Wie Sachversicherer auf die Inflation reagieren sollten

740px 535px

Erhöhte Rückstellungen, steigende Kosten für Schäden und Kunden, die jede Ausgabe abwägen. Folglich drohen den Versicherern deutliche Einbußen im Privatkundengeschäft. Davon ist jedenfalls Stefanie Schriek, Leiterin Versicherungsberatung bei WTW Deutschland, überzeugt.

Mit zehn Prozent Steigerung gegenüber dem Vorjahresmonat hat die Inflation in Deutschland im September ein neues Hoch erreicht. Entspannung ist durch weiterhin bedrohte Lieferketten, Ressourcen- und Fachkräftemangel sowie die anhaltende Energiekrise mittelfristig nicht in Sicht. Versicherer trifft die Inflation gleich doppelt: Die Prämien aus dem Vorjahr werden zur Deckung von Schäden und Kosten oft bei weitem nicht mehr ausreichen und zugleich müssen Rückstellungen für bereits eingetretene Schäden teilweise drastisch erhöht werden.

Doch die notwendigen Prämienerhöhungen werden nicht leicht durchzusetzen sein. So lag die Inflation für Autoteile zuletzt bei acht Prozent, für Baukosten gar bei 17 Prozent – für einige Materialien noch deutlich höher. Es ist eine Gratwanderung, angesichts dieser Höhe und dieser Bandbreite die richtige Anpassung der Prämien vorzunehmen.

Zwei Fragen, mit denen sich Sachversicherer jetzt beschäftigen müssen

1. Wie entwickeln sich die Schäden?
Um dies herauszufinden, reicht es nicht, den Verbraucherpreisindex im Auge zu behalten. Vielmehr ist es dringend notwendig, dass Sachversicherer eine Analyse ihrer Schadentreiber (zum Beispiel Kosten für Reparatur, Ersatzteile, Heilbehandlungen und Verdienstausfall) verknüpfen mit einer Analyse und Projektion der Inflationstreiber (Neu- und Gebrauchtwagenpreise, medizinische Inflation oder Gehaltsinflation). Darüber hinaus müssen Versicherer in einigen Sparten – zum Beispiel Wohngebäude und Elementarversicherung – auch die Trends zu immer häufigeren und teureren Wetterereignissen berücksichtigen. Um also zu vermeiden, tief in die roten Zahlen zu rutschen, sind eine grundlegende Analyse des Portfolios sowie eine fundierte Projektion zukünftiger Inflation unbedingt erforderlich.

2. Was können wir tun?
Die Wahl zwischen Pest und Cholera will dennoch gut überlegt sein: Eine zu geringe Inflationsanpassung führt zu deutlich unprofitablem Geschäft 2023. Prämienanpassungen oberhalb des Marktniveaus führen gegebenenfalls zu massiven Geschäftseinbußen und möglicherweise zu Reputationsschäden.

Gefragt ist eine Kombination aus Strategie, Taktik und Agilität. Unternehmen müssen dafür folgendermaßen aktiv werden:

  1. Klarere Vorgaben zum Preisniveau: Von der Unternehmensführung bis zur Vertreterin – alle müssen verstehen, wo die Reise hingeht und dass die Preise teilweise deutlich angepasst werden müssen.
  2. Spielräume erkennen: Versicherer, die ihre Handlungsmöglichkeiten kennen, werden deutliche Vorteile haben. Nicht alle Policen müssen gleich stark erhöht werden, nicht alle Versicherten reagieren auf eine Erhöhung gleich. Und auch im Produktdesign kann dafür gesorgt werden, dass die Preise für Verbraucher nicht allzu stark ansteigen.
  3. Agilität verbessern: Selten war die Unsicherheit im Markt so groß. Anbieter, die schnell auf Trends, auf das Feedback der Versicherten und auf die Strategie der Wettbewerber reagieren können, sind klar im Vorteil. Hier braucht es Qualität und Schnelligkeit, vom Monitoring über das Underwriting bis zur Rabattsteuerung.

 

Autor(en): versicherungsmagazin.de

Alle Branche News