In den ersten drei Quartalen des Jahres 2021 ist die Zahl der eingetragenen Versicherungsvermittler erneut deutlich gesunken. Allerdings sind die Unterschiede nach Vertriebsweg wahrscheinlich wesentlich kleiner als es scheint.
Per 30. September 2021 verzeichnet das Versicherungsvermittlerregister eine Gesamtzahl von 194.533 eingetragenen Vertretern, Maklern und Beratern. Nach einem kurzen Zwischenhoch Mitte des Jahres hat sich damit der langjährige Trend zum Rückgang der Vermittlerzahlen wieder deutlich durchgesetzt. Seite Jahresbeginn 2021 sind es 2.904 weniger Eingetragene (minus 1,5 Prozent). Seit dem historischen Höchststand Anfang 2011 sind sogar 68.919 eingetragene Personen und Firmen verschwunden (minus 26,2 Prozent).
Deutlich mehr als ein Drittel Verlust in der Ausschließlichkeit
Ebenfalls langjährig stabil scheint der Trend zu sein, dass die Rückgänge allein auf das Konto der erlaubnisfreien, von Versicherungsunternehmen ins Vermittlerregister eingetragenen Ausschließlichkeitsvertreter geht. Dort beträgt der Verlust seit 2011 insgesamt 68.051 Vertreter oder 37,3 Prozent.
Die Zahlen der Ausschließlichkeits- und Mehrfachvertreter mit Gewerbeerlaubnis haben sich um 5.385 oder 15,9 Prozent weniger stark reduziert. Ganz erheblich zugenommen hat dagegen die Zahl der auf Antrag von der Erlaubnis befreiten, produktakzessorischen Vertreter, und zwar seit 2011 um 2.172 oder stolze 74,9 Prozent.
Scheinbarer Aufwärtstrend der Makler
Sehr positiv scheint sich zudem die Anzahl der Versicherungsmakler entwickelt zu haben. Seit Anfang 2011 nahm die Zahl der Eingetragenen um 4,9 Prozent oder 2.161 zu. Auf niedrigem Niveau stark entwickelt hat sich zudem die Zahl der produktakzessorischen Versicherungsmakler, das Plus von 49 Eingetragenen entspricht 43,8 Prozent Zuwachs. Fehlen noch die prototypischen, reinen Honorarberater: Deren Zahl ist ebenfalls von sehr geringer Basis um 135 Eingetragene und damit um 68,9 Prozent angewachsen.
Allerdings täuschen die positiven Zahlen über die wahre Lage hinweg. Beispiel Versicherungsmakler: Laut den Analysen der Zeitschrift "Asscompact" sind rund 29 Prozent der in ihrer Datenbank enthaltenen Makler über 60 Jahre alt. Würde es sich um Ausschließlichkeitsvertreter handeln, hätten die Versicherer bei einem Großteil dieser Vermittler längst den Agenturvertrag altersbedingt gekündigt, um die Agenturleitungen zu verjüngen.
Bei normaler Verjüngung wäre der Maklerbestand rückläufig
Wenn man den Anteil der Makler im Rentenalter ab 65 bis 67 Jahren mit 20 Prozent unterstellt, dann wäre die Zahl der Makler seit Anfang 2011 um rund 7.000 oder rund 16 Prozent zurückgegangen.
Ähnliche Verhältnisse darf man bei den Mehrfachvertretern unterstellen, wobei die Statistiken der Industrie- und Handelskammern keinen Aufschluss darüber geben, wie viele der als Vertreter mit Gewerbeerlaubnis geführten Vertreter tatsächlich Mehrfachvertreter sind. Anzunehmen ist aber, dass der oben erwähnte Rückgang von knapp 16 Prozent bei den Vertretern mit Gewerbeerlaubnis tatsächlich höher ausfällt, wenn man diejenigen Mehrfachvertreter gedanklich abzieht, die im Rentenalter stehen, aber von keinem einzelnen Versicherer gezwungen werden können, aus Altersgründen die Agenturleitung abzugeben.
Wer leistet zum Beispiel auf dem Land noch Service?
Damit ist eins klar: Der Vermittlerbestand nimmt in allen Vertriebswegen deutlich ab. Es ist auch kein Wechsel in die Tätigkeit als Versicherungsberater festzustellen, was den Vorschlag der Grünen aus dem Bundestagswahlkampf als illusorisch erscheinen lässt, künftig nur noch Honorarberatung zu erlauben. Eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Beratungsleistungen und Service zum Beispiel im Schadensfall wie nach Autounfällen oder Naturkatastrophen dürften die knapp über 300 Versicherungsberater und die Verbraucherzentralen allein nicht einmal ansatzweise leisten können.
Ein besonders Problem stellt sich im ländlichen Raum, worauf die "Neue Osnabrücker Zeitung" im Juli in einer Reportage aufmerksam machte. "Kirche, Kiosk, Gasthof, Versicherungsbüro. Bis vor wenigen Jahren prägten sie das typische Bild in fast jeder Provinz", so Redakteurin Corinna Claudia Röttker. Jedenfalls die Versicherungsbüros seien aber mittlerweile auf dem Land oft verschwunden, ein ortsnaher Service nicht mehr gewährleistet. Da nützt es wenig, wenn es in der Hauptstadt Berlin und einigen anderen Ballungszentren jeweils ein paar Honorarberater gibt. Wieder einmal nimmt die Berliner Blase nicht mehr ausreichend wahr - und ernst, wie es im ganzen Land aussieht, das von dort regiert wird.
Autor(en): Matthias Beenken