Warum die Lebensversicherer nicht vom Fleck kommen

Die Lebensversicherung hat ohne Massengeschäft keine Zukunft. Dieses Fazit zieht der Marktbeobachtungsdienst map-report in seiner Studie "Vertriebskrise in der Lebensversicherung". "Es ist eine fatale Entwicklung weg von der Altersversorgung im Breitengeschäft hin zu Steuersparmodellen in Versicherungsmänteln für Gutverdiener", konstatiert Chefredakteur Manfred Poweleit. Dies berge politische Risiken, denn niemand werde ein solches Geschäftsmodell auf Dauer steuerlich privilegieren, warnt er und fragt: "Läuft sich das Geschäftsmodell tot?"

Auslaufendes Geschäftsmodell?
Die Antwort fällt angesichts der aktuellen Zahlen noch nicht eindeutig aus. Der Absatz in der Altersversorgung des Breitengeschäfts ist weitgehend eingeschlafen. Knapp 75,4 Milliarden Euro haben die Lebensversicherer im vergangenen Jahr vereinnahmt, dies entspricht einem kaum nennenswerten Zuwachs von 0,48 Prozentpunkten.

Eine Reihe von Versicherern erzielte Zuwächse, darunter Allianz und Aachen-Münchener. Der Volkswohl Bund brachte es mit 16,4 Prozent Zuwachs auf den höchsten Zuwachs. Doch fast die Hälfte der untersuchten Lebensversicherer musste sinkende Beitragseinnahmen hinnehmen. Zweistellig war der Verlust gar bei Iduna und Delta Lloyd. Fatal. Branchenweit gab es auf Basis von 87 erfassten Geschäftsberichten 2007 einen Bestandsrückgang von 283.672 Verträgen. Seit dem Bestandshoch Ende 2004 gingen fast 1,5 Millionen Verträge verloren. Positiver Ausreißer war wiederum der Volkswohl Bund mit einem Zuwachs von über 89.000 Verträgen. Schwerste Verluste erlitt dagegen die Hamburg-Mannheimer mit einem Abgang von mehr als 214.000 Verträgen oder auch R+V, die 153.600 Verträge verlor.

Verlust konnte durch Neugeschäft nicht kompensiert werden
Die Branche hat es nicht geschafft, den Verlust von insgesamt 7,8 Millionen Verträgen vollständig durch Neugeschäft zu kompensieren. Mit 7,55 Millionen Verträgen kam weniger herein. Folge: Der Bestand schrumpft. "Branchenweit schlägt der Trend zur Schrumpfung noch nicht voll auf die Umsatzentwicklung durch, weil vielfach die Versicherungssummen des Neugeschäfts über denen der ablaufenden Policen liegen", hat Poweleit nachgerechnet. Vielfach stopften Policen gegen Einmalbeitrag die Löcher, die besonders häufig von gut betuchten Kunden stammen, die sich für ein kleines Vermögen lebenslange garantierte Renten kaufen.

Inzwischen hat die Einmalbeitragsrente fast den doppelten Umsatz von Policen gegen laufenden Beitrag gebracht. Besonders bei der Bayern-Versicherung, Allianz, Generali und Hamburg-Mannheimer weisen die Neubeiträge aus laufenden Versicherungen den geringsten Anteil im Verhältnis zu den akquirierten Einmalbeiträgen auf. Solche Lebensversicherer "basteln lieber an Steuersparmodellen zur Umgehung der Abgeltungssteuer, anstatt sich um den Vorsorgebedarf der breiten Bevölkerung zu kümmern", schimpft Poweleit. Das Massengeschäft stagniere trotz gestiegener Riester-Förderung.

Bürger nicht optimal versorgt
Die Bundesbürger seien alles andere als optimal versorgt. Laut einer Studie von SwissRe aus dem Jahr 2005 müssten Deutschlands Lebensversicherer Beitragseinnahmen von 123 Milliarden Euro erzielen, wenn sie den Bedarf nach Weltmarktmaßstäben decken wollten. "Es waren 2007 aber nur 75,4 Milliarden Euro, also eine im Weltmarktvergleich völlige Unterversicherung", so Poweleit. Das Ausmaß der Probleme wird besonders deutlich, wenn man sich die einzelnen Produktgruppen der Lebensversicherung genau ansieht. Genau hier liegt auch die Chance für Produktgeber und Vertriebe, aus der Absatzkrise herauszukommen – Altersvorsorge, Hinterbliebenenabsicherung, Invalidität und Pflege.

Mehr zu diesem Thema gibt es auch in der September-Ausgabe von Versicherungsmagazin.

Hintergrund
Der map-report Nr. 682 kostet 37,50 Euro und ist unter info@map-report.com oder erhältlich.

Foto: Pixelio

Autor(en): Detlef Pohl

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