Wie wieder zurück ins Büro - 6 Tipps für Führungskräfte

740px 535px

Mit der Lockerung des Lockdowns kehren viele Mitarbeiter, die bisher im Homeoffice oder in Kurzarbeit waren, wieder an ihre Arbeitsplätze zurück – oft mit gemischten Gefühlen. Für Führungskräfte heißt das nun, Fingerspitzengefühl beweisen. Sechs Tipps, wie dies reibungslos laufen kann.

Die Lebenswelten der Menschen sind verschieden, auch ihre biografisch bedingten Wertesysteme. Deshalb reagieren sie auch auf dieselben Ereignisse emotional verschieden. Das zeigt sich gerade in Ausnahmesituationen wie der Corona-Krise. Während die einen ihr baldiges Lebensende befürchteten, genossen andere ihre Auszeit sowie das schöne Wetter und dachten: Diese Katastrophe geht auch vorüber. 

Mit diesen Gefühlsextremen wurden die Personalverantwortlichen beziehunsweise Führungskräfte nach dem Lockdown meist nur mittelbar konfrontiert, denn häufig waren ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit oder im Homeoffice. Doch nun kehren sie zunehmend wieder an ihren Arbeitsstätten zurück.

Tipp 1: Machen Sie sich die unterschiedliche Lebens- und Erfahrungswelt der Rückkehrer bewusst.
Manche „Rückkehrer“ freuen sich, andere haben gemischte Gefühle, wenn nicht gar Angst – zum Beispiel,

  1. weil sie sich vor einer Infektion am Arbeitsplatz fürchten oder
  2. weil zuhause ihre Kinder sind, deren Schulen noch geschlossen sind, oder
  3. weil sie sich fragen: Wie geht im Betrieb weiter? Welche Veränderungen kommen auf mich zu?

Machen Sie sich die Unterschiedlichkeit des Erlebens Ihrer Mitarbeiter bewusst, denn nur dann können Sie angemessen hierauf reagieren. 

Tipp 2: Stellen Sie sich darauf ein, dass Spannungen entstehen und zuweilen die Emotionen hochkochen.
Nicht selten, wird das unterschiedliche Empfinden zu Spannungen in der Belegschaft führen. So berichten Personalverantwortliche zum Beispiel, dass die Mitarbeiter ihrer Unternehmen recht kontrovers darüber debattieren, inwieweit in der Nach-Corona-Zeit ein Arbeiten im Homeoffice noch möglich sein sollte.

Auf solche Debatten müssen sich die Führungskräfte und HR-Abteilungen einstellen; außerdem darauf, dass die Mitarbeiter emotional sensibler als in der Zeit vor dem Lockdown reagieren.

Tipp 3: Rechnen Sie damit, dass Mitarbeiter ihre Gefühle nicht offen zeigen, sondern „Scheingefechte“ führen.
Mitarbeiter wissen meist aus Erfahrung: Wenn eine Person in Unternehmen Gefühle zeigt, wird dies von ihren Gesprächspartnern gern mal als Schwäche interpretiert. Deshalb sind sie bemüht, wenig emotionale Betroffenheit zu zeigen. Sie verbergen ihre Empfindungen hinter scheinbar rationalen Argumenten.

Deshalb wird oft endlos über Kleinigkeiten diskutiert. Und erreichen die Personen so ihre Ziele nicht? Dann versuchen sie dies häufig über Umwege – zum Beispiel, indem sie bewusst Beschlüsse fehlinterpretieren und Aufgaben vergessen. Rechnen Sie mit einem solchen Ausweichverhalten. 

Tipp 4: Suchen Sie das Gespräch mit Ihren Mitarbeitern und zeigen Sie ihnen, dass Sie ihre Bedenken ernst nehmen.
Die Gefahr, dass Mitarbeiter ein Ausweichverhalten zeigen, ist umso größer je unsicherer sie Ihre Situation empfinden. Suchen Sie deshalb aktiv das Gespräch mit den Mitarbeitern. Sprechen Sie mit ihnen offen darüber, in welcher Situation sich das Unternehmen befindet und was dies für sie bedeutet – zum Beispiel, indem Sie sagen: „Unser Betrieb hat aktuell die Probleme A und B und steht vor den Herausforderungen C und D. Das heißt für uns, dass ...“

Stehen Sie zudem dazu, dass auch Sie nur ein Mensch aus Fleisch und Blut sind, zum Beispiel, indem Sie zu den Mitarbeitern sagen: „Auch ich stehe unter Druck. Legt deshalb bitte nicht jedes Wort von mir auf die Goldwaage.“

Erklären Sie ihnen zudem immer wieder, dass auch die Entscheider in Ihrem Unternehmen nur bedingt wissen, wie es weitergeht und sozusagen auf Sicht fahren. Dies sollten Sie speziell dann tun, wenn Planungen mal wieder über Bord geworfen werden. Sonst schürt dies die Ängste und den Unmut der Mitarbeiter.

 

 

Tipps 5: Machen Sie sich bewusst, dass es auch Ihre Aufgabe ist, Ihren Mitarbeitern einen emotionalen Halt zu bieten.
Manche Branchen gehen davon aus, dass ihre Umsätze langfristig um 20 oder gar 30 Prozent sinken. Deshalb stehen bei ihren Meetings auch Themen auf der Agenda wie:

  1. Sollen wir gewisse Geschäftsbereiche schließen?
  2. Müssen wir Mitarbeiter entlassen?

    Dies kommunizieren die Entscheider jedoch noch nicht öffentlich, weil sie sich in folgender Zwangslage befinden: Ein vorzeitiges Publik-werden ihrer Erwägungen könnte negative Folgen für das Unternehmen haben – zum Beispiel für dessen Kundenbeziehungen, Image oder Finanzierungsmöglichkeiten.

    Also können Sie als Führungskraft in einer „Sandwich-Position“ solche Entscheidungen nicht gänzlich ausschließen. Stehen Sie in den Gesprächen mit den Mitarbeitern dazu, dass Sie nicht mit hundertprozentiger Sicherheit wissen, wie es weitergeht; versprechen Sie ihnen aber: „Ich informiere euch über alle Sachverhalte, die euch betreffen, so früh wie möglich.“

    Seien Sie sich dabei jedoch bewusst: Ihre Funktion als Führungskraft ist es auch, Ihren verunsicherten Mitarbeitern Halt zu bieten. Sie sollten also im Mitarbeiterkontakt, soweit möglich, auch Zuversicht ausstrahlen.

    Tipp 6: Machen Sie sich Ihr Wertesystem bewusst und reflektieren Sie regelmäßig Ihr Verhalten.
    Wichtig ist in den kommenden Wochen und Monaten, dass Führungskräfte – gerade weil sie selbst unter Druck stehen – regelmäßig reflektieren:

    1. Was ist mein Wertesystem und was kennzeichnet meine Lebens- und Arbeitssituation? Und:
    2. Wodurch unterscheiden sich diese von meinem Gegenüber?

      Sonst ist die Gefahr groß, dass sie auf Verhaltensweisen ihres Gegenübers, die sie irritieren, mit Killerphrasen reagieren wie „Nun regen Sie sich nicht so auf“. Solche Aussagen verletzen das Gegenüber. Und sie zerstören das, was sich Führungskräfte von ihren Mitarbeitern wünschen:

      1. Identifikation mit ihrer Aufgabe sowie dem Unternehmen und
      2. die Bereitschaft, sich hierfür zu engagieren.

        Wichtig ist eine Reflektion des eigenen Wertesystems auch, damit Sie einen inneren Kompass haben, um Ihr Verhalten zu reflektieren und bei Bedarf neu zu justieren. Denn klar ist: Mit unvorhergesehenen Herausforderungen werden Sie in nächster Zeit noch oft konfrontiert. Also brauchen Sie einen inneren Kompass.

        Joachim Simon ist Führungskräftetrainer und -coach. Mit dem von ihm konzipierten Online-Programm „Egoleading“ können Führungskräfte die Fähigkeiten trainieren, die sie im digitalen Zeitalter zum Führen von Menschen und Unternehmenseinheiten brauchen (www.joachimsimon.info).

         

         

        Autor(en): Joachim Simon

        Alle Branche News