Wir schaffen das: Die Digitale Ver(un)sicherung

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Die Versicherungswirtschaft ist sich sicher: Die neuen digitalen Makler sind keine Bedrohung für die Branche, sondern eine wichtiger Anreiz, noch ein wenig besser zu werden. So jedenfalls der Tenor bei der Podiumsdiskussion "Wie sind die Zukunftsperspektiven für die Versicherungswirtschaft?" auf der DKM.

Die traditionellen, alteingesessenen Versicherer geben sich kämpferisch: Die aufkeimenden digitalen Konkurrenten, schlanke Startups mit einer neuen Provisionsdenke, sehen sie zwar als "Herausforderung", doch sie sehen sich aber auch gut gerüstet, diesen langfristig Paroli bieten zu können. "Die qualifizierte Beratung bleibt, doch die Beratungsqualität muss nochmals erhöht werden, dies ist für das Überleben der Branche und des Einzelnen wichtig," ist Dr. Armin Zitzmann, Vorstandsvorsitzender der Nürnberger Versicherungsgruppe, überzeugt.

Kunden wollen über alle Kontaktpunkte bedient werden
Darüber hinaus ist er sich bewusst, dass die Branche diese "sportliche Herausforderung" annehmen muss, glaubt aber fest daran, dass die Vermittler auch bereit und willens sind, diesen qualitativ anspruchsvollen Weg zu gehen.

Ähnlich der industriellen Revolution am Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts sehe sich die heutige Gesellschaft mit einer digitalen Revolution konfrontiert, die das Kundenverhalten vollkommen verändere, so dass "die Menschen erwarten, dass sie über alle Kontaktpunkte Informationen und Dienstleistungen erhalten", umriss Dr. Manfred Knof, Vorstandsvorsitzender der Allianz Deutschland AG, seine Einschätzung der Lage auf der hochkarätigen Diskussionsrunde.

Daten sind da, werden aber (noch) nicht genutzt
Und dass die Versicherer auf dieses veränderte Verhalten auch adäquat reagieren würden, zeige sich auch daran, dass sie den Kunden nicht mehr direkt nach ihren Bedürfnissen fragen müssten, sondern die notwenigen Informationen aus Big Data bezögen.

Zitzmann konnte diese Position nicht ganz unterstreichen, sondern gab zu bedenken, dass die Versicherer zwar über extrem viele (Kunden-)Informationen verfügten, diese aber (noch) nicht nutzen würden. "Wir müssen schneller zum Preis kommen", so seine selbstkritisches Fazit.

Kannibalisieren uns lieber selber
Drastischer und kämpferischer als seine Mitbewerber in der "Elefantenrunde" formulierte Rainer M. Jacobus, Vorstandsvorsitzender der Ideal Versicherungsgruppe, die Anforderungen seiner Branche auf den aktuellen digitalen Trend: Sicher sei es den Fintechs und digitalen Startups relativ leicht gefallen, die ersten 1.000 Kunden zu akquirieren, nun werde es für diese aber schwieriger, ein größeres Kundenklientel von ihren Angeboten zu überzeugen. Aber man müsse erkennen: "Das Privatkundengeschäft steht im digitalen Feuer, wir kannibalisieren uns lieber selber als von außen kannibalisiert zu werden".

Die oftmals heraufbeschworene Bereinigung des Vermittlermarktes sieht Jacobus durch die Digitalisierung der Branche beschleunigt. Bedenken müsse man dabei, dass die Zahl der Vermittler in Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Staaten ungefähr doppelt so hoch sei. Eine Zahl, die in Zukunft nicht mehr tragfähig sei.

Das eine geht nicht mehr ohne das andere: Beratung und Digitalisierung
Ein Fazit der illustren Runde, die durch Dr. Thomas Buberl, Vorstandsvorsitzender der Axa, komplementiert wurde: Die Digitalisierung bietet den Versicherern diverse Chancen, die es zu nutzen gilt, wobei die Branche künftig weniger reaktiv denn aktiv agieren müsse.

Und mal wieder liegt das Heil in der Mitte: Die Digitalisierung überlebt nicht ohne die kompetente menschliche Beratung, diese verliert aber ihre Daseinsberechtigung, wenn sie den digitalen Trend verschläft.

Bildquelle: © Stephan Thomaier

Autor(en): Meris Neininger

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