Vertrieb soll aufgewertet werden

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Fast jeder zweite Finanzdienstleister stellt sich gerade organisatorisch neu auf. Das ergibt die Studie Potenzialanalyse Organisation x.0 von Sopra Steria. Eine der zentralen Baustellen der Versicherer ist der Vertrieb. Einige Häuser wollen die Rolle der zentralen Vertriebsunterstützer aufwerten: vom reinen Gehilfen zum Business-Partner.

Bislang waren bei Versicherern beständige Organisationsformen gefragt, um die sich Produkte und Projekte herumbauen ließen. Diese Strukturen funktionieren nicht mehr, wenn sich Unternehmen neu erfinden müssen. Die Branche stellt sich derzeit organisatorisch an vielen Stellen neu auf. 41 Prozent der Versicherer erwarten bis 2023 gravierende Veränderungen im Vertrieb, ergibt die Studie Branchenkompass Insurance 2021 von Sopra Steria.

Wichtiger Player im Zentrum zwischen Vertrieb und Produktgeber

Ein namhafter Versicherungskonzern arbeitet gerade an einer neuen Philosophie der Vertriebsunterstützung, einem neuen Spielsystem. Eine vertriebsunterstützende Einheit rückt dabei ins Zentrum und bekommt mehr Kompetenzen. Aus reinen Assistenten oder Ballverteilern werden aktive Gestalter zwischen den Vermittlern und Maklern und den Produktentwicklungsteams. Dieser zentrale Fachbereich zeigt den Kolleginnen und Kollegen im Vertrieb neue Geschäftsmöglichkeiten auf, spielt also exakte Steilvorlagen.

Im konkreten Fall testete das Team deutschlandweit die Telefonie im Firmenkundengeschäft. Die Vertriebsunterstützer bahnten Termine an und sammelten in Gesprächen Informationen über die Situation der Interessenten, die die Vermittler im weiteren Vertriebsprozess nutzen können. All diese wichtigen Tätigkeiten waren für die Vermittler im Tagesgeschäft kaum noch zu stemmen. Die vertriebsunterstützende Einheit wird somit zum Business Enabler.

Organisationsumbau in drei Phasen

Der Versicherer nutzte und nutzt für die Reorganisation ein Vorgehen, das sich in drei Schritte aufteilt:

  1. Testfeldfabrik

Der Versicherer erprobt seine neue Organisationseinheit zunächst auf einem „Trainingsgelände“. In einer Testfeldfabrik wird die Grundidee entwickelt und geschaut, welche zusätzlichen Wachstumsmöglichkeiten durch den Umbau tatsächlich entstehen. Ein Projektteam entwickelt Testfelder in einer spartenübergreifenden Einheit, damit Anforderungen aller Versicherungssparten einfließen können. Alle überflüssigen Arbeitsschritte werden eliminiert oder durch schlanke und digitale Prozesse ersetzt. Dabei sammelt das Team Daten, zum Beispiel über Gesprächszeiten und -verläufe. Dadurch können künftig die Interessenten noch besser angesprochen werden. Diese datenbasierte Optimierung endet nicht.

  1. Pilotorganisation

Die Analyse bildet die Basis, um die neue Idee der Vertriebsunterstützung in den Stammbetrieb zu überführen. In der zweiten Phase werden die Erkenntnisse über das optimale Design in eine ausgewählte Pilotorganisation überführt. Alle Beteiligten kommunizieren in dieser Phase besonders intensiv. Quantitative und qualitative Ergebnisse werden immer wieder geprüft. Es entsteht ein fortwährender Optimierungsprozess mit schnellem Wissensaustausch, um Vertrieb, Unterstützer und Produktgeber auf die Kunden auszurichten. Am Ende dieser Phase werden die entwickelten Strukturen auf den Regelbetrieb übertragen.

  1.  Automatismen erarbeiten, Spieltempo steigern

In der abschließenden dritten Phase nimmt die Organisationseinheit der zentralen Vertriebsunterstützung deutschlandweit ihre Arbeit auf. Der Fokus liegt nun darauf, die Verkaufsvolumina und das Versicherungsproduktportfolio im Regelbetrieb zu steigern. Die verschlankten und neuen Prozesse ermöglichen eine schnelle und flexible Anpassung an sich ändernde Anforderungen.

 

Evolutionäre Transformation ist möglich

Neue Strukturen lassen sich somit durchaus an bereits existierenden Prozessen andocken, und das Unternehmen agiert im Ergebnis schneller und flexibler. Das setzt allerdings voraus, dass die Verantwortlichen die eigene Organisation immer wieder herausfordern. Das traditionelle Spartendenken der Versicherer wird aufgebrochen und zu einer End-to-End-Betrachtung veredelt. Dieser Ansatz zeigt, dass es nicht immer die grüne Wiese sein muss, wenn man sich neu aufstellen will.

Quelle: Sopra Steria

 

Autor(en): Bastian Weigel, Manager Insurance von Sopra Steria

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