Wenn Anreizsysteme in die falsche Richtung gehen

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Die Strukturanalyse 2018/2019 des Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute bringt einige wichtige Erkenntnisse: Der Einsatz der Bipro-Normen steigt, die Spreizung in der Maklerschaft nimmt zu und noch zu viele Makler reagieren nicht richtig auf die IDD.

Der durchschnittliche Abschlussprovisionssatz in der Lebensversicherung ist seit der letzten BVK-Erhebung nahezu unverändert und liegt aktuell bei 25 Promille. Ähnlich sieht es in der Krankenversicherung aus. In dieser werden im Durchschnitt 5,3 Monatsbeiträge bezahlt. 70 Prozent der Befragten gaben an, dass ihre Bestände gegenüber dem Vorjahr gestiegen seien. Stolze 80 Prozent aller Teilnehmer erhalten Bonifikationen oder Zuschüsse von den Versicherern. Davon gaben 37,5 Prozent an, dass der Anteil dieser Zahlungen an den Gesamteinnahmen mehr als zehn Prozent ausmacht. Auch gewinn- oder volumenabhängige Zusatzvergütungen sowie von bestimmten Produktabsätzen abhängige Incentives erhalten viele Makler.

Bleibt so die Kundenberatung auf der Strecke?

Das ist im Hinblick auf die Umsetzung der EU-Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD problematisch, meint auch der BVK. Denn wenn Bonifikationen ausschließlich an quantitative Vorgaben geknüpft sind, bleibt die korrekte und individuelle Kundenberatung auf der Strecke. Der Vermittler hat so vor allem die vorgegebenen Verkaufsziele im Blick, um einen Bonus zu erhalten und nicht die Wünsche und Bedürfnisse des Kunden.  

55 Prozent ignorieren IDD-Vorgaben wohl noch

45 Prozent der Befragten gaben an, dass es Veränderungen in der Vergütung oder bei betrieblichen Anreizsystemen gab, die mit der IDD-Umsetzung begründet wurden. Mit anderen Worten: Diese 45 Prozent der Teilnehmer haben auf die neuen Anforderungen der IDD korrekt reagiert. Von diesen rechnete aber nur jeder Zweite mit einer Veränderung seiner Vergütungssituation. Das heißt aber auch, dass 55 Prozent ihr Verhalten nicht geändert haben und die IDD-Anforderungen nicht wie gefordert umsetzen.  

Andreas Vollmer, der die Strukturanalyse auf dem BVK-Pressedialog 2019 in Berlin, präsentierte, kommentierte diesen negativen Trend mit den Worten: „Hier wurde der Geist eines Gesetzes – der IDD – nicht verstanden und es werden Anreizsysteme gefahren, die glasklar verboten sind“.  

Geld ist nicht DER Glücksbringer

Die Strukturanalyse hat auch ergeben, dass Geld alleine nicht glücklich macht: Das zeigt sich daran, dass nur noch 8,5 Prozent der Vermittler den Vertriebsweg wechseln möchten und mit ihrem aktuellen Status zufrieden sind. Dabei sind diejenigen, die sich in den unteren Einkommensklassen bewegen, nicht unzufriedener als diejenigen aus den oberen Einkommensklassen. Dagegen ruft aber immer noch die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) Unmut hervor. So wird die Belastung durch die Umsetzung der DSGVO von mehr als jedem zweiten Befragten als hoch bis sehr hoch empfunden. 

Erfreuliches zeigt die Untersuchung aber beim Thema „Bipro“. So werden die Bipro-Normen immer stärker umgesetzt und „die Versicherer spüren, dass sich die Normen wirklich lohnen“, freute sich Vollmer bei der Berliner Veranstaltung. Auch Vollmer, der neben seiner Tätigkeit als BVK-Vizepräsident noch den Versicherungsmakler Hasenclever + Partner GmbH + Co.KG in Bielefeld lenkt, führte sein Unternehmen als Beispiel an. In seinem Haus beschäftigt sich ein Mitarbeiter nur mit Technikthemen, so auch mit den Bipro-Normen, so dass die anderen Kollegen sich vollständig ihrem eigentlichen Geschäft widmen können, der Kundeakquise und -beratung.

Problematische Einstellung: Weiterbildung darf nichts kosten

Zum ersten Mal  nahm die BVK-Strukturanalyse auch die im Zuge der IDD eingeführte Weiterbildungspflicht ins Visier. Die Ergebnisse: Eine Weiterqualifizierung finden stattliche 98,1 Prozent der Teilnehmer wichtig, wobei 93 Prozent ein Weiterbildungskonto bei „gut beraten“ haben. Über

74 Prozent finden die Zertifizierung durch „gut beraten“ wichtig und fast 65 Prozent beurteilen sogar den durch „gut beraten“ vorgegebenen Standard von 30 Weiterbildungsstunden als die richtige Lösung und nicht die gesetzlich vorgeschriebenen 15 Stunden im Jahr. Dabei sind Vermittler, die nur über Gesamteinnahmen von bis zu 80.000 Euro verfügen, am wenigsten bereit, mehr Ausbildungsstunden zu absolvieren, als unbedingt nötig. Doch Bildung darf aber wohl auch nichts kosten: So sind nur 58 Prozent der Befragten willens, für Weiterbildung auch Geld auszugeben. 

Immer größere finanzielle Kluft in der Maklerschaft

Sorgen bereitet dem BVK aber die zunehmende Spreizung der Maklerschaft. Nicht ohne Grund nennt Vollmer die Analyse seines Verbandes gerne den „Reichtum- und Armutsbericht des BVK“. „Mit diesem Thema müssen wir uns in Zukunft wohl immer stärker beschäftigen“, vermutet Vollmer. Aus diesem Grund sei es absolut wichtig, dass die Politik endlich andere Signale senden müsse und Verbände wie der BVK müssten noch stärker betonen, wie wichtig es ist, herausragende Vermittler- und Maklerbetriebe der Öffentlichkeit zu präsentieren und diese zu unterstützen.

Ein wichtiges Beispiel sei hier der Award „Unternehmer-Ass“. Mit diesem renommierten Preis werden jedes Jahr die besten Agentur- und Maklerbetriebe ausgezeichnet. Neben dem BVK und der Unternehmensberatung „Institut Ritter“ ist auch „Versicherungsmagazin“ bei der Auswahl und Auszeichnung vorbildlicher Unternehmen mit von der Partie und zwar schon seit 2006.  

Hintergrundinformationen

Die BVK-Strukturanalyse 2018/2019 wurde in Kooperation mit dem Versicherungsjournal und der Fachhochschule Dortmund, Professor Matthias Beenken, durchgeführt. Die Befragung erfolgte von Dezember 2018 bis zum Frühjahr 2019. Antworten lieferten
verschiedene Vermittlerkategorien: Exklusivvertreter, Mehrfachagenten und Makler. Diese mussten 43 Fragen zu strukturellen und betriebswirtschaftlichen Aspekten des Vermittleralltags beantworten.

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Wie der BVK den schwelenden Streit mit Check 24 betrachtet, was er zum Thema „private Altersvorsorge“ zu sagen hat oder wie der Verband die Zukunft des Provisionsdeckels sieht, lesen Sie in der November-Ausgabe von Versicherungsmagazin.

Autor(en): Meris Neininger

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