Versicherungsprämien möglicherweise vor der Trendwende

Der Trend zu immer niedrigeren Industrieversicherungsprämien scheint gestoppt. Wie der aktuelle "Marsh Versicherungsmarkt-Report" ermittelte, zeigten im zweiten Halbjahr 2008 die ersten Sparten, etwa Kreditversicherungen und Versicherungen für die Finanzwirtschaft, steigende Preise. In allen anderen Sparten gaben die Prämien allerdings erneut leicht nach. Grund ist der weiterhin starke Wettbewerb im europäischen Markt.

Wie schon in den Vorjahren zeigte sich der deutsche Industrieversicherungsmarkt im europaweiten Vergleich besonders nachgiebig. Das liegt laut Marsh vor allem am starken Wettbewerb unter den Versicherern sowie den langjährigen geringen Versicherungsschäden der hiesigen Industrie.

Im Bereich der Unternehmenshaftpflichtversicherungen konnten in der zweiten Hälfte 2008 Prämienreduzierungen von bis zu 20 Prozent erzielt werden, ergab die Untersuchung. Dies war vor allem dort der Fall, wo die Schadenhistorie günstig und die Versicherer bemüht waren, Kunden zu halten. Bei den Sachversicherungen sank die Zahl der Neuabschlüsse im Beobachtungszeitraum deutlich. Die meisten Unternehmen hatten bereits im letzten und vorletzten Jahr niedrige Prämien genutzt, um Mehrjahresverträge abzuschließen. Für 2009 könnte eine Stabilisierung des Prämienniveaus eintreten, so die Prognose.

Bei der Kfz-Versicherung führte der starke Wettbewerb unter den Anbietern zu weiter fallenden Preisen von bis zu zehn Prozent. Trotz der inzwischen über 100 Prozent liegenden Schadenquote in dieser Sparte lässt sich derzeit nicht voraussehen, wann der bereits seit zwei Jahren andauernde Preiskampf unter den Versicherern endet.

Kreditversicherungen unter Druck
Zulegen konnten angesichts der weltweiten Krise hingegen die Kreditversicherungen. Sie verteuerten sich um zehn bis 20 Prozent. Gleichzeitig ziehen sich Versicherer laut Erhebung aus risikoreichen Branchen wie der Automobilindustrie zurück. Dort sind Marsh zufolge die vorhandenen Deckungskapazitäten in einigen Fällen bereits unter den Bedarf der Kunden gesunken. Tatsächlich hat sich die Schadenquote bereits 2008 substanziell erhöht. Und für 2009 wird mit einem weiteren Anstieg gerechnet. Alle Kreditversicherer haben neue Ausschlüsse in ihre Policen genommen und verlangen jetzt wesentlich mehr Unternehmens- und Branchendaten für neue Deckungszusagen.

Alle Zeichen deuten auf einen sich verhärtenden Versicherungsmarkt hin. "Wir sehen steigende Schadenquoten in fast allen Sparten, die großen Rückversicherer haben höhere Preise angekündigt, und die Quotierungen auf dem Londoner Markt geben nicht mehr weiter nach", erläutert Georg Bräuchle, Mitglied der Zentralen Geschäftsleitung bei Marsh, die aktuelle Lage. "Dennoch sind die Versicherer tendenziell nach wie vor bereit, Prämien zu senken, um Kunden zu halten oder Marktanteile hinzuzugewinnen."

Zeiten der Kulanzleistungen sind vorbei
Die Finanz- und Wirtschaftskrise übe gleichermaßen Druck auf Versicherungsnehmer wie Versicherer aus. Kunden tendierten zu selektiveren Abschlüssen, um ihre Kosten zu senken. Sie seien im Schadenfall stärker darauf angewiesen, dass die Versicherung auch leistet. Umgekehrt seien bei den Versicherern die Zeiten der Kulanzleistungen vorbei. Entweder werde zu 100 Prozent geleistet oder gar nicht. Vertragsverlängerungen ohne Prüfung gäbe es ebenfalls immer seltener. Stattdessen verlangten Versicherer umfangreiche Informationen zum jeweiligen Unternehmen und seinen Risiken.

"Die Krise lässt einen noch schärferen Wind durch die Branche wehen", sagt Bräuchle. "Die Versicherer versuchen, durch intensive Prüfung der Kundenrisiken, durch Versicherungsausschlüsse und ein restriktiveres Schadenmanagement trotz des niedrigen Prämienniveaus noch Gewinne zu machen."

Hintergrund
Der Marsh "Versicherungsmarkt-Report" für Europa, den Mittleren Osten und Afrika wird halbjährlich veröffentlicht, um über aktuelle Entwicklungen zu informieren. Er analysiert die von Marsh getätigten Platzierungen bei den führenden Versicherern und deckt zehn Industrieversicherungssparten in 41 Ländern ab. Der Report steht unter
zum Download bereit.

Autor(en): Versicherungsmagazin

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