Vierter Ergo-Kundenbericht: Willkommen in der Hochglanz-Public-Relation

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90 Minuten lang hat sich der scheidende Ergo-Vorstandvorsitzende Torsten Oletzky den kritischen Fragen des 2011 eingerichteten Ergo-Kundenbeirats gestellt, wie man im eben vorgelegten vierten Ergo-Kundenbericht nachlesen kann. Doch dieser - hoffentlich höchstinteressante Dialog - findet sich inhaltlich nicht wieder. Stattdessen lobt sich die Ergo an vielen Stellen selbst - oder lässt loben.

So habe das Unternehmen schon lange vor der gesetzlichen Pflicht für kapitalbildende Lebensversicherungen Effektivkosten ausgewiesen und Ergo-Sachbearbeiter würden am Telefon bereits als freundlich wahrgenommen. Der Rentner Wolfgang Reichwald stellt fest, dass die Haushaltshilfe der Ergo-Unfallversicherung mit Assistance Leistungen "Gold wert war" und Simon Osterrieder verdankt sein Leben der Europäischen Reiseversicherung, die ihn von Mexiko nach Deutschland brachte.

Vor allem die Optik besticht
Kundenbericht, Kundenbeirat und Kundensprecher sind Teil der Image-Initiative "Versichern heißt verstehen". Der neue Kundenbericht fasziniert dabei vor allem durch tolle Optik und persönliche Darstellungen. Eine kritische Auseinandersetzung mit Kundenbeschwerden ist der 43 Seiten lange Bericht aber auf keinen Fall. So erreicht er Kritikhöhen, wenn der Vermittler Dirk Weber darauf hinweist, dass man "fair" sein muss und lieber mal auf einen Abschluss verzichtet, "wenn der nicht wirklich passt." Allein der Aussage des stellvertretenden Beiratssprechers, Ingo Pregitzer kann man einen Hauch von Beanstandung entnehmen, wenn er fordert, Kundenbeschwerden dem Beirat künftig über eine interne Plattform zur Verfügung zu stellen. "Uns fehlt der Input der vielen anderen Kunden", glaubt Pregitzer.

Ansonsten findet man zwar mache interessante Frage, doch oft nur seichte Antworten. So möchte eine Berliner Berufssoldatin, wissen "Was ist das Beste für unsere Kinder?" Die Antwort ist eine immer stärker Absicherung des Partners durch Vermittler Frank Röder. Gestartet wurde mit einer kombinierten Risikolebensversicherung mit Berufsunfähigkeitsschutz. Nun soll eine Unfallversicherung für die Familie folgen, dann ein Riestervertrag und dann die private Altersvorsorge "weiter gestärkt" werden. Ob solche Absicherung bedarfsgerecht für die Familie ist, bleibt mangels fehlender Haushaltsanalyse offen.

24 Policen, kein Elementarschutz
Fatal wirkte die Darstellung des Arbeitslosen Michael Schubbert, der trotz knappen Haushaltsbudgets nach der Ergo-Beratung neben der Familienhaftpflicht, Hausratversicherung, Unfallversicherung und Riester-Rente auch noch einen Rechtsschutzpolice abgeschlossen hat. Gleiches gilt für den Landwirt Thomas Enghofer der rund 24 Ergo-Verträge besitzt, für seine Immobilien aber anscheinend nicht einmal erweiterten Elementarschutz eingedeckt hat.

Lucy Geithner, Mitglied des Ergo Kundenbeirats, erklärt Sven Pfeuffer, Filialdirektor der Ergo-Regionaldirektion in Erfurt im Interview, dass man als Faustregel rund 20 bis 25 Prozent des Nettoeinkommens für Versicherungen aufbringen sollte. Gleichzeitig gilt es als besondere Leistung, wenn ein Maderschaden nach Beschwerde beim Kundensprecher aus Kulanz ersetzt wird, weil eine Werbebroschüre nicht zwischen "Kabel" und dem versicherten "Zündkabel" differenzierte.

Im Bericht wird die Frage gestellt, ob der Kundenbeirat nicht ein PR-Gag sei. Für den vierten Kundenbericht der Ergo muss diese Frage wohl mit einem eindeutigen "Ja" beantwortet werden.

Bildquelle: © Yantra/Fotolia.com

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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