH) nicht in allen Fällen. "Wir müssen immer den Einzelfall prüfen“" heißt es bei der Domcura AG aus Kiel. Versichert sei die Serviceleistung des Maklers im Schadenfall nur, wenn es sich um eine rechtlich zulässige Hilfestellung handelt. Da man bei der BU-Schadenregulierung viele rechtliche Hintergründe beachten muss, kann der schmale Grat zur unerlaubten Rechtsberatung schnell überschritten sein.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hat jüngst sogar die Meinung vertreten, dass der Versicherungsmakler in den Anwendungsbereich des Rechtsberatungsgesetzes (RDG) gerät, wenn er einen Schadensfall aufbereitet und das "Ob" und "Wie" der Regulierung beim Versicherer verbleibt. "Diese sehr weite Auslegung wird jedoch nach unserer Einschätzung zu Recht kritisiert", sagt VSH-Experte Marc Hinrichsen von der Hans John Versicherungsmakler GmbH aus Hamburg.

Hohes Risiko
Die Risikolage bei der BU-Schadenregulierung steigt, je weiter der Fall voranschreitet. Selbst die einfache Anzeige eines BU-Falls birgt Risiken. "Bei den Bedingungen aus den 90er-Jahren sind meistens Meldefristen zu beachten", sagt Michael Ratzmann, Versicherungsberater aus Rattelsdorf bei Bamberg. Zudem gelte es immer zu prüfen, ob es aufgrund eines hohen privaten Krankentagegeldes nicht besser ist, mit einem BU-Antrag noch zu warten. Schon beim Ausfüllen des vom Versicherer zugesandten Meldeformulars, das oft bis zu 30 Seiten umfasst, müssten man etwa bei 20 Prozent der Fragen die Rechtsprechung beachtet.

Ratzmann: "So muss das Berufsbild laut dem Bundesgerichtshof so dargestellt werden, wie es in gesunden Tagen konkret ausgesehen hat." Ein hohes Schadenpotenzial bergen laut dem Experten zudem widersprüchlichen Aussagen der Ärzte des Versicherten. Zudem könnten erfahrene Berater zu Gunsten des Versicherten die Gutachterauswahl beeinflussen

BMVF bietet Mitglieder kostenfreien Service
Neben Ratzmann gilt im Bundesverband der Versicherungsberater BVVB vor allem Frank Begas aus Memmingen als ausgemachter Experte für die Leistungsregulierung in der BU. Ratzmann hat nach eigenen Angaben bereits 400 Fälle betreut. Demgegenüber kooperiert der Bundesverband mittelständischer Versicherungs- und Finanzmakler (BMVF) aus Hagen mit einer "renommierten Fachanwaltskanzlei".

Für Mitglieder des Verbandes ist die Rechtsberatung der Kunden kostenfrei. "Die Bearbeitung sollte schon von Beginn an spezialisierten Fachanwälten überlassen werden, da die Materie komplex und nicht frei von Tücken ist", rät BMVF-Geschäftsführerin Silke Albers-Heise. Empfehlen Versicherungsmakler ihrem Kunden erfolgreich einen Berater oder Fachanwalt, dürfte das die Kundentreue deutlich erhöhen.

Die Kostenfrage
Vor der Meldung des Leistungsfalls kann nach Einschätzung von Ratzmann noch immer eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen werden: "Der Kunde weiß ja noch nicht, ob er tatsächlich berufsunfähig ist.". Der Rechtsschutzfall tritt ein, wenn der Versicherer eine BU-Leistung ablehnt oder einen Vergleich anbietet. Allein Verletzungen der vorvertraglichen Anzeigepflicht sind nur gedeckt, wenn die Rechtsschutzpolice vor dem Antrag zur Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen wurde.

Auf potenziell Berufsunfähige, die die Beratung selbst zahlen müssen, kommen je nach Aufwand Honorarkosten von 1.500 bis 5.000 Euro zu. "Es gibt sehr unterschiedliche Finanzierungsmodelle am Markt", so Ratzmann. So arbeiteten einige Berater mit einem Pauschalhonorar für die "erste Sichtung" oder mit Erfolgshonoraren. Die Erfolgshonorierung gilt aber allgemein als Ausnahmefall. Sie darf nur dann genutzt werden, wenn der Ratsuchende aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse anderenfalls sofort aufgeben müsste. Selbst verschafft sich Experte Ratzmann in einem langen unverbindlichem Erstgespräch einen Eindruck über den Fall und Kunden.

Gute Verträge auch im Schadenfall betreuen

Nicht alle Versicherungsmakler befolgen aber den Rat von VSH-Experten, von der BU-Schadenregulierung lieber die Finger zu lassen. "Ich finde das Kollegen viel eher angreifbar sind, wenn sie im Schadenfall keine Unterstützung leisten", sagt Matthias Hellberg, Versicherungsmakler aus Osnabrück. Das gelte natürlich nur für selbst vermittelte Verträge und bei einer tatsächlichen Kompetenz im Bereich der BU. Bisher hat Hellberg knapp 20 BU-Schäden in vollem Umfang begleitet. "Bis auf einen Kunden haben alle eine BU-Rente erhalten", so Hellberg. Das sei kein Zufallseffekt, sondern auch ein Resultat einer hochprofessionellen Beratung. "Wir sorgen beispielsweise dafür, dass unsere Kunden bei der Beantwortung der Gesundheitsfragen höllisch auspassen."

Auch die Wahl des Versicherers sei entscheidend. Das bestätigt Berater Ratzmann. "Es gibt Versicherer mit denen ein sachliches Gespräch jederzeit möglich ist, während andere vor lauter Rück- und Arztanfragen den Überblick verlieren." In gewisser Weise können sich Makler und Betroffene auf die Reaktion der Versicherer einstellen. Denn je höher die Rente und je länger die Restlaufzeit des BU-Vertrages sei, desto akribischer werde geprüft.

Bild: © Doc Rabe/Fotolia.com

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

Alle Branche News